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Sommer mit Nebenwirkungen

Sommer mit Nebenwirkungen

Titel: Sommer mit Nebenwirkungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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zu müde?«
    Sophie schaute auf die Uhr, es war Viertel vor eins. Eben war sie noch völlig geschafft gewesen, doch jetzt schien alle Müdigkeit verflogen.
    »Klar, trinken wir noch ein Glas. Gerne«, sagte sie also leichthin.
    »Gut, dann gehen wir aber woanders hin. Dort, wo uns Madame nicht beobachtet.« Er tätschelte der Steinkröte den Kopf und ging dann zum Ausgang. Sophie schnappte sich ihre Laterne und lief hinterher. Von Studnitz drehte das Licht aus, plötzlich erleuchteten nur die Laterne und die Taschenlampe den Raum. Er wirkte jetzt sehr feierlich.
    »Schließen Sie ab?«
    Sie gingen andersherum zurück, als Sophie zuvor gekommen war, und kamen erst am Außenpool, dann an der Liegehalle vorbei. Dort blieb von Studnitz stehen und räumte dann die Holzgitter, die den Weg zur Liegehalle versperrten, weg. »Wegen der Tiere zäunen wir jeden Abend ab. Sonst würden Füchse, Katzen und Kaninchen in den Decken übernachten.« Er schob zwei Liegen nebeneinander und sagte zu Sophie: »Machen Sie es sich gemütlich und nehmen Sie sich so viele Decken, wie Sie wollen. Ich bin gleich wieder da.«
    Die Laterne tauchte die hölzerne Liegehalle in ein sanftes Licht, und da nur eine schmale Wiese zwischen ihr und dem Wald lag, roch es würzig nach Tannen. Sophie lehnte sich nach hinten in eine Decke, schlang eine andere um ihre Beine und spürte, wie aufgewühlt sie war. Der Krötenraum ging ihr ebenso nach wie die Sache mit Zoe. Sie hatte immer gedacht, sie lebe ein aufregendes Leben in Berlin. Aber wie aufregend war es wirklich? Was war aufregend daran, ein In-Lokal zu besuchen und dort zu speisen, um vielleicht irgendeinen Promi aus der Nähe zu sehen und ein paar Worte mit ihm zu wechseln? Hier oben lebte sie auf, mitten in der Natur, an einem Ort, der ernste Geheimnisse barg. Und einen geheimnisvollen Chef mit Bart gab es auch. Der kam nun mit einem Tablett zurück – darauf eine Flasche Wein, zwei Gläser und eine Flasche Schnaps mit zwei kleinen, dickwandigen Schnapsgläsern. Aus der Hosentasche holte er einen Korkenzieher, man sah, wie geübt er war. Hotelier und Gastronom. Der Korken löste sich mit einem leichten Plopp. Von Studnitz roch kurz daran und nickte zufrieden.
    Während er den Wein einschenkte, band Sophie sich die Locken mit einem Haargummi zusammen. Sie spürte, wie er sie dabei beobachtete, und musste lächeln.
    »Wofür ist denn der Schnaps da? Wollen Sie mich betrunken machen?«, fragte sie leichthin.
    »Nein, Betrunkenmachen gehört nicht zu unserer Gästebetreuung. Trotzdem habe ich das Gefühl, Sie könnten vielleicht gleich einen Schnaps brauchen. Das ist ein guter Obstler aus Himbeeren, den Schnapsbrenner kenne ich persönlich, und die Himbeeren dafür habe ich selbst gepflückt.« Er grinste breit und reichte ihr ein Glas Wein.
    »Was ist denn nun mit dieser schrecklichen Kröte?«, fragte Sophie nach dem ersten Schluck.
    Wieder lachte von Studnitz. »Nun ja«, begann er, »Männer rätseln ja schon seit vielen Jahrhunderten über die Macht der Frauen. Genau genommen über die Macht, die Frauen auf Männer ausüben.«
    »Oha«, kommentierte Sophie, »was kommt denn jetzt? Da bin ich ja mal neugierig.«
    »Der Philosoph Plato …«
    »Das ist jetzt aber wirklich lange her«, sagte Sophie.
    »Ja, der hat so etwa 400 v. Chr. gelebt. Auf jeden Fall, Plato behauptete – Sie müssen jetzt sehr stark sein, vielleicht gieße ich Ihnen vorsichtshalber einen Obstler ein. Ich darf doch …« Er füllte Sophies Schnapsglas, reichte es ihr aber nicht, sondern ließ es vor ihr stehen. Sich selbst goss er auch einen ein. »Also, Plato behauptete, dass jede Frau ein Tier zwischen den Beinen trage, das befruchtet werden wolle. Das Uterustier. Irgendwann wurde dann aus diesem mysteriösen Uterustier eine Kröte.«
    »Ich soll also eine Kröte zwischen den Beinen tragen?«, fragte Sophie spöttisch.
    »Tja«, kommentierte von Studnitz trocken und griff nach seinem Schnapsglas, »gewissermaßen.«
    Sophie saß nun aufrecht in ihrem Liegestuhl. »Das ist ja eine wirklich widerliche Vorstellung!« Sie packte sich nun auch ihren Obstler, stieß mit von Studnitz an und sagte: »Danke, den brauche ich jetzt.«
    »Sag ich doch.«
    Der Obstler roch scharf und mild zugleich. Er brannte nicht sofort, nein, es war ein Nachbrenner, die Wärme kam von tief unten und breitete sich angenehm im ganzen Körper aus. Was für ein sanfter Schnaps. Gefährlich! Denn wenn Sophie betrunken war, dann …
    »Dieser Krötenglaube

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