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Sommer in Ephesos

Sommer in Ephesos

Titel: Sommer in Ephesos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Schmidauer
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Sichelmond stand. Dass dein Vater schon lange keine eigenen Ideen mehr hatte, sagte er schließlich. Dass er, Hubert, ihn in den letzten Jahren mit Ideen versorgt habe. Dass er an verkrusteten Strukturen festhalte, dass er sich weigere, die Jungen hochkommen zu lassen.
    Das hat er nicht gesagt!, rief ich.
    Er hat das im Zorn gesagt, und nachdem dein Vater ihn als Dieb und Verbrecher und Eindringling bezeichnet hat, als Schlange –
    Und hat das gestimmt, was Hubert gesagt hat, fragte ich, dass mein Vater keine Ideen mehr hatte?
    Dein Vater hat danach nichts Weltbewegendes mehr publiziert. Er hat, das weißt du, bis vor kurzem das Institut geleitet und die Kampagnen hier, das hat er gut, sehr sorgfältig, sehr umsichtig gemacht. Er hat sich auf die Arbeit an der Uni konzentriert, er hat die Berichte über die Kampagnen betreut, die Herausgabe von Sammelwerken, den Führer zu Ephesos, einen Bildband. Er hat kluge Artikel geschrieben, ein oder zwei größere Publikationen, es war nicht das, was die Kollegen sich erwartet hatten. Seine Arbeit über die kleinasiatischen Göttinnen ist nie erschienen.
    Also stimmt es, was Hubert behauptet hat, sagte ich. Dass er keine Ideen mehr hatte.
    Nein, sagte Jan. Ich glaube nicht, dass das stimmt. Ich glaube, es ist wohl so, dass etwas in ihm zerbrochen ist, als er sich mit Hubert überworfen hat. Das hat dein Vater Hubert nicht verziehen.
    Und seitdem, sagte ich, wegen dieser alten Geschichte –
    Jan schüttelte den Kopf. Es ist keine alte Geschichte, für keinen der beiden ist es eine alte Geschichte. Seltsamerweise hat dein Vater nichts unternommen, um Huberts Dissertation zu verhindern. Vielleicht hat Hubert das als Zeichen gesehen, dass eine Versöhnung möglich wäre. Vielleicht ist er deswegen am Institut geblieben, vielleicht wollte er ihm etwas beweisen, oder etwas gutmachen, ich weiß es nicht. Und dein Vater hat ihn nicht hinausgeworfen, auch das hat keiner verstanden. Kann sein, dass er wollte, dass Hubert aus Eigenem geht. Kann sein, dass er ihn an der kurzen Leine halten, ihn unter Beobachtung haben wollte. Er hat ihn zwar nicht hinausgeworfen, aber er hat alles darangesetzt, das Fortkommen Huberts am Institut zu verhindern, und er tut es heute noch.

    Lass das, hat Friedrich an diesem Abend vor drei Jahren gesagt, aber da war sein Atem schon mit meinem. Ich will das nicht, hat er gesagt, warum bist du dann hier? Als hätte er noch nie geliebt. Er hat meinen Namen gestammelt, geh jetzt, habe ich gesagt.

    Eine schwarze Traurigkeit hatte mich in der dritten Woche in Ephesos überfallen. Jan war weggefahren, er fehlte mir, das Hanghaus fehlte mir, dass ich auf hellem Grund die Zeit gesucht hatte, Schleier, die vor meine Augen fielen. Zwei Tage drehte und wendete ich die Steine im Marmorsaal, drehte sie, wendete sie, legte sie wieder zurück. Wenn ich im Grabungshaus meinen Vater und Hubert beobachtete, kalte Nichtachtung. Wie es dem Vater das Gesicht verzog, wenn es sich nicht vermeiden ließ, dass er mit Hubert ein Wort wechseln musste. Wie Hubert höhnisch über mich hinwegsah, wenn er auf mich traf. Wie der Vater schnaubte er. Was hatte ich ihm getan? Ilse, von der ich nicht viel mehr wusste, als dass sie die Freundin meines Vaters war und im Depot arbeitete, Ilse sah mich manchmal an, als wüsste sie etwas.
    Einmal habe ich den Vater gefragt, weißt du noch, wie es früher gewesen ist, wie Hubert bei uns war, das weißt du doch noch? Der Vater ist aufgestanden und gegangen.
    Du solltest, sagte Ilse leise, mit deinem Vater nicht über Hubert reden.
    Du sagst mir jetzt aber nicht, worüber ich mit meinem Vater reden darf, entgegnete ich ihr scharf. Ihr Gesicht zerfiel in tausend Teile, das habe aber nur ich gesehen.
    Weil mich die Traurigkeit aus der Stadt trieb, weil ich die Menschen nicht ertrug, die täglich, als gehörte die Stadt ihnen, meine Straßen und meine Plätze eroberten, deswegen bin ich mit Martin mitgegangen.
    Das wird nicht sehr spannend für dich sein, sagte er, Mauerbegehung. Ich sammle erste Befunde, fotografiere die Abschnitte von beiden Seiten, das wird langweilig für dich sein.
    Ich lachte. Das hat Jan auch gesagt, dass mir langweilig sein wird beim Vermessen, aber das war es nicht. Ist es dir denn langweilig?, fragte ich Martin.
    Nein, sagte er, natürlich nicht.
    Stört es dich, wenn ich mitgehe?
    Nein, sagte er, und ich ging mit ihm mit, obwohl er, dachte ich, lieber alleine gewesen wäre.

    Seit ich vom Tod des Vaters gehört habe, bin ich

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