Sommer der Entscheidung
fertig bin. Sie werden mir das Geld streichen – so einfach.“ Er schnippte mit den Fingern. „Und sie werden versuchen, uns das Leben zur Hölle zu machen.“
„Mich heiraten?“
„Es ist die beste Möglichkeit, die einzige Möglichkeit.
Glaub mir, oder lass es bleiben, aber ich habe mir etwas überlegt, wie es funktionieren wird.“
„Warum hast du mich dann nicht angerufen? Warum hast du mir nichts gesagt?“
„Weil ich immer noch keine richtige Antwort auf alleshatte. Ich bin immer noch ratlos. Aber so viel ist sicher: Wir sagen niemandem, was los ist. Wir besorgen uns morgen das Aufgebot und heiraten. Wir werden schon jemanden finden, der uns so kurzfristig traut, ich habe mich bereits erkundigt. Es gibt keine Wartezeiten, um zu heiraten. Wenn wir einige Wochen verheiratet sind, geben wir es erst bekannt, dann kann niemand etwas dagegen unternehmen. Und dann sehen wir weiter.“ Er nahm Nancys Hände in seine, nicht zärtlich, sondern eher, um einen weiteren Wutausbruch zu verhindern. „Wir dürfen jetzt nicht an uns denken, sondern wir müssen überlegen, was das Beste für das Baby ist. Und um damit anzufangen, werden wir allen sagen, wir seien schon seit einigen Monaten verheiratet, wir hätten recht schnell geheiratet, nachdem wir uns kennengelernt haben. Und weil wir wussten, dass unsere Eltern der Heirat nicht zustimmen würden, haben wir es heimlich getan.“
Nancy weinte. Dieser Mann, der alles säuberlich in seinem Kopf ausgerechnet hatte und nun ihre Hände hielt, war nicht der Billy, in den sie sich verliebt hatte. Aber es blieb ihr nichts anderes übrig. Und er bewahrte sie davor, das Baby allein und in Armut großzuziehen.
„Danke“, sagte sie, und die Tränen rannen ihre Wangen herab. „Ich kann mir hier einen Job suchen. Ich werde arbeiten. Vielleicht schaffen wir es, dass du weiterstudierst, ohne dass deine Eltern dir das Studium finanzieren.“
„Lass uns überlegen, wo du heute übernachten kannst. Morgen werden wir alles regeln.“
„Ich muss meine Mutter anrufen und ihr sagen, wo ich bin.“
„Aber erzähl ihr nicht zu viel.“
„Ich muss den Wagen zurückbringen, ich habe ihn geliehen.“ Nancy hatte Patricia versprochen, ihr den Wagen abends zurückzubringen. Sie wusste, dass sie nun auf ihreUhr würde verzichten müssen.
„Wir finden eine Lösung.“
Sie sah ihn an. Billy sah nicht glücklich aus. Wahrscheinlich waren die Spuren, die ihre Tränen auf ihrem Gesicht hinterlassen hatten, auch nicht gerade ein Zeichen von Glück. So hatte sie es sich nicht vorgestellt, wie es sein sollte, wenn sie heiratete. Und obwohl Billy mehr war, als sie sich als Mann erhofft hatte, war dieses nicht die richtige Art, eine Ehe zu schließen. Sie war jung. Sie war unreif. Aber auch wenn es so war, wusste Nancy, dass man eine Ehe nicht so beginnen durfte.
„Wir mochten uns“, sagte sie. Ihre Stimme klang heiser. „Wir hatten doch Spaß zusammen.“
Seine Arme hingen bewegungslos von seinen Schultern herab. „Ich glaube, der Spaß ist vorbei.“
Am nächsten Morgen fuhren sie in den nächsten Landkreis, nach Nelson County, wo sie niemand kannte. Am selben Abend verlas der Pastor der Pfingstgemeinde, der die Zeremonie durchführte, holprig die Predigt, als habe er die Worte noch nie zuvor gehört. Aber das war gleichgültig, solange sie rechtens verheiratet waren, als er fertig war.
„Ich kaufe einen Ring für dich“, versprach Billy, als sie aus der alten Kirche gingen, die eher wie ein Supermarkt als ein Gotteshaus aussah. „So schnell es geht.“
Sie nickte. Mrs. William Lee Whitlock. Sie war wie betäubt.
„Ich habe ein Motel an der Hauptstraße gesehen. Nichts Schickes, aber etwas, das wir uns leisten können.“
Wieder nickte sie. Sie und Billy. Verheiratet. In einem Motel.
Am Tresen rümpfte der Hotelangestellte angesichts des fehlenden Rings und der Plastiktüte die Nase, in der Nancydie Sachen hatte, die sie schnell für eine Nacht gekauft hatten. Billy zog die Heiratsurkunde hervor und hielt sie dem Mann unter die Nase.
Der Portier verzog abermals das Gesicht und gab ihnen das beste Zimmer, das er hatte. Das hieß einfach, dass hier die Kakerlaken kleiner waren und dass nur eine einzelne Mausefalle in einer Ecke stand.
Nancy hatte sich gewünscht, dass ihre Hochzeitsnacht etwas Besonderes war. Es schien ihr, dass, wenn es ihr gelänge, Billy noch einmal zu zeigen, wie gut sie zueinander passten und wie einfach alles sein konnte, wenn sie zusammen waren,
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