Sommer, Sonne, Ferienglück
schlecht …
Sie passierten jetzt eine Art Stadttor, fuhren unter dem Gebäude durch, das von dem Gewölbe getragen wurde, und als sie am anderen Ende herauskamen, sagte er: »Vorsicht!«
Ja, Vorsicht. – Denn nun war Schluß mit der Uferpromenade, sie verengte sich plötzlich und führte direkt auf eine schmale graue Stahlbrücke, unter der braunblasiges Wasser schoß.
»Also wie war das mit den Investitionen, Christa, das war doch die Frage, nicht?«
Sie umklammerte das Steuer, sie antwortete nicht. Es war ja doch nur der pure Hohn …
***
Das Paradies der erfüllten Wünsche bleibt wohl für ewig ein Traum. Soviel wird uns zumindest gesagt, was wir uns wünschen dürfen, eigentlich sollten – nein, müssen!
Deshalb nämlich, damit klar ist, wo's langgeht und was wichtig ist in einer Welt, in der wir nicht nur vor uns, sondern auch vor den Nachbarn zu bestehen haben, gibt es die Postwurfsendung. Selbstlos, wie stets, hilft hierzu die Bundespost.
Täglich und jeden Morgen, wo und wann ein Briefkasten geöffnet wird, quillt es heraus, in allen Farben und Papiersorten, auf Hochglanz oder Zeitungsdruck, im Briefumschlag, als Broschüre oder Streifbandverpackung: Millionengewinne bei Lotto und Toto, Bestattungsangebote für die Zeiten, in denen wir die Millionen nicht mehr brauchen, Offerten spottbilliger polnischer Masthähnchen, Sensationsangebote holländischer Tulpenzwiebeln, dänischer Schlafzimmer, österreichischer Mountain-Bikes, indonesischer Räucherkerzen, von Schränken und Überdruckpumpen, Autos und Rollstühlen, Eisschränken, Pfälzischem Wein, spanischen Tomaten und andere Naturerzeugnissen, dazu jede Menge PCs, denn, nicht wahr, der Personal-Computer gehört heute auch in den Haushalt. Wie verloren ist die Hausfrau bei der Aufgabe, ihr Einkaufsbudget oder die Steuererklärung in Ordnung zu bringen ohne die unaufdringlich leisen und ach so billigen Helfer aus den USA, Japan, Taiwan!
Dann aber, als Spitze, nein, Summe aller Träume und Verheißungen: die Ferienangebote!
Reisen muß der Mensch. Erdballweit. Vom Schwarzwald bis Neu-Delhi. Mit unseren Wünschen hat unsere Präsenz die Welt erobert: Deutsche sind international und der Globus ein Selbstbedienungsladen! Kein Wunder, daß wir uns auf den Seychellen genauso zu Hause fühlen wie am Strand von Djerba.
Damit dies sein kann, werden im Winter Atlanten gewälzt, Freunde und Lexika zu Rat gezogen, wird gespart, gedarbt, Mark um Mark auf die Kante gelegt, bei der Bank das Konto geplündert oder ein Kredit beantragt.
Ohne jeden Zweifel: Alle diese bunten, raschelnden Angebote üben eine übermächtig schicksalhafte Wirkung aus.
Umgekehrt haben auch Postwurfsendungen ihr Schicksal.
Eine kennen wir: die ›Villa Caruso‹-Reklame aus Kirchberg unter der rauhen Alb. Sie kommt im Huckepack-Verfahren als Beilage im Angebot des ›Deutschen Gartenfreunds‹.
Dreihundert Exemplare davon existieren, gemessen an den hunderttausend, ja Millionen-Auflagen anderer Broschüren – ein Nichts!
Es ist schon unglaublich, was so einem bißchen bedruckten Papier alles widerfahren kann …
***
Erhätte auch über die Bamberger Allee fahren können, die ›Bamberger‹ hatte Peitschenlampen, bei jedem Sauwetter sah man noch was, doch wenn er's genau betrachtete, der Mistregen war's ja nicht gewesen, Beate hatte die Schuld, nur die, jawohl, nur Beate und die Ungeheuerlichkeit von Wisch, die er am Morgen, nachdem sie mit Koffer, Fummel, inklusive Zahnbürste, verschwunden war, auf dem Fernseher gefunden hatte.
»Eine Beziehung, und ich schäme mich nicht, dieses Wort auszusprechen, eine Liebe muß blühen, lieber Reinhold – nicht siechen. Und das hat sie in den letzten Monaten doch bei uns getan …«
Siechen?! … dachte Reinhold Sottka noch – und dann kam der Mopedfahrer. Von rechts.
»… deshalb hab ich mich entschlossen, und nicht zuletzt auch in Deinem Interesse …«
Von rechts kam er, und das Moped war knallgelb gestrichen! Ein Postler, ein Briefträger, Reinhold hatte ihn wirklich erst im letzten Augenblick gesehen.
»… dafür zu sorgen, daß die Dinge klargestellt werden und wir uns nicht länger gegenseitig etwas vormachen …«
Den Mopedscheinwerfer hätte er ja eigentlich sehen müssen. Hatte er aber nicht. Hast du wirklich nicht …? Wie denn, wenn du ständig an die Brutalität denken mußtest, die hinter jedem von Beates Worten steckte?
»… Und noch etwas: Du sprichst immer von naturnahem Leben und
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