Sommer der Nacht
war, einschließlich einem automatischen Scheinwer-ferdimmer, dessen Sensor, der wie ein Strahlengewehr aussah, vom Armaturenbrett hochstand wie etwas, was Duanes Alter hätte erfunden haben können. Onkel Art hielt das Lenkrad mit drei Fingern am unteren Rand, sein massiger Leib ruhte behaglich auf dem Sitzpolster.
Duane mochte seinen Onkel. Art besaß eines jener rundlichen, rosigen Gesichter mit einem Mund, der ständig kurz vor einem Lächeln zu sein schien, so daß die Leute den Eindruck bekamen, als hätte ihn etwas erheitert, daß gerade gesagt worden war oder gleich gesagt werden würde. Bei Onkel Art traf das normalerweise zu.
Art McBride war eine ironische Natur. Wo Duanes Vater ob seines Unvermögens, es zu etwas zu bringen, in Verbitterung und Enttäuschung verfallen war, hatte Onkel Art eine ironische Resignation kultiviert, die er mit Humor würzte. Duanes Alter neigte dazu, überall Verschwörungen und Kabale zu sehen - in der Regierung, der Telefongesellschaft, der Veteranenvereinigung, bei den prominenteren Familien von Elm Haven -, wohingegen Onkel Art der Meinung war, die meisten Individuen und alle Bürokratien wären zu schwachsinnig, eine Verschwörung überhaupt zustande zu bringen.
Jeder Bruder hatte auf seine Weise versagt. Duanes Vater hatte mit ansehen müssen, wie seine Unternehmungen aufgrund von schlechtem Management, schrecklichen Zeitplänen und Geschäftsführungsstrategien, zu denen bei aller manischen Energie, die der Alte darauf verwendete, niemals Effektivität gehörte, gescheitert waren. Zudem überwarf sich der Alte unweigerlich immer mit jedwedem Individuum und jeder Firma, die für den Erfolg des Unternehmens unerläßlich waren. Onkel Art dagegen hatte nur sehr selten Ausflüge ins Geschäftsleben unternommen - hatte Profite erwirtschaftet und für seine drei Ehefrauen ausgegeben, die alle gestorben waren - und dann entschieden, daß das Geschäftsleben einfach nichts für ihn sei. Art arbeitete in der Planierraupenfabrik bei Peoria, wenn er Geld brauchte. Obwohl er Ingenieurwissenschaften und Betriebswirtschaft studiert hatte, zog er das Fließband vor.
Duane hatte festgestellt, daß ein Hang zu ironischer Resignation und die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen, sich nicht unbedingt allzugut miteinander vertrugen.
»Was suchst du denn in der Bradley-Bibliothek Ausgefallenes?« fragte Onkel Art.
Duane schob mit dem Mittelfinger die Brille am Nasenrücken hinauf. »Oh, nur ein paar Dingen, die ich in Oak Hill gesucht und nicht gefunden habe.«
»Hast du es in der Bibliothek von Elm Haven versucht? Dem größten Sitz des Wissens seit der Bibliothek von Alexandria?«
Duane lächelte. Die Ein-Zimmer-Bibliothek auf der Broad Avenue war immer für einen Scherz zwischen ihnen gut. Sie nannte vierhundert Bücher ihr eigen. Onkel Arts Bibliothek bestand aus über dreitausend Büchern. Duane hätte dort nach Informationen über die Borgia-Glocke gesucht, aber er kannte die Bibliothek gut und wußte, Onkel Art besaß nur sehr wenig über das Zeitalter der Borgias.
»Habe ich Sitz des Wissens gesagt?« fuhr Onkel Art fort. »Ich hätte Witz des Wissens sagen sollen. Dein Glück, Junge, daß ich momentan abkömmlich bin.«
»Ja«, sagte Duane. Onkel Art war ein großer Teil des Jahres >abkömmlich<, da die Nachfrage nach Fließbandarbeitern Schwankungen unterworfen war. Ihm schien das nichts auszumachen.
»Im Ernst, wonach suchst du?« Onkel Art schaltete die Klimaanlage aus und drückte auf einen Knopf, um das Fenster herunterzulassen. Warme, feuchte Luft strömte herein. Art strich sich mit einer Hand durch sein kurzes Haar; er hatte üppiges weißes Haar, lockig und dicht, wie Duane von den wenigen Gelegenheiten wußte, wenn Onkel Art es lang hatte wachsen lassen. Normalerweise trug er einen Bürstenschnitt wie jetzt. Duane wußte noch, als er klein war und Onkel Art von einer seiner einjährigen Reisen nach dem Tod seiner dritten Frau zurückgekommen war, hatte er als Vierjähriger seinen damals bärtigen Onkel für den Weihnachtsmann gehalten.
Duane seufzte. »Ich suche Material über die Borgias.«
Onkel Art blinzelte interessiert. »Borgias? Wie Lucre-zia, Rod-rigo, Cesare ... diese Bande?«
»Ja«, sagte Duane und setzte sich auf dem Polster höher. »Weißt du ein bißchen was über sie? Oder hast du je von einer Glocke gehört, die sie besessen haben?«
»Nn-nnn. Ich weiß nicht viel über die Borgias. Nur das übliche über Giftmorde, Inzest und was für
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