Sommer der Entscheidung
Weg, hatte sie ihm eröffnet, dass sie im Sommer ihr erstes Kind bekommen würden.
Beide hatten sich über diese Nachricht gefreut. Als sie zum ersten Mal über eine Heirat sprachen, waren sie sich sofort einig, dass sie auch Kinder haben wollten.
Nachdem sie sich ein Jahr lang den Wonnen der Ehe hingegeben hatten, fiel es ihnen leicht, sich für das Kind zu entscheiden. Sie waren glücklich, gesund und ausgeglichen. Es hatte keinen Grund gegeben, noch zu warten, und Mack war überglücklich über Tessas Nachricht gewesen.
„Wahrscheinlich war das bis dahin der glücklichste Moment in meinem Leben“, sagte er. „Bis auf den Tag, als ich dich geheiratet habe.“
Sie wollte ihn fragen, ob er auch noch so glücklich gewesen wäre, wenn er gewusst hätte, wie ihre Ehe weiterging. Aber das war ein Thema, vor dem sie zurückschreckte, weil sie sich nicht klar darüber war, wie ihre eigene Antwort lautete. Hatte das Leben ihrer Tochter die Tragödie ihres Todes aufgewogen? Tessa wusste es wirklich nicht.
„Die nächsten neun Monate waren toll“, sprach er weiter, als sie nicht antwortete.
„Das liegt daran, dass du nicht schwanger warst“, sagte Tessa. Aber eigentlich verlief ihre Schwangerschaft reibungslos. Tessa war sofort schwanger geworden, nachdem sie diePille abgesetzt hatte, und als ihr Bauch immer dicker wurde, machten sie es sich zu Hause gemütlich. Sie vernachlässigten ihre sozialen Kontakte, um mehr Zeit miteinander zu verbringen. Sie schrieben lange Listen mit Namen, diskutierten, wie sie am besten die Arbeit mit dem Kind unter sich aufteilen würden, und verschwendeten Unsummen für eine Wiege und teure Kindermöbel.
Er lachte kurz auf, als versuchte er, die Konversation zwischen zwei Menschen aufrechtzuerhalten, die nicht auseinandergerissen waren und einander aufgegeben hatten. Es sollte eine leichte Unterhaltung zwischen normalen Leuten sein, die gemeinsam in glücklichen Erinnerungen schwelgten.
„Vor allem war ich dankbar, dass ich die Wehen nicht ertragen musste“, fügte er hinzu.
„Das hättest du haben können, du warst ja dabei und hast mir die Hand gehalten. Ich habe sie dir fast abgerissen.“
„Sie war so ein wunderbares Baby“, sagte er. „Sie war so neugierig, dass sie kaum schlafen wollte. Erinnerst du dich? Natürlich war es uns egal, weil wir uns gern um sie kümmerten, wenn sie wach war.“
Tessas Herz drohte zu zerspringen. Sie wusste nicht, warum sie ihn dies alles erzählen ließ. „Mack …“
„Tessa, die guten Erinnerungen sind immer noch da. Niemand kann sie uns wegnehmen, wenn wir es nicht wollen. Ich sehe dich immer noch, wie du sie gestillt hast. Ich bin aufgestanden, um sie aus der Wiege zu nehmen, und du hast auf uns im Bett gewartet. Du hast dich aufgesetzt, Kissen im Rücken, die Haare offen um deine Schultern und hast sie entgegengenommen. Ich will nicht vergessen, wie du damals ausgesehen hast, und wie ich mich dabei gefühlt habe.“
Sie waren beide so beglückt gewesen, sie wussten sofort, dass sie noch ein Kind haben wollten. Das Einzige, was sie zurückhielt, war, dass sie die Zeit mit ihrem ersten in vollenZügen genießen wollten. Sie wollten mit dem zweiten warten, um zwei Mal in den Genuss eines kleinen Kindes zu kommen.
Jetzt fragte Tessa sich, ob das ein Fehler gewesen war. Wäre die Zeit nach Kayleys Tod anders gewesen, wenn sie noch ein Kind gehabt hätten, für das sie hätten sorgen müssen? Wären sie auch dann so weit auseinandergedriftet? Hätten sie auch dann getrennt getrauert? So viel Zeit getrennt verbracht?
Und auf der anderen Seite, wie könnte sie jeden Tag in das Gesicht von Kayleys Bruder oder Schwester blicken, ohne jedes Mal aufs Neue zusammenzubrechen? Wie würde sie damit umgehen, dass auch dieses Kind ihr genommen werden könnte? Wie hätte sie das überlebt?
„Ich denke immer wieder und wieder an unsere Zeit mit ihr“, redete Mack weiter. „All die Entscheidungen, die wir getroffen haben. Geht dir das auch so?“
„Nicht, wenn ich es vermeiden kann.“
„Ich bin so froh, dass du ein Jahr ausgesetzt hast, als sie kam, dass ihr diese Zeit miteinander hattet. Aber auch, als du wieder arbeiten gingst und Letty kam, um auf sie aufzupassen, ging es ihr gut. Es ging ihr jeden Tag so gut, sie war so fröhlich.“
Tessa hatte ihren Stundenplan so organisieren können, dass sie am Nachmittag nicht unterrichten musste. Sie durchdachten jede Entscheidung, jeden Sommerurlaub, jeden Feiertag und jedes Geschenk. All
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