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Sommer in Ephesos

Sommer in Ephesos

Titel: Sommer in Ephesos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Schmidauer
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tust du das, wieso jetzt, wieso überhaupt?
    Was hat er gesagt?
    Heute, nichts. Damals hat er mich angesehen, als wollte er mich in jedem Winkel ausleuchten, du weißt, wie er das macht.
    Du hast eine Schuld abzutragen, hat er gesagt. Und am besten fängst du gleich damit an.
    Bevor ich mich von ihm verabschiedet habe, ist er mit mir noch einmal ins Artemision gegangen. Ist es das, was du machen willst, hat er mich gefragt. Nichts anderes, habe ich gesagt. Dann kommst du nächsten Samstag zu uns zum Mittagessen, hat er gesagt, und dann schauen wir, was wir für dich finden.
    So war das, sagte ich, so bist du zu uns gekommen?
    Da war ich das erste Mal bei euch in der Villa, da habe ich dich das erste Mal gesehen, weißt du das noch?
    Nein, sagte ich, das erste Mal weiß ich nicht mehr.
    Huberts Lächeln, das kurz aufgeflackert war, erlosch. Es ist vorbei, sagte er. Ich bin erledigt.
    Aber wie kann dich etwas, das mit Hilfe der Grabungsleitung vertuscht wurde, kann dich denn das tatsächlich ruinieren? Du bist ein guter Wissenschaftler, ein erstklassiger Archäologe. Du hast doch deinen Fehler auf eine Art wieder gutgemacht, oder nicht?
    Ja, sagte Hubert, vielleicht, aber das ist nicht die Geschichte, die dein Vater der Grabungsleitung erzählen wird.
    Was heißt das?
    Dein Vater bringt mich mit den Raubgrabungen in Verbindung, mit denen wir hier immer zu kämpfen haben.
    Das kann er doch nicht tun, rief ich, das stimmt doch nicht, oder?
    Nein, natürlich stimmt das nicht. Aber wie will ich es denn beweisen, dass ich damit nichts zu tun habe? Hubert schlug sich mit den Fäusten gegen den Kopf. Beweis das einmal, rief er. Es steht sein Wort gegen mein Wort. Und wenn dein Vater bereit ist, seinen guten Ruf zu riskieren, seine Karriere unrühmlich zu beenden, und was ist das für ein Ende, wenn er zugeben muss, dass er mich damals gedeckt hat, dass er also schuld daran wäre, wenn hier jahrelang über einen Mitarbeiter des Grabungsteams Schwarzhandel mit Antiquitäten betrieben wurde! Wenn er jetzt bereit ist, seinen eigenen Ruf, die Grabungen, den Ruf des gesamten Teams, den Ruf der österreichischen Archäologie hier zu riskieren – warum sollte er das tun, wenn es nicht wahr wäre? Warum sollte er sich so etwas ausdenken, das wäre doch völlig hirnrissig. Sein Wort gegen mein Wort. Die Fotos, die beweisen, dass er die Wahrheit sagt, und das kann ich auch nicht abstreiten. Und da ist Mehmet, den er offensichtlich aufgetrieben hat und der bereit ist, gegen mich auszusagen.
    Er blufft, sagte ich. Ich glaube nicht, dass er das wirklich tut. Vielleicht schmeißt er dich aus Ephesos hinaus, aber er wird nicht die Grabungen für eine Lüge riskieren, das tut er nicht, niemals.
    Das wird Hans entscheiden, sagte Hubert, wie weit er an die Öffentlichkeit geht. Aber selbst wenn alles niedergeschlagen wird, um die Grabungen zu schützen, mir hilft das gar nichts. Ich bin erledigt, dafür wird dein Vater sorgen. Es reicht, Gerüchte in die Welt zu setzen – wie soll ich mich gegen Gerüchte wehren? Es gibt genügend arbeitslose Archäologen, warum soll man einen nehmen, dem man Raubgräberei nachsagt. Und du kannst dir sicher sein, dass dein Vater auf die eine oder andere Art auch die Kollegen im Ausland warnen wird. Vielleicht schmuggelt mir noch wer ein Objekt in den Koffer. Lach nicht, sagte er, das ist alles schon vorgekommen, wenn einer einen vernichten will.
    Aber wieso soll dich mein Vater vernichten wollen? Wieso jetzt, nach so vielen Jahren? Wieso nicht nach dieser blöden Sache mit der Dissertation, was ist denn jetzt anders, fragte ich. Aber noch während ich das sagte, wusste ich, was anders war.

    Richards Tochter, sagen die älteren Herrschaften, wenn ich an ihren Tischen vorbeikomme. Setzen Sie sich doch, sagen sie, wir haben uns ja schon kennengelernt, sagt einer, im Institut, Sie werden sich nicht mehr erinnern, da waren Sie noch so klein, sagt er und deutet auf Kniehöhe.
    Ich bin Ihrem Vater in seinem ersten Studienjahr begegnet, sagt sein Nachbar, eine lebenslange Freundschaft. Bei einer Lehrgrabung getroffen, sagt ein anderer, auf Kongressen zusammengekommen, in Projekten zusammengespannt, so eine fruchtbare Zusammenarbeit. Ihr Vater, sagen sie, hat noch Briefe geschrieben, es sollte jemand die Briefwechsel herausbringen, ein integrer Mensch, ein glänzender Wissenschaftler, ein wahrhafter Freund.
    Dann vergessen sie, dass ich da bin und bewerfen einander mit Namen und Anekdoten, Palmyra, Aphrodisias, wie

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