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Sommer mit Nebenwirkungen

Sommer mit Nebenwirkungen

Titel: Sommer mit Nebenwirkungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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Hinter ihr standen vier Figuren wie aus einem Horrorfilm. Der Titel: Die Nacht der lebenden Mumien . Zwei hatten bandagierte Nasen und blaue Augen wie nach einer Kneipenschlägerei. Eine trug eine Bandage wie ein Haarband. Zwei hielten kleine Schwimmringe in der Hand. Sophie hatte so etwas schon einmal gesehen, man konnte sie als Sitzkissen nutzen, wenn der Po schmerzte. Vermutlich waren ihre Beine bandagiert, denn sie trugen weite Röcke, und man erkannte ihre angeschwollenen Knöchel. Alle waren offenbar gut mit leuchtend blauen Kühlpads ausgestattet, die sie bei sich trugen.
    »Horror – was ist das denn?«, rief Sophie aus.
    Jetzt erst bemerkte sie, dass die eine mit dem Nasenverband ihr bekannt vorkam. Die war doch eine Fernsehfrau. Sie hatte in Berlin einmal ziemlich überdreht eine Charity-Sause moderiert, bei der Johann und sie eingeladen waren. Eigentlich eine schöne Frau, zumindest ohne Verband. Nur sehr, sehr dünn. Genau wie die anderen.
    »Ihr seht ja zum Heulen aus«, rutschte es Sophie raus. In dem Moment zog jemand sie sanft weg. Es war die Blonde vom Tisch der drei sympathischen Frauen. Sie lächelte Sophie an: »Mein Tipp: Leg dich nicht mit denen an. Sie sind zwar etwas lädiert, aber ihre Boshaftigkeit ist ungebrochen.«
    »Nach ungebrochen sehen die nicht gerade aus«, gab Sophie zu bedenken und zeigte auf den Nasenverband.
    »Hey«, rief nun die Moderatorin aggressiv und gestikulierte affektiert. Durch den Verband und die blauen Augen war die Wirkung einmalig.
    Die Blonde drehte sich um und zischte ihr zu: »Exorcizamus te, omnis immunde spiritus …«
    Irritiert wandte sich die Moderatorin an ihre Freundin, die unter ihrem Nasenverband nicht weniger moderatorenhaft und zickig aussah.
    »Was sagt die?«
    »Ach, die Exorzismus-Formel. Kenne ich aus der Serie Supernatural . Damit treibt man den Teufel aus.«
    Es dauerte einen Moment, dann schaute die Moderatorin ernsthaft empört. »Bitch!«, schrie sie der Blondine hinterher. Um sich dann zu verbessern: »Bitches.« Damit war wohl auch Sophie gemeint. Die musste lachen, genauso wie ihre Retterin.
    »Setz dich doch zu uns«, schlug die vor. »Ich bin Julia. Das ist Zoe …«, sie zeigte auf die schmale, sehr hübsche, aber etwas blasse Rothaarige, »und das Katalin«, sie nickte in Richtung der Dunkelhaarigen mit dem Pagenschnitt.
    »Sophie«, sagte Sophie und grinste. »Manche nennen mich auch Doodle. Wegen der Haare.«
    »Sophie ist besser«, meinte Zoe.
    »Also Sophie«, sagte Katalin. »Willkommen in Marienbrunn. Du hast ja gleich am ersten Tag den Zorn der Furien auf dich gezogen. Ein gutes Zeichen. Das machen sie nur bei ernster Konkurrenz.«
    »Welche Konkurrenz?«, fragte Sophie
    »Nur Naturschönheiten erwecken ihren Zorn. Sie mussten sich ja alle für ihr Aussehen unter das Messer legen. Schönheits-OP. Sehr schmerzhaft.« Julia zog die Weinflasche zu sich, schnappte sich ein leeres Glas und füllte es für Sophie. »Darf ich?« Sophie nickte dankbar. Ein Wasserglas wurde gefüllt, neues Besteck eingedeckt.
    »Was? Werden hier im Haus etwa OPs gemacht?«, fragte Sophie erschrocken.
    Katalin, die Dunkelhaarige mit dem Pagenkopf, lachte laut auf. »Nein, nein, keine Sorge. Die Klinik liegt in Bozen. Aber dann kommen sie hier hoch, um sich zu regenerieren. Kein Ort in der Nähe, keine Autos, keine Presse, keine Fans – alles schön abgelegen. Und von Bozen ist es nicht weit hierher.«
    »Man kennt halt diesen Ort auch in der Schönheits-OP-Szene. Es heißt, der Aufenthalt hier oben hilft gegen Frauenleiden. Frauenleiden – das ist ein großer Begriff. Zu den modernen Frauenleiden gehören inzwischen wohl auch die Schmerzen nach solchen kosmetischen Eingriffen«, sagte nun die zarte rothaarige Zoe.
    »Es kommen aber auch traditionelle Fälle, wie …«
    Ein gellender Schrei unterbrach Julia. Eine Frau am Nebentisch sprang von ihrem Stuhl auf, der krachend nach hinten fiel. Sie riss die Arme hoch und japste nach Luft. »Eine Schnecke«, schrie sie, »eine Schnecke in meinem Salat! Eine widerliche Nacktschnecke! Sie kriecht durch meinen Salat. Sie kriecht!« Das letzte Wort war in höchstem Tremolo gesprochen, so hoch, dass die Mutter der fünf Kinder, die immer noch mit ihrer letzten, sehr halsstarrigen Tochter am Salatbuffet verhandelte, dem Mädchen die Ohren zuhielt. Zwei Dirndlkellnerinnen stürzten herbei. Die eine legte beruhigend den Arm um die Frau, die andere nahm sich sofort den beanstandeten Salat vor. Der komplette Speisesaal

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