Sommer der Entscheidung
miteinander führen können. Ich möchte nicht, dass es anderen Leuten auch einmal so ergeht und sie so leiden müssen wie wir.“
Er ließ seine Hand fallen. Sie bemerkte, dass sie diese Bewegung forciert hatte, weil sie einen Schritt von ihm weggegangen war. Das war ihr bisher nicht klar geworden. Sie war sich nicht sicher, ob es ihr nun leidtun sollte.
„Machst du dir so viele Gedanken um das Wohl andererMenschen auf der Welt, dass du vergessen hast, dass du immer noch ein eigenes schönes Leben und Glück verdienst und ich übrigens auch?“, fragte er.
Sie sah ihn an, und dieses Mal gab sie dem Impuls nach, ihre Arme vor der Brust zu verschränken, um ihn abzuwehren. „Ich habe ein Leben. Im Moment dreht es sich darum, die Welt für andere Kinder ein wenig sicherer zu machen.“
„Dein Leben drehte sich früher um Kinder . Nun hältst du sogar deine Schüler auf Distanz.“
Sie nahm den unausgesprochenen Folgesatz wahr: Und nun hältst du sogar mich auf Distanz .
„Ich tue, was ich kann, um einfach weiterzumachen“, sagte sie.
Er nickte, als hätte sie nur bestätigt, was er schon wusste. „Für dich gibt es keine andere Möglichkeit, oder?“
„Wie sollte die aussehen?“
„Du hattest recht, als du sagtest, dass wir kaum ein einfaches Gespräch miteinander führen können, aber ich glaube du irrst dich, was den Grund dafür betrifft. Es liegt nicht daran, dass Kayley tot ist. Es liegt daran, dass unsere Leben jetzt so verschieden sind, dass wir nicht mehr wissen, worüber wir miteinander reden sollen.“ Er streckte die Hände nach ihr aus, aber sie nahm sie nicht.
„Würde es dir leichterfallen zu sagen, was du mir sagen willst“, fragte sie, „wenn du dabei meine Hände hältst?“
„Was willst du damit sagen?“
„Warum wolltest du mit mir spazieren gehen? Du sprachst davon, dass du mir etwas zu sagen hättest. Hast du es schon gesagt? Oder hast du es dir aufgespart?“
Er ließ die Hände kraftlos sinken. „Ich habe einen Teil davon gesagt.“
„Die Fahrt zurück ist lang.“
Er war für einen Moment still; dann zuckte er mit den Schultern. „In Ordnung. Ich sage dir, was ich denke. Ich denke, dass wir nicht so weitermachen können wie bisher.“
Die Worte hallten zwischen ihnen nach, und Tessa hatte genügend Zeit, sich darüber klar zu werden, dass sie das zwar schon erwartet hatte, dass ihr diese Aussage dennoch das Gefühl gab, ohnmächtig zu werden.
„Ich rede nicht von Scheidung“, sagte er. „Ich will mich nicht scheiden lassen – jedenfalls glaube ich nicht, dass ich das will. Aber ich möchte sichergehen, dass wir etwas dafür tun, dass die Kluft zwischen uns verschwindet. Wir müssen uns beraten lassen.“
„Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich nicht …“
Er hob die Hand. „Ja, ich weiß. Du brauchst oder willst keine Paartherapie. Aber ich möchte, dass du dir darüber im Klaren bist, Tessa. Denn wenn unsere Ehe dir diese Mühe nicht wert ist, dann glaube ich, ist sie vorbei.“
„Das heißt, es läuft so, wie du es bestimmst, oder gar nicht?“
„Nein, die letzten drei Jahre ist es so gelaufen, wie du es wolltest, und es hat nicht funktioniert. Wir sind verdammt nahe dran, uns zu trennen. Dieser Sommer bedeutet eine Trennung in mehr als einer Hinsicht.“
Sie überlegte lange, bevor sie es aussprach: „Gibt es eine andere, Mack? Oder willst du nur frei sein, um dich nach einer anderen Frau umsehen zu können?“
Er antwortete nicht sofort. „Ich will eine echte Ehe, und wenn ich die nicht mit dir haben kann, ja, dann will ich jemanden, mit dem ich das kann. Ich brauche ein Zuhause und eine Frau und eine Familie. Das hatte ich. Ich erinnere mich daran, wie es sich angefühlt hat. Ich bin noch jung genug, um das Gefühl noch einmal zu erleben.“ Er machte eine Pause. „Und du auch.“
„Du willst keine echte Ehe, was das auch immer heißen mag. Wir führen eine Ehe. Du willst eine Ehefrau, die alles macht, was du ihr sagst, und alles ist, was du dir von ihr erhoffst.“
Er schüttelte den Kopf, und sein Gesichtsausdruck war traurig. „Nein, Tessa, ich möchte nur eine Frau, die eine Ehefrau sein möchte.“
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7. KAPITEL
N ancy hielt ihren Föhn müde über ihren Kopf. Die heiße Luft, die herausströmte und ihre Wange berührte, war nur unbedeutend wärmer als die, die die ganze Nacht durch ihr Fenster in ihr Zimmer gekommen war. Sie wohnte jetzt schon seit zwei Wochen in
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