Sommer der Nacht
sagte Harlen. »Dale, schlepp deinen Arsch hierher, ja?«
Dale riß sich aus seiner Lähmung und schleppte seinen Arsch dorthin, wobei er einen großen Bogen um den starren Congden machte. Dann stand er hinter Harlen neben der offenen hinteren Tür.
»Wirf das Messer über das Geländer«, sagte Harlen und fügte ein »Sofort!« hinzu, als der Punker etwas sagen wollte.
Congden warf das Messer über das Geländer zwischen die Bäume am Ufer.
Harlen bedeutete Dale nickend, sich auf die Rückbank zu setzen.
»Wir fahren da hinten. Wenn du noch mal einen Scheiß machst - und sei es nur die Geschwindigkeitsbeschränkung überschreiten-, knalle ich ein paar Löcher ins Polster deines Dad und füge vielleicht sogar dem Armaturenbrett ein paar schicke neue Einzelheiten hinzu.« Er setzte sich zu Dale und schlug die Tür zu.
Congden nahm auf dem Fahrersitz Platz. Er versuchte, sich mit derselben naßforschen Dreistigkeit wie zuvor eine Zigarette anzuzünden, aber seine Hände und Lippen zitterten zu sehr. »Du weißt, das bedeutet, ich werde dir früher oder später den Arsch aufreißen«, sagte er und sah blinzelnd in den Rückspiegel; seine Schlägerstimme war wieder da und bebte nur noch unmerklich. »Ich werd' euch Scheißern auflauern, und ich krieg' euch und ...«
Harlen seufzte, hob die Pistole und richtete sie genau auf den pelzgefaßten Rückspiegel, von dem Filzwürfel hingen. »Halt endlich die Klappe und fahr!« sagte er.
Die Tür zum Pfarrhaus stand offen, und Mrs. McCafferty war nicht in der Nähe und bewachte die Zugbrücke über den Burggraben; Mike schlich leise die Treppe hinauf zum Zimmer von Pater C. Als er Männerstimmen hörte, drückte er sich an die Wand und tastete sich lautlos zur Tür.
»Wenn das Fieber und Erbrechen anhalten«, sagte Dr. Staffneys Stimme, »müssen wir ihn ins St. Francis bringen und an den Tropf anschließen, um eine Dehydrierung zu verhindern.«
Eine andere Männerstimme, die Mike nicht kannte, die aber Dr. Powell gehören mußte, antwortete: »Ich transportierte ihn in diesem Zustand ungern vierzig Meilen weit. Fangen wir hier mit den Infusionen an und lassen die Haushälterin und die Krankenschwester nach ihm sehen ... Warten wir ab, ob das Fieber nachläßt oder wir sekundäre Symptome sehen, bevor wir ihn verlegen.«
Einen Augenblick herrschte Stille, dann sagte Dr. Staff-ney: »Obacht, Charles.«
Mike sah durch einen Spalt in der Tür, als das Würgen anfing. Der Arzt, den Mike nicht kannte, hielt eine Bettpfanne - eindeutig eine Aufgabe, an die er nicht gewohnt war -, während Pater C. mit geschlossenen Augen und einem Gesicht so weiß wie das Kissen, auf dem er lag, sich krampfartig in das Metallrechteck erbrach.
»Großer Gott«, sagte Dr. Powell, »hat alles Erbrochene diese Konsistenz gehabt?« Ekel klang in der Stimme des Mannes mit, aber auch berufliche Neugier.
Mike bückte sich tiefer und drückte ein Auge an den Spalt. Er konnte den Kopf von Pater C. sehen, der auf dem Kissen schwankte und die Bettpfanne fast an der Wange hatte. Das Erbrochene schien seine Wangen zu blähen und wie Melasse in die Bettpfanne zu quellen. Es war nicht flüssig, sondern mehr eine solide braune Masse teilweise verdauter schleimiger Partikel. Die Bettpfanne war fast voll, und es sah nicht so aus, als würde der Priester aufhören.
Dr. Staffney beantwortete die Frage des anderen Arztes, aber Mike hörte die Bemerkung nicht. Er hatte sich von dem Spalt entfernt, kauerte an der Wand und kämpfte gegen Schwindelgefühl und Übelkeit, die über ihn gekommen waren.
»... wo steckt überhaupt die Haushälterin?« fragte Dr. Powell.
»Sie ist losgefahren, um Schwester Billings von Oak Hill zu holen«, antwortete Dr. Staffneys vertraute Stimme. »Hier... nehmen Sie das hier.«
Mike ging auf Zehenspitzen die Treppe hinunter und war trotz der schrecklichen Tageshitze froh, an der frischen Luft zu sein. Der Himmel hatte sich von morgendlichem Blau über das vormittägliche ausgebleichte Blau zum metallgrauen Mittagsgleißen gewandelt. Das grelle Sonnenlicht und die hohe Luftfeuchtigkeit lagen wie eine schwere aber unsichtbare Decke über allem.
Die Straßen waren verlassen, als er durch die Stadt radelte und einen Bogen um Jensen's A & P machte, damit seine Mutter ihn nicht sah und sich Arbeiten für ihn ausdachte. Momentan hatte er seine eigenen Arbeiten zu erledigen.
Mink Harper war der Trunkenbold der Stadt. Mike kannte ihn wie jedes Kind in der Stadt: Mink war bei Kindern
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