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Sommer in Ephesos

Sommer in Ephesos

Titel: Sommer in Ephesos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Schmidauer
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verstehen Archäologen, aber Raubgräber, das ist Abschaum.
    Und der Vater, fragte ich, was hat der Vater gemacht?
    Er hat sich alles angehört, er war sehr ruhig. Er hat sich meine Aufzeichnungen angeschaut, meine Notizen, er hat den Film aus der Kamera genommen. Beschreib mir die Statuette, hat er gesagt, im Pfirsichgarten also, hat er gesagt. Dann sind wir gesessen, eine Ewigkeit, ohne ein Wort zu wechseln, da war es schon Nacht.
    Dann stelle ich mich also der Polizei, habe ich gesagt.
    Du wirst nichts tun, hat dein Vater gesagt, mach es nicht noch schlimmer. Du willst in kein türkisches Gefängnis, hat er gesagt, nicht für einen Tag, glaub es mir. Lass mich nachdenken. Dann war wieder Nacht und Schweigen und schließlich ist er aufgestanden. Er hat meine Aufzeichnungen, meine Notizen, die Fotorolle in seine Aktentasche gegeben.
    Die Statuette ist weg, hat er gesagt. Selbst wenn wir die Polizei verständigen würden, wäre die Chance sie wiederzubekommen sehr gering. Die Schmuggler wissen, wie sie die Sachen aus dem Land schaffen. Mehmet wird man sich vornehmen, wenn er wieder auftaucht. Und seinen Vater, das wäre natürlich Sache der Polizei.
    Er hat mich angesehen, dass ich gewusst habe, er wird mich ausliefern. Was sollte er sonst tun. Als hätten wir keine anderen Probleme, hat er gesagt. Er hat auf den Tisch geschlagen, das hat mich erschüttert, dass dein beherrschter Vater auf den Tisch geschlagen hat. Du weißt, hat er gesagt, wie idiotisch das ist, was du getan hast, unglaublich idiotisch. Du bist an einer Raubgrabung beteiligt, du bist in verbrecherische Aktivitäten verwickelt – wie konntest du nur etwas dermaßen Idiotisches tun! Wir spielen hier nicht Schliemann, Herrgott noch einmal! Du bist daran beteiligt, dass wertvolles Kulturgut das Land verlässt! Weißt du, was darauf in der Türkei steht? Und nicht nur, dass du dich selbst an Leib und Leben gefährdest, du gefährdest auch unsere Arbeit hier. Du gefährdest die Arbeit von hunderten Wissenschaftlern, hast du daran vielleicht gedacht? Nein, natürlich hast du daran nicht gedacht, Herrgott, wie kann man nur so dumm sein! Denkst du, die türkischen Behörden vertrauen uns noch, wenn unsere eigenen Leute in Raubgrabungen verwickelt sind?
    Wenn ich mich stelle, warf ich ein, niedergeschmettert vom Ausmaß meiner Dummheit, wenn ich sage, dass ich das ganz alleine und auf eigene Verantwortung, aus Dummheit, du machst einmal gar nichts, hat er gezischt. Dass ich ja wohl schon zu viel gemacht hätte, sagte er. Dass ich mit niemandem darüber reden sollte. Wenn ich reden müsse, hat er gesagt, dann solle ich zu ihm kommen.
    Werfen Sie mich denn nicht hinaus?, habe ich ihn gefragt.
    Das kommt vielleicht noch, hat er gesagt. Geh jetzt, hat er dann gesagt, und dass er nachdenken müsse.
    Hubert ging zum Kasten. Er hob den Koffer vom Kasten herunter und ließ ihn zu Boden fallen, das kommt vielleicht noch, hat er gesagt. Ist das nicht ein Witz. Und dann wartet er vierzehn Jahre. Und in dem Moment, wo ich bereit bin, von hier wegzugehen, endlich, da holt es mich ein.
    Und damals, fragte ich, was war damals, nach diesem Gespräch? Er hat dich doch offensichtlich gedeckt.
    Hubert warf Hemden, Shirts, Hosen in seinen Koffer. Am nächsten Tag hatte der Vater einen Erkundigungstrupp in den Pfirsichgarten geschickt. Der Trupp hatte festgestellt, dass Unbefugte gegraben hatten. Daraufhin war das Gelände genauer unter die Lupe genommen worden und in der Folge hatte sich daraus ein eigenes Projekt entwickelt. Von Mehmet hatte Hubert nie wieder etwas gesehen oder gehört. Hubert selbst hatte jeden Tag damit gerechnet, dass ihn der Vater heimschicken würde.
    Aber dann, sagte Hubert, dann ist etwas Seltsames geschehen. Dein Vater hat mich, Hubert drehte sich zu mir, wie unter seine Fittiche genommen. Er hat mich vom Depot freistellen lassen, ich durfte im Artemision dabei sein, er hat mir Aufgaben zugeteilt, die normalerweise älteren Studenten zustehen. Hier, zeig, was du kannst, hat er gesagt. Er hat mit mir die Befunde diskutiert, als wäre ich schon vollwertiger Archäologe, und an den Wochenenden hat er mich nach Ephesos mitgenommen, nach Didyma, Milet, nach Pergamon.
    Darf ich denn weiterstudieren?, habe ich ihn gefragt, bevor ich zurückgeflogen bin. Werden Sie mich nicht melden?
    Wir machen Fehler, hat er gesagt, damit wir bessere Wissenschaftler werden.
    Wieso tun Sie das?, habe ich ihn gefragt. Hubert lachte. Das habe ich ihn heute auch gefragt. Wieso

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