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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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kann.«
    Gemeinsam sprangen sie über die erste Bankreihe und wateten durch die Schimmelpilzberge zum hinteren Teil des Zimmers. Der Soldat glitt mühelos rechts von ihnen dahin. Der Leichnam von Tubby Cooke senkte den Kopf auf die Algen und verschwand darunter wie ein Kind, das unter seine Lieblingsdecke kriecht.
    Dale und Harlen sprangen auf die nächste Bank und duckten sich, damit sie nicht an die bleichen Eisäcke über ihnen stießen. Schimmel klebte in langen Fäden an ihren Jeans und Turnschuhen.
    Dr. Roon sah ungeduldig drein und schnippte mit den Fingern. Das gesamte Gebäude schien den Atem anzuhalten, als Van Syke und der Soldat über die erste Bankreihe krochen. Unten war ein Gewehrschuß zu hören.
    Mike war in den zentralen Flur des Kellers gekommen und hatte Bestandsaufnahme seiner Verluste gemacht: Seine Taschenlampe war kaputt, er hatte eine Spritzpistole mit Weihwasser verloren und die zweite zerdrückt, als er aus dem Tunnel herausgekommen war und sich versehentlich darauf gerollt hatte, seine Hosen waren an den Knien durchgeschürft und vorne wie hinten durchnäßt - von den Spritzpistolen -, und der einzige Vorteil, den das brachte, dachte er bei sich, war, daß kein Vampir-Wesen ihn in einen mit Weihwasser getränkten Schritt beißen würde.
    Obwohl der Keller keine Fenster hatte, stellte Mike fest, daß er sehen konnte, als sich seine Augen an das Leuchten gewöhnt hatten - das der Phosphoreszenz, die aus den Wänden zu quellen schien, und dem helleren Leuchten des brennenden Neunaugendings im zentralen Flur.
    Mike nahm an, daß es tot war. Seine Haut war weitgehend verkohlt, Schlacke glomm, wo die Innereien gewesen waren, und das Maul ging nicht mehr auf und zu. Er nahm an, daß es tot war, machte aber dennoch einen großen Bogen darum, drückte sich an der Wand daran vorbei und betrachtete ehrfürchtig die Masse von Schutt, die das sterbende Ding die ganze Länge des Kellerflurs vor sich hergeschoben hatte. Dichte Staubwolken und der Geruch von verbranntem Fisch gingen von ihm aus.
    Mike beschloß, eine Inventur seiner Mittel zu machen, während er die Treppe zum Erdgeschoß hinaufging. Er hatte Memos geladene Eichhornbüchse und vier Patronen Reserve; den Rest hatte er abgeschossen oder bei der hastigen Flucht aus dem Tunnel verloren. Er hatte blaue Flek-ken und blutete und schlotterte von Kopf bis Fuß, aber sonst ging es ihm gut. Mike stieg über die herausgerissene Tür in den Hauptflur im Erdgeschoß von Old Central.
    Mike blieben nur ein paar Sekunden, um blinzelnd dazustehen und die Veränderungen in sich aufzunehmen, die ein paar Wochen des Sommers in der alten Schule bewirkt hatten, und den pulsierenden roten Sack mit Beinen und Augen zwölf Meter über sich in dem jetzt offenen Glockenturm zu betrachten. Er hatte einen Schritt gemacht und war auf Dale Stewarts Savage-Pump-Flinte getreten, als er eine Bewegung in den Schatten sah und im Niederkauern erstarrte.
    Etwas kam von Mr. Gesslers Zweitkläßlerzimmer auf ihn zu, bewegte sich und gab leise miauende Laute von sich. Das Geräusch wäre fast im plötzlichen Ächzen und Stöhnen des Gebäudes untergegangen, weil der Sturm draußen so polterte und heulte.
    Mike ließ sich auf ein Knie sinken, hob hastig die Sa-vage und klemmte sie unter den linken Arm, während er auch die Eichhornbüchse mit erhobenem Lauf bereit hielt.
    Pater Cavanaugh kam aus den Schatten und gab leise Geräusche von sich, bei denen es sich um Versuche zu sprechen handeln mochte. Seine Lippen waren nicht mehr da, und selbst im schwachen Licht konnte Mike die derben Stiche sehen, wo Mr. Taylor, der Bestattungsunternehmer, das Zahnfleisch zusammengenäht hatte. Es konnte sein, daß er zu sagen versucht hatte: >Michael<.
    Mike wartete, bis das Ding sieben oder acht Schritte entfernt war, dann senkte er die Eichhornbüchse und schoß ihm ins Gesicht.
    Der Knall und die Echos des Knalls waren unglaublich.
    Die Überreste des Priesters wurden rückwärts über den harzigen Boden geschleudert, der Körper rollte gegen das überwucherte Treppengeländer, während Teile des Schädels anderswohin flogen. Doch auch ohne Kopf rappelte sich das Ding auf Hände und Knie hoch und kam auf Mike zugekrochen.
    In einem Zustand völliger Ruhe, in der sein Körper die Bewegungen ausführte, während sein Verstand sich mit anderen Dingen beschäftigte, nahm Mike den Griff der Eichhornbüchse in die andere Hand, klappte das Schloß der Savage auf, vergewisserte sich, daß die Patrone

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