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Sommer in Ephesos

Sommer in Ephesos

Titel: Sommer in Ephesos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Schmidauer
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die Funde beugten.
    Wir sind, sagte er, im Bereich östliche Cella des Peripteros um die Rechteckbasis herum auf eine Fülle von Objekten gestoßen, die zum einen eben durch ihre Fülle, zum anderen aber auch durch ihre Zusammengehörigkeit bestechen. Es scheint sich, soweit wir das bis jetzt sagen können, nicht einfach um heiligen Müll zu handeln.
    Es ist der Kosmos, sagte Hubert unvermittelt. Er war einen Schritt vorgetreten und stand jetzt meinem Vater gegenüber. Über den Tisch hinweg, auf dem die Funde im Licht der Lampen schimmerten, sahen die beiden einander an. Es ist der Schmuck der Göttin, sagte Hubert, du weißt, dass es so ist, Richard. Wie gegen einen starken Widerstand und als wären wir anderen alle gar nicht da, redete Hubert weiter. Das ist es, sagte er, wovon wir geträumt haben, Richard, weißt du es nicht mehr? Sie ist da, die Göttin, in ihrem Schmuck, so nah wie noch nie, das ist es, was sie getragen hat, vor fast dreitausend Jahren. Du und ich, Richard, sagte Hubert.
    Der Blick des Vaters glitt über die Bernsteinobjekte, die Perlen, er berührte eines der Plättchen, du und ich, sagte er, wie nebenbei, wir haben keine gemeinsamen Träume.
    Als wollte er ihn zwingen ihn anzusehen, sah Hubert dem Vater ins Gesicht. Du bist der Projektleiter, sagte er. Es ist immer noch dein Projekt. Du übernimmst es im Herbst wieder, warum, Hubert holte tief Luft, warum kommst du nicht morgen mit? Oder ich zeige es dir am Abend, Richard, ich wäre froh darüber, dein Fachurteil zu haben.
    Der Vater lachte höhnisch. Traust du dich nicht allein drüber, schnaubte er, kriegst du kalte Füße, ist es dir zu groß?
    Richard, sagte der Grabungsleiter, während der Kommissar und der Museumsdirektor irritiert vom einen zum andern sahen, das ist es nicht, sagte Hubert, und das weißt du. Als wäre selbst seine Stimme bleich geworden, fuhr er fort. Ich dachte, du würdest das begleiten wollen, ich dachte, du würdest dein Projekt mitverfolgen wollen.
    Begleiten! Mitverfolgen! Der Vater keuchte. Ich begleite nicht mehr, was du machst.
    Richard, sagte Hans, Hubert hat recht. Es ist dein Projekt. Hubert hat die Verantwortung für die Arbeit übernommen, dafür bin ich ihm sehr dankbar, und du weißt, dass es so schnell keinen anderen gegeben hätte. Aber du bist der Letztverantwortliche, du bist der Ältere, Richard, du kennst das Artemision seit Jahrzehnten, wenn du ihm also zur Seite stehst –
    Ich bin für dich kein Zurseitensteher mehr, fauchte der Vater, dass Hubert zurückzuckte. Dass ich es gewesen bin, war ein Fehler, ich mache einen Fehler kein zweites Mal, begreif das endlich. Ich bin kein Zurseitensteher mehr.
    In der Stille, die dann war, ging der Vater davon, mit großen Schritten. Problem?, fragte der Kommissar, no problem, sagte Hans, absolutely no problem. Misch dich nicht ein, sagte der Vater später, noch bevor ich etwas sagen konnte. Halt dich da heraus, Anastasía. Versuch nicht, es zu verstehen.
    Warum, fragte ich, nein, sagte er. Du geh hin, du schau dir das an, du sei dabei, vielleicht wirst du nie wieder so etwas Großes erleben. Aber, er hob die Hand, lass mich da, wo ich bin.
    Darf ich dir davon erzählen?
    Besser nicht, sagte der Vater, besser nicht.

    In unserem ersten Jahr hat mich Friedrich gefragt, ob ich mit ihm Weihnachten feiern will. Wozu, habe ich gesagt, wozu soll das gut sein? Also ist er zu seiner Familie ins Salzkammergut gefahren, du kannst mitkommen, wenn du willst. Was mache ich bei Familienfeiern von Fremden?, habe ich gesagt. Bin ich ein Fremder für dich?, hat er gesagt, wir schliefen seit Mai miteinander, ja, habe ich gesagt, was hast du gedacht.
    Während der Feiertage habe ich gearbeitet, abends ging ich aus. Wieso rufst du an?, fragte ich Friedrich, ich wollte mich nicht an ihn erinnern und schlief mit Männern, die ich schon vergessen hatte, bevor ich von ihnen wegging. Hitze und Nässe eines Körpers, eine Erregung, die mich kalt ließ.
    Als dann Friedrich wieder da war, seine Freude, bei mir zu sein, sein Begehren machte mich wütend. Wie er sich, weil ich ihm nicht entgegenkam, abmühte an meinem Körper, ich war schrecklich wütend, wie erbarmungslos. Da war eine Verwirrung in seinem Gesicht und eine Scham, deshalb habe ich ihn nicht weggeschickt. In der Früh habe ich seinen Körper gesucht und wir sind zusammengekommen, schnell und heftig, und als sollte es so sein.

    Einmal habe ich Hubert an einem Samstag auf dem Markt in Selçuk getroffen. Ich war mit Ilse in

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