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Sommer, Sonne, Ferienglück

Sommer, Sonne, Ferienglück

Titel: Sommer, Sonne, Ferienglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heim
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sie könnten also im Principe di Savoia schlafen, seine Sekretärin habe die Suite bereits vorbestellt …
    Und Christa verstand jedes Wort!
    Wie auch nicht bei der Eleganz des Vortrags!
    Außerdem, sie war die Beste im Italienisch-Kurs der ›Allianza‹ von Bologna gewesen.
    Ja, sie verstand also jedes Wort. Das Problem blieb: Sie konnte nicht glauben, was sie hörte.
    Doch die Hand schob sie vorsichtshalber gleich mal weg. Nicht sehr mitfühlend, schon energisch.
    Da nun wandte ihr Enzo endgültig das Gesicht zu.
    Welcher Blick unbegreiflichen, schmerzlichen Leids! Wieder mal ein totales Mißverständnis, man sah's, es brauchte nicht einmal ausgesprochen zu werden.
    Enzos schwarze Brauen signalisierten dies. Und Christas, gleichfalls schwarz und gleichfalls weit in die Stirn hochgezogen, gaben die Antwort.
    Dann sah sie wieder zum Fenster hinaus: Die Berge waren fort. Hänge, Hügel, die sich aus Dunstseen wölbten. Der Dunst aber war der Smog der großen Stadt Milano …
    Da kam's auch schon: »Bitte festschnallen! Wir befinden uns im Anflug auf Linate …«
    ***
    Ein einziger Spaghetti ist die Autobahn Mailand-Venedig: endlos lang und endlos gerade.
    Es gibt den Po, den Fluß Po, dann Pappeln, dann Fabriken, dann wieder Pappeln. Ab und zu mal gibt's ein Hügelchen mit irgend etwas Altertümlichem, dort, im Norden aber, wo's interessant sein könnte, nebelfarbener Dunst.
    Nicht viel, fast nichts, das Christas Gedanken in andere Bahnen lenken könnte.
    So steuerte sie ihren brandneuen und brandroten kleinen Leihwagen, einen Fiat Uno, über die Gerade und ließ die Gedanken um die Männer kreisen, um die italienische Version davon, um es genau zu sagen.
    Also was der sich da eingebildet hat! ›Principe di Savoia‹ … Nicht zu fassen eigentlich, zum Lachen, nein, zum Heulen.
    Olga kann man doch nicht abhaken, läßt sich einfach nicht, denn Olga hat schon wieder einmal recht behalten.
    Das Problem der italienischen Männer, so hatte Olga gesprochen, als sie Christa zum Kauf der ›chemischen Keule Herkules – Man-Stopper‹ geraten hatte, das Problem der gesamten derzeitigen italienischen Kultur und Gesellschaft überhaupt bestehe im ›mamismo‹, und das sei nun wirklich längst wissenschaftlich erhärtet.
    Der ›mamismo‹? Nun, ganz einfach: Wie Christa ja nach all ihrer italienischen Erfahrung wisse, repräsentiere ›la mama‹, die Mutter, den Lebensmittelpunkt der italienischen Familie. Ausgebeutet als Arbeitstier, aber ungebrochen, beherrscht von einem geradezu fanatischen Gluckentrieb, kämpfe sie ihren Löwinnen-Kampf, um die Familie durchzubringen, während der italienische Mann wiederum das täte, was, nun ja, alle Männer, vor allem aber die Italiener, tun: außer Haus irgendwelche Weiber oder Flittchen aufreißen.
    Dies fand Christa nun ein wenig übertrieben.
    Aber wenn etwas wissenschaftlich erarbeitet worden war, bemühte sich Olga gerne um eine polemische Zuspitzung, um das Bild zu verdeutlichen.
    Doch Olga war noch nicht zu Ende.
    Die italienische Frau, »la mama«, so hatte sie das Thema vertieft, sei trotz ihrer Opfer von einer Schuld an dieser Entwicklung nicht freizusprechen. Ihr Glucken-Fanatismus gelte nämlich ausschließlich dem männlichen Nachwuchs. Sie versäume, eine wahre Erziehungskultur zwischen den Geschlechtern aufzubauen, indem sie ihrem Jungen oder den Jungens einrede und auch noch durch Taten bekräftige, daß er sich jedes Recht nehmen könne und alle Privilegien besitze, daß es sich bei ihm nicht um ein gewöhnliches männliches Kind, sondern wie bei der Madonna und Jesus um eine absolute Ausnahmeerscheinung, um eine einzigartige und unwiederholbare Individualität handle.
    Und Christa hatte wieder genickt. Irgendwie, ja, irgendwie war da was dran …
    Sie dachte es auch jetzt. Mauro damals, der picklige Sprößling der Signora Moresi, Christas Bologneser Pensionswirtin zum Beispiel … Mit ihr hatte dieser Typ kaum drei Worte gewechselt, am Tisch immer die Zeitung gelesen, und eines Tages, als sie nach Hause kam, wer lag da in ihrem Bett? – Mauro!
    Olga sah darin einen geradezu klassischen Beweis der ›Mamismo‹-Theorie.
    »Die bilden sich ein, es werde ihnen kein Wunsch abgeschlagen. Sie halten sich, nein, sie sind bis ins Herz davon durchdrungen, die Größten zu sein. Darauf, Christa, werden sie schon vom Babyalter an konditioniert. Gnadenlos. Ein Italiener bekommt alles, sagt ihm Mama. So wird, so kann er nie begreifen, daß eine Frau ihn nicht haben

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