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Sommer mit Nebenwirkungen

Sommer mit Nebenwirkungen

Titel: Sommer mit Nebenwirkungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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aufgetischt, ein schöner Eichblattsalat mit gebratenen Pilzen, Rote Bete mit Parmesan und eine Platte mit Rohkost. Dazu etwas, das bulgurartig aussah, aß man so etwas in Südtirol? Dicke Bohnen mit Zwiebeln, ein verführerischer Tomatensalat, dazu selbst gemachte Cro û tons und allerlei Kerne sowie Kresse und mehrere Salatsoßen in Kannen.
    Leider ging es nur langsam voran, weil die Kinder am Buffet standen und in einen erbitterten Streit mit ihrer Mutter darüber ausbrachen, was genau auf ihren Tellern landen sollte. Wäre es nach ihnen gegangen, hätte sich das ein oder andere Salatblatt auf den Teller verloren, bedeckt von ganz, ganz vielen Cro û tons. »Ihr nehmt bitte auch Tomatensalat«, mahnte die Mutter streng. Der Vater fühlte sich offenbar nicht zuständig und verließ mit einem gut gefüllten Salatteller den Raum. Was die Kindererziehung anging, überarbeitete der sich nicht gerade.
    Sophie schaute sich im Raum um. Ganz in der Nähe des Buffets saßen die drei Frauen, die vorhin unter dem Baum gehockt und etwas getrunken hatten. Von Nahem sahen sie nett aus. Ob sie sich schon lange kannten? Oder erst hier oben kennengelernt hatten? Wie schön es wäre, sich jetzt zu ihnen setzen zu können und ein bisschen zu plaudern. Aber sie beachteten Sophie nicht, sondern schielten auf jemanden hinter ihr in der Schlange.
    »Wusste nicht, dass die Dauerwelle wieder in Mode ist«, drang plötzlich von hinten die Stimme einer Frau an ihr Ohr. Die Frau versuchte, ihren Ton zu dämpfen, aber es fiel ihr schwer. Vermutlich war sie es gewohnt, laut zu reden.
    »Der Friseur scheint mir allerdings komplett aus der Übung gewesen zu sein. Oder auf Speed«, flüsterte eine andere, die wirklich flüstern konnte. Sophie musste sich anstrengen, um sie zu verstehen. Ihre ganze Konzentration gehörte nun diesen Frauen.
    »Wieso?«, fragte die erste, schon vertraute Stimme lachend. Die Häme steckte schon in der Frage.
    »Na, schau dir mal die Locken an. Viel zu heftig.«
    »7 Millimeter Kaltwellwickler«, warf nun eine Dritte leise ein, offenbar war sie vom Fach.
    »Haare wie ein Königspudel …«, wisperte nun eine – welche es war, die erste oder die zweite, war schwer zu sagen. Sophie erstarrte. Diese Frauen mussten unmittelbar hinter ihr in der Schlange stehen. Redeten die etwa über sie? Vor ihr wartete ein Glatzkopf mit seinem Teller in der Hand, auch sonst entdeckte sie weit und breit keinen Lockenkopf. Außer ihrem.
    Plötzlich fühlte sich Sophie in Schulzeiten zurückversetzt, als die Mädchen genauso bitterböse übereinander herzogen. Was hatte sie sich alles anhören müssen. Atze-Schröder-Fanfrisur. Albino-Afro. Steckdosen-Krause. Kein Wunder, dass sie nach der neunten Klasse die Haare kaum mehr offen getragen hatte. Sie hatte gedacht, diese traumatischen Tage seien längst überwunden. Aber jetzt wollte sie sich genauso in einem Mauseloch verkriechen wie damals. Eigentlich müsste sie sich jetzt umdrehen und streng schauen, aber sie schaffte es nicht.
    Die reden bestimmt über jemand anderen, beruhigte sie sich. So dreist benahm man sich doch nicht.
    Zum Glück erreichte sie in diesem Moment die erste Salatschüssel. Sie nahm sich einen tiefen Teller und begann, die dicken Bohnen daraufzulöffeln, die sie so mochte.
    »Klar, dass die beim Salatbuffet reinhaut. Ändert eh nichts mehr. Locken machen nämlich dick«, meldete sich jetzt wieder die erste zu Wort. Diesmal gab sie sich nicht viel Mühe, ihre Stimme zu dämpfen.
    »Echt?«, fragte die andere.
    »Wir beim Fernsehen wissen: Mindestens drei Kilo nimmst du optisch zu mit so einer Frisur. Deshalb gibt es auch keine lockigen Moderatorinnen. Außer die NDR-Tante, aber das ist ja öffentlich-rechtlich. Bei den GEZ-Weibern kann man froh sein, wenn die sich vor Sendebeginn überhaupt die Haare gekämmt haben. Diese Schnalle von den Tagesthemen, die sieht immer aus, als sei sie eben erst aus dem Bett gestiegen.«
    »Du meinst die …?«
    »Genau.«
    Offenbar schaute eine der Zuhörerinnen verwirrt, denn die andere meinte überheblich:
    »Fernsehen. Ist nicht deine Welt …«
    »Also, mit solchen Haaren würde ich mich ja beim Essen total zurückhalten. Aber vermutlich ist der alles egal.«
    »Nicht so laut, die hört uns noch.«
    »Ach Quatsch. Die hat im Moment nur dicke Bohnen im Kopf. Wetten wir, die hat als Hauptgericht das Lamm bestellt?«
    So, jetzt reichte es. Wütend ließ Sophie das Besteck aus dem Bohnensalat los, drehte sich um – und erschrak.

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