Sommer der Entscheidung
Kayleys Babyfotos mitbringen?“
„ Haben wir noch Fotos von Kayley als Baby?“
Sie sah ertappt aus, aber sie antwortete nicht. Tessa stand auf und brachte ihre Tasse zur Spüle, kippte den restlichen Kaffee in den Ausguss und spülte sie aus. Dann antwortete sie ihm: „Ich werde alles tun, um ihn umzustimmen. Ich hoffe, du hilfst mir dabei.“
Mack wollte seine Arme um sie legen und sie um Verzeihung bitten, für diese Frage, deren Zeitpunkt er schlecht gewählt hatte. Aber er besann sich eines Besseren, als jetzt zu versuchen, sie in den Arm zu nehmen.
„Ich werde ihm alles sagen, was ich weiß, aber bitte erwarte nicht, dass er aufgrund dieses Treffens seine Entscheidung ändern wird“, sagte Mack. „Avery Lutz hat in der Verhandlung alle Zeugenaussagen gehört. Es gibt nichts, was wir ihm jetzt an neuen Informationen geben können. Wenn entschieden wurde, dass Owens auf Bewährung entlassen wird, gibt es nichts, was wir tun können.“
Nach dem Frühstück mit Richter Lutz wollte Tessa am liebsten in ihr Auto steigen und zurück zu ihrer Großmutter fahren. Aber sie waren mit Macks Wagen zum Restaurant gefahren, und nun musste sie sich erst von Mack zurück nach Fairfax chauffieren lassen, damit sie dort ihren Toyota holen konnte. Und obwohl sie so aufgebracht war, wusste sie, dass sie ihn nicht ohne ein Wort stehen lassen konnte. Sie musste mit ihm reden. Wenn sie nur ein Fitzelchen ihrer zerrütteten Ehe retten wollten, mussten sie besprechen, was gerade passiert war.
Mack bog in ihre Einfahrt und schaltete den Motor ab. Keiner von ihnen hatte gesprochen, seitdem sie das Restaurant verlassen hatten.
„Es tut mir leid“, sagte er, und es hörte sich aufrichtig an. „Es tut mir wirklich leid. Ich hatte nicht erwartet, dass er uns helfen könnte, ich war mir noch nicht einmal sicher, ob er dazu in der Lage gewesen wäre, aber selbst ich bin jetzt enttäuscht.“
Tessa ließ in ihrem Kopf die Konversation noch einmal ablaufen, die sie beim Frühstück geführt hatten. Es gab ein Büfett, daher hatten sie nicht höfliche Floskeln austauschen müssen, wenn die Bedienung an ihren Tisch kam. Stattdessen saßen sie vor ihren Tellern mit Rührei, als der Richter ihnen mitteilte, dass er ihnen nicht helfen konnte.
„Weißt du“, sagte sie schließlich, „als er dir sagte, dass ihm die Hände gebunden seien, hast du nicht enttäuscht gewirkt. Du warst überlegt und vernünftig. Wenn ich nicht vom Gegenteil überzeugt gewesen wäre, hätte ich geglaubt, dass du ihm zustimmst.“
„Wenn Owens nicht meine Tochter getötet hätte, hätte ich ihm zugestimmt.“
„Vielleicht hättest du den ersten Teil, dass er ein Mörder ist, etwas mehr betonen sollen.“
Mack löste seinen Sicherheitsgurt, stieg aber noch nicht aus. Er drehte sich zu Tessa um, um sie anzusehen. „Robert Owens ist kein Mörder, nicht im engeren Sinne des Wortes. Er hatte nicht vor, jemanden zu töten.“
„Er hat sich so betrunken, dass er nicht mehr wusste, was er tat, dann hat er sich hinter das Steuer gesetzt. Was hatte er wohl vor? An jedem einzelnen Stoppschild anzuhalten? Schön jede Kurve zu nehmen und die Geschwindigkeitsbegrenzung einzuhalten?“
„Er hatte gar nichts vor. Er war betrunken . Betrunkene planen nicht. Sie sind nicht mehr urteilsfähig. Meistens können sie sich noch nicht einmal an ihren eigenen Namen oder an ihre Adresse erinnern.“
„Das weiß jeder, Mack. Robert wusste das sicherlich auch. Aber obwohl er die ganze Nacht hindurch getrunken hatte, setzte er sich trotzdem in seinen Wagen und fuhr los. Das macht ihn zum Mörder.“
„Ich werde mit dir nicht die Einzelheiten unserer Gesetzgebung diskutieren. Darauf haben wir keinen Einfluss. Und wir müssen uns nach denselben Entscheidungen richten, die auch für Owens gelten, leider. Wir können nichts machen.“
„Außer seinen Namen zu unterstreichen, wenn er das nächste Mal in der Zeitung steht, weil er wieder jemanden umgebracht hat.“
„Ihm wurde der Führerschein entzogen“, sagte Mack. „Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis er wieder fahren darf …“
„Glaubst du, das hält ihn wirklich davon ab, zu fahren?“ Tessa merkte, dass sie lauter geworden war, aber sie konnte nichts dagegen tun. „Hast du eine Ahnung, wie viele Menschen in Virginia Auto fahren, obwohl ihr Führerschein eingezogen wurde? Ich schicke dir gern die Statistik aus unserem Büro, wenn ich das nächste Mal dort bin. Sobald niemandmehr hinsieht, steigt Robert
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