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Sommer in Ephesos

Sommer in Ephesos

Titel: Sommer in Ephesos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Schmidauer
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sein, wütete er, dass wir hier eine Arbeit tun, die für die ganze Region, für das ganze Land wichtig ist, die Touristen bringt, die das Kulturerbe erhält, und dann werden wir beschimpft und bedroht, das kann es doch nicht sein!
    Ein Polizeibeamter befragte uns, ob wir Ortsfremde gesehen hätten, er fotografierte die Schmiererei, er fragte, ob etwas abhanden gekommen sei, das fehlte noch, sagte Hans.
    Wenn hier jemand dem Land schadet, sagte Hans, dann sind es die Leute, die in Raubgrabungen verwickelt sind, und das sind nicht unsere Leute. Jeder Raubgräber, sagte er, torpediert unsere Arbeit und schadet dem ganzen Land, die gehören ins Gefängnis, sagte er, stattdessen attackieren sie uns!
    Der Polizist instruierte die Wache, die sich vor dem Haupttor postiert hatte, er redete mit dem Kommissar, wir gehen dem nach, versicherte er meinem Vater, wir nehmen das sehr ernst.
    Am Abend wies Hans in einer Versammlung die gesamte Grabungsmannschaft darauf hin, die Augen offen und die Hintertür geschlossen zu halten. Und wenn einer schnell ein Bier kauft, sagte er, dann muss er durch den Haupteingang wieder herein, jemand murrte, die Hintertür bleibt jedenfalls geschlossen.
    Das ist ein Spinner, sagte Hubert am nächsten Morgen auf der Fahrt ins Artemision, der sich wichtig macht. Die Arbeiter sind froh, dass sie eine Arbeit haben, und für die meisten ist es fast eine Ehrensache, hier zu sein. Ihre Väter, ihre Großväter haben schon hier gegraben, ich habe mit einem geredet, sagte er, dessen Urgroßvater hat Hogarth gekannt, der hat Benndorf gekannt. Heilige Schauer, dachte ich, Hogarth und Benndorf gekannt. Die Leute hier sind uns doch verbunden, sagte Hubert, denen ist, was wir tun, genauso wichtig wie uns.
    Die Schmierereien auf dem Depot und in der Umgebung des Grabungshauses wurden entfernt, die Wache hielt Wache, imposant zu Beginn fasste sie jeden Ein- und Ausgehenden scharf ins Auge. Neuankömmlinge mussten es sich schon gefallen lassen, dass der Wachposten sie vor den Kommissar zerrte, aber nach den ersten Klagen über seine übertriebene Dienstbeflissenheit, selbst meinen Vater kontrollierte er täglich aufs Neue, als hätte er ihn noch nie gesehen, nach den ersten Klagen also sah man ihn immer öfter am Eck der Zugangsstraße stehen, wo er mit den Vorbeikommenden und den Nachbarn tratschte, und weil in der Umgebung des Grabungshauses keine Schmierereien mehr auftauchten, beschwerte sich auch niemand über seinen nachlassenden Eifer.
    An dem Tag, an dem sie den Schatz gefunden haben, war ich im Artemision. Ich wollte gerade gehen, ich wollte mit dem Bus nach Ephesos fahren, der Vater erwartete mich, da war auf einmal eine Aufregung im Peripteros. Die Archäologen der anderen Projektgruppen liefen zu der Grube, als ich dort ankam, war ich auf etwas Großartiges gefasst, aber was mir Hubert entgegenstreckte, matte braune Plättchen und tropfenähnliche Objekte, erschien mir sehr unspektakulär. Bernstein, sagte Hubert, das Gold des Meeres. In einer Fundkiste lagen dreißig, vierzig Plättchen und Tropfen und Stäbe, da ist noch mehr, sagte Hubert, das ist etwas Großes. Bis zum Abend hatten sie mehr als hundert Bernsteinobjekte aus der Erde geholt und Perlen aus Glas, aus Ton, aus Stein. Erst am Abend im Depot sah ich die Vielfalt der Farben und Muster und Formen.
    Hübsch, sagte ich, das sind hübsche Kügelchen.
    Diese Perlen sind viel mehr als nur hübsche Kügelchen, lachte Olivia, die die Funde im Depot aufarbeitete. Man hat den Perlen Heilkraft zugesprochen, magische Kräfte, sie sind symbolische Behältnisse heiliger Weisheiten.
    Olivia drehte eine Perle, die war schwarz und gelbe Bänder wellten sich im Schwarz. Perlen waren auch Zahlungsmittel für die Reise ins Jenseits, sagte sie, wenn sie also so gehäuft hier auftreten, stehen sie in Bezug zu der Göttin, die hier verehrt wurde, und sind definitiv weit mehr als nur hübsche Kügelchen.
    Es sieht jedenfalls nicht so aus, sagte Stefan, als wären das normale Opferbeigaben. Keine Tierknochen, keine Brandrückstände, die Fülle der Objekte.
    Wir sollten, sagte Hubert, keine voreiligen Schlüsse ziehen, das hat dein Vater immer gesagt, sagte er zu mir gewandt. Die Ungeduld bezähmen, auf dem Boden der Tatsachen bleiben.
    Der Gedanke an meinen Vater schien Hubert zu ernüchtern. Als dann der Vater kam, gemeinsam mit Hans, mit dem Kommissar und dem Museumsdirektor, hielt sich Hubert im Hintergrund. Stefan berichtete, während die Männer sich über

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