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Sommer der Entscheidung

Sommer der Entscheidung

Titel: Sommer der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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das gehörte für sie zu den Freuden, Eltern zu sein, dazu.
    Und dann, als Kayley fünf Jahre alt war, brach ihre Welt zusammen.
    Die Erinnerungen an Kayley und an ihr kurzes Leben lagen hier an Helens Teich in der Luft. Tessa hatte das Gefühl, sie müsste sich auch an den Rest erinnern, als sie dasletzte Stück zum Wasser schweigend hinuntergingen. Nachdem Kayley zwei Jahre Kindergarten hinter sich hatte, freute sie sich auf die Vorschule. Sie war ein aufgewecktes Kind, das früh sprechen gelernt hatte. Es fiel ihr leicht, andere Kinder kennenzulernen, und sie konnte die meisten Kinderbücher schon allein lesen. Sie hatte ein ungewöhnlich gutes Erinnerungsvermögen, und sie schien am glücklichsten zu sein, wenn sie etwas lernen konnte. In die Vorschule in einer „richtigen“ Schule zu gehen, war für das kleine Mädchen wie ein Traum, der bald in Erfüllung gehen würde. Am Morgen des ersten Vorschultages zog Kayley die Sachen an, die sie und Tessa am Abend zuvor sorgfältig ausgesucht hatten. Weil es auch Tessas erster Tag im neuen Schuljahr war, sollte Mack ihre Tochter in die Schule bringen, die nicht weit von ihrem Haus entfernt war. Eine Nachbarin hatte angeboten, Kayley abzuholen, weil ihre Tochter in dieselbe Vorschule ging, aber Tessa und Mack hatten sich dagegen entschieden. Mack wollte gern diese ehrenvolle Aufgabe selbst übernehmen.
    Aber von dem Moment an, als sie zum Frühstück hinunter in die Küche kamen, fing alles an, schiefzulaufen. Tessa hatte es geschafft, sich den Rock, den sie anhatte, zu zerreißen, als sich die Tasche an einem Schubladengriff verfing. Sie rannte wieder hoch ins Schlafzimmer, um sich umzuziehen, und als sie wieder herunterkam, ging Mack nervös auf und ab.
    Es gab einen Notfall mit einem seiner Klienten, und er wurde in Washington, D.C., so schnell wie möglich für eine formelle Verlesung der Anklage gebraucht. Könnte Tessa nicht Kayley zur Schule bringen?
    Tessa war klar, dass sie selbst zu spät zur Schule kommen würde, wenn sie sie fuhr, aber gab es für sie eine Alternative? Wenn Mack zu spät käme, würde das seinen Klienten bei weitem mehr Kosten verursachen, als Tessa Zeit für die Planungihres Unterrichts versäumen würde. Also erklärte sie sich widerwillig bereit, Kayley zur Schule zu bringen. Nach einer flüchtigen Umarmung und einem Kuss für ihre Tochter lief Mack, eine Entschuldigung rufend, aus dem Haus.
    Kayley war sich sicher, dass dies der schönste Tag in ihrem Leben sein würde. Sie wollte unbedingt in dieser Minute losgehen, aber Tessa war noch nicht ganz fertig. Sie musste noch einige Unterlagen und Bücher für den Tag einpacken und bei Kayleys Babysitter anrufen, um sicherzugehen, dass am Nachmittag alles wie geplant laufen würde. Kayley war vor lauter Aufregung ganz aus dem Häuschen. Als sie Tessa fragte, ob sie nicht allein zur Schule gehen dürfe, war die Antwort ein klares „Nein“, aber Kayley wollte sie überreden. Sie würde einfach nur bis zur Ecke gehen und dort auf Tessa warten. Sie versprach, nicht über die Straße zu gehen, aber sie wäre immerhin näher an der Schule und könnte die anderen Kinder sehen, die schon auf ihrem Schulweg waren.
    Tessa wusste, dass es Schülerlotsen gab, die auf Kayley Acht geben würden, bis Tessa sie dort abholen würde. Kayley war ein liebes Kind, und wenn sie sagte, dass sie warten würde, tat sie das auch. Dieses kleine Entgegenkommen, dieser winzige Beweis, dass sie nun schon ein großes Mädchen war, bedeutete ihr so viel.
    Also gab Tessa nach und besprach mit ihrer Tochter, worauf sie im Straßenverkehr achten musste, während sie versuchte, die letzten Vorbereitungen für ihren Arbeitstag zu treffen. Kayley war außer sich vor Freude und flitzte so schnell aus dem Haus, dass ihre blonden Haare wehten.
    Tessa kam kaum vier Minuten später nach. Vier Minuten, die ihr Leben für immer verändern sollten. Vier Minuten, in denen das Schicksal auf sie herabblickte und vielleicht entschied, dass ihr Leben zu perfekt war.
    Vier Minuten.
    „Ich hatte keine Ahnung, dass die Dürre so schlimm war“, unterbrach Mack die Stille.
    Tessa bemerkte, dass sie stehen geblieben waren. Sie standen auf den vordersten Planken des Stegs, auf dem Kayley immer geangelt hatte. Nun erstreckte sich der Steg über eine schlammige Ebene und dort, wo er aufhörte, gab es immer noch kein Wasser.
    „Glaubst du, die Fische haben das überlebt?“, fragte Mack.
    „Keine Ahnung.“
    „Erinnerst du dich an den Tag, als

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