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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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könnt, könnt ihr weiterlaufen.«
    »Klar«, sagte Kevin und sah zum Wald. »Gehen wir, ja?«
    Mike packte den anderen Jungen am T-Shirt. »Aber wenn sie dich erwischen, verrätst du ihnen nicht, wo die Treffpunkte und was die Rufsignale sind. Klar?«
    Kevin verzog mißfällig das Gesicht. Jim Harlen hatte sie einmal verpfiffen - deswegen konnten sie das ehemalige Lager Fünf immer noch nicht benützen -, aber keiner der anderen hatte je geredet, obwohl das einmal zu einem Faustkampf zwischen Dale und Digger Taylor geführt hatte.
    Die Angreifer waren jetzt so nahe, daß sie sich in dem Glauben wogen, ihre Scherentaktik würde funktionieren. Klumpen sausten durch die Luft und prasselten ins Unterholz. Lawrence zielte, holte aus und warf einen Klumpen, der Gerry Daysinger selbst auf dreißig Schritt Entfernung so fest traf, daß der ältere Junge umkippte und unter einem Schwall von Flüchen zurückblieb.
    »Lager Drei!« rief Mike und verriet ihnen damit, wo sie sich dreißig Minuten, nachdem sie die Angreifer abgehängt hatte, treffen wollten. »Auf geht's!«
    Sie stürmten los. Dale versuchte, Lawrence bei sich zu behalten, während sie durch das Unterholz in den dichten Wald rannten. Kevin und Mike wandten sich nach Süden Richtung Gypsy Lane und der Klamm, wo der Leichenbach unter den Schieferfelsen floß, Da-le und sein Bruder liefen Richtung Bach, der nördlich vom Friedhof verlief, und des versteckten Teichs am Südrain des Grundstücks von Onkel Henry und Tante Lena.
    Hinter ihnen brüllten und johlten die Fussner-Zwil-linge, McKown und die anderen wie Hunde bei der Jagd. Aber hier wuchsen jede Menge frische Triebe im Wald, Schößlinge und Gestrüpp und Unkraut und Hecken und Flecken Giftsumach, und alle waren zu sehr mit Laufen und Jagen oder Laufen und Entkommen beschäftigt, als daß noch jemand Zeit gehabt hätte, Dreckklumpen zu werfen.
    Dale lief, was er konnte, zog Lawrence gelegentlich mit sich, wenn er auf einen alten Trampelpfad abbog oder einen Hügel hinaufrannte, und versuchte gleichzeitig, den Verfolgern zu entkommen und sich im Geiste eine Karte zu machen, damit er zurück ins Lager Drei gelangen konnte, ohne dabei der Meute hinter ihnen in die Arme zu laufen.
    Schreie von Gefangennahme und Aggression ertönte in den Hügeln.
    Die Bibliothek der Bradley-Universität war nicht die beste -schließlich hatte sich die Schule auf Ingenieurwissenschaften und Betriebswirtschaft spezialisiert-, aber Duane kannte sich aus und fand ein paar Informationen zum Thema. Er ging von Katalog zu Kartei, zu Katalog, zu Mikrofilm und wieder zu Kartei, während Onkel Art es sich auf einem Sessel im Aufenthaltsraum bequem gemacht hatte und die letzten zwei Monate Zeitungen und Zeitschriftenlektüre nachholte.
    Es gab nicht besonders viel Material über die Borgias, geschweige denn über eine Glocke. Duane mußte sämtliche Oberflächlichkeiten durchforsten, bis er schließlich den ersten Hinweis fand. Es handelte sich um eine nebensächliche Anmerkung über die Krönung von Päpsten:
    Es war ein Schock für die Italiener und selbst für seine spanischen Anverwandten eine Überraschung, als Seine Exzellenz Don Alonso y Borja, Erzbischof von Valencia, Kardinal von Quattro Coronati, im Alter von siebenundsiebzig Jahren vom Konklave im Jahre 1455 zum Papst gewählt wurde. Die wenigsten zweifelten daran, daß die primäre Qualifikation im fortgeschrittenen Alter und der offensichtlichen Krankheit des Kardinals, das Konklave hatte einen Lückenbüßer-Papst gebraucht, und niemand zweifelte daran, daß Borgia, wie die Italiener seinen rauhen spanischen Namen zivilisiert hatten, genau das sein würde. Als Papst Kalixtus III. schien Borgia neue Energie aus seinem Amt zu beziehen und machte sich daran, die Macht des Papstes zu konsolidieren und einen neuen Kreuzzug, den letzten, wie sich erweisen sollte, gegen die Türken zu beginnen, die Konstantinopel besetzt hielten. Um seine Wahl zum Papst und den Aufstieg des Hauses Borgia zu feiern, gab Kalixtus eine große Glocke in Auftrag, die aus in den Bergen von Aragon geschürftem legendärem Metall gegossen werden sollte. Die Glocke wurde schließlich auch gegossen. Die Legende behauptet, das Eisen sei aus dem berühmten Coronati-Sternstein gewonnen worden, möglicherweise ein Meteorit, aber sicher eine Quelle des qualitativ kostbarsten Rohstoffs für Metallarbeiter aus Valencia und Toledo seit vielen Generationen. Sie wurde 1457 in Valencia ausgestellt und im Triumphzug nach

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