Sommer, Sonne, Ferienglück
zum Kavaliersstart so richtig volle Pulle Gas – und so war eine stinkende, übelriechende Wolke alles, was von Jochen in der Zinsgasse übrigblieb …
Nachdenklich beobachtete Christa, wie sie verwehte.
Der Anblick hatte etwas Symbolhaftes, fand sie.
Sie legte die Hand auf die Schulter ihres Vaters: »Wenn ich 'nen Flieger kriege, starte ich nächste Woche. Am liebsten würde ich gleich morgen losdüsen. Aber vorher hol´ ich noch meine Papiere und mein Geld aus der Klinik.«
»Am besten, du fliegst über Mailand«, strahlte Theo. »Und das Ticket besorg ich dir persönlich.«
***
Christa, das schöne, tüchtige Mädchen Christa, mit dem urschwäbischen Nachnamen Schmidle.
Christa mit dem schwarzseidenen Haar, den grünen Augen, der kurzen, kecken Nase (die hat sie von ihrem Vater) und der tollen Figur, mit all den Dingen, auf die sie manchmal gern verzichten würde.
Lange Beine, schmale Taille, grüne Augen – alles recht und gut, aber was zum Beispiel Freundinnen und andere Mitschwestern angeht, bringen sie nicht nur Punkte, sondern auch Neid: »Ja, wenn man so aussieht wie du …«
Wenn man so aussieht wie ich, sagte sich Christa, hast du nichts als Ärger, und warf mitten im Trubel der Abflughalle des Flughafens München-Riem die Visitenkarte weg, die ihr irgend so ein Schmuddeltyp gerade zugesteckt hatte. »Fotograf« stand da drauf. Und ob er nicht mal ein paar Probeaufnahmen machen könnte, hatte er ihr ins Ohr geflüstert.
Dabei wollte München doch Großstadt sein! Solche Angebote hatte Christa schließlich schon in Kaff Kirchberg bekommen. Na gut, aber beim Einchecken riß dann doch ein zuvorkommend grinsender junger Lufthansa-Angestellter ihren Koffer vom Karren, um ihn allerdings gleich wieder stöhnend auf die Waage sinken zu lassen.
»Oh? Gibt aber Übergepäck …«
»Was kann man machen?« sagte Christa.
»Manches.« Der nette blonde Typ schrieb Gepäckscheine und Anhänger aus und vergaß, das Wort ›Übergewicht‹ auch nur noch ein einziges Mal zu erwähnen.
Vorteile und Nachteile, so ist das halt.
Was Christas leichten Luftgepäckkoffer derart beschwerte, als habe sie Blei geladen, waren Bücher.
Zwei Paar Jeans, drei Paar Leggings, zwei Bikinis, Sandalen, mit Absätzen, versteht sich, dazu einige T-Shirts und Wäsche, sogar, falls es unten am Gardasee tatsächlich mal kalt werden sollte, auch ein Pullover, aus dieser bescheidenen Ausstattung bestand Christas persönliche Habe.
Der Rest – Bücher!
Und die waren unabdingbar.
Bücher waren deshalb so notwendig, weil Christa Schmidle den Alitalia-Mittagsflug München-Mailand gebucht hatte, um ihre Zukunft in die Hand zu nehmen. Und wenn Christa, die pragmatisch denkende, umsichtige, tüchtige Christa Schmidle, etwas in die Hand nahm, dann schon richtig.
Deshalb hätte man in dem blauroten Koffer, der da gerade übers Förderband der Alitalia-Boeing entgegenschwankte, Christas ›Handbuch der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre‹ finden können, aber auch drei Bände der ›Einführung in die Hotellerie‹, dazu hatte Christa noch die ›Lohntabelle des Bauhandwerks‹ erstanden, die allerdings gab es nur auf deutsch, dann die ›Kommentare zur Hotel-Buchführung‹, ferner vier große Notizblöcke und einen neuen Taschenrechner, der, außer daß er Telefonnummern und Adressen speichern konnte, die unglaublichsten Kunststücke beherrschte.
Und dann hatte Christa noch eine Neuanschaffung im Koffer. Mit ihrer Hilfe würde sie sich überall, also gewissermaßen international, sofort und wirksam verständlich machen können.
Es handelte sich um eine dunkelblau lackierte Dose, die man bei oberflächlichem Hinsehen vielleicht für einen Haarfestiger halten konnte, nur daß die Aufschrift ›Herkules – Man-Stopper‹ nicht so recht zu diesem Eindruck passen wollte.
Jedesmal, wenn Christa an die blaue Dose dachte, wurde ihr ein wenig flau: eine Schnapsidee, was sonst? Als ob sie in ihren sechs Monaten Bologna nicht Gelegenheit gehabt hätte, auch die italienischen Männermacken zu studieren? Zu was also brauchte es ein ›Reizgas-Spray – die Keule aus der Dose‹? Auch so ein Olga-Einfall war das, und Christa warf sich vor, daß sie sich aus lauter Faulheit schon daran gewöhnt hatte, Olgas Ratschläge ungeprüft anzunehmen.
Auch das mußte sich ändern.
Im Grunde, dachte sie, ist es eigentlich unheimlich gut, daß du mit Kirchberg auch die Olga hinter dich gebracht hast. Das Leben verläuft nun mal in Phasen. Und
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