Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommer, Sonne, Ferienglück

Sommer, Sonne, Ferienglück

Titel: Sommer, Sonne, Ferienglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heim
Vom Netzwerk:
Seide lachsrot niederwallte, streckte die ringgeschmückten Altfrauenhände, dachte, nein, rief: »Benito!«
    Ganz still wurde es. Das Gabelklappern hörte auf. Keine Witze wurden mehr gerissen. Alle starrten sie an.
    Sollten sie doch!
    Das war schließlich auch damals so gewesen. Immer, wenn Benito in ihrer Nähe war, hatten alle nur geguckt.
    »Gnädige Frau«, sagte der Wörishofner, »ist Ihnen vielleicht nicht gut?«
    Noch einmal öffnete Hedwig Pauli den Mund. Es kam kein Ton heraus. Und dann wollten die Beine nicht länger. Sie gaben einfach nach, und Hedwig Pauli sank in Vittorio Capraras Sessel zusammen.
    ***
    Erkonnte es nicht ändern, eine Entscheidung war fällig: Um wen sollte er sich nun kümmern? Um dieses kleine, unglückselige Mädchen aus Sachsen – oder um eine alte Frau?
    Doch was heißt: eine alte Frau? Hedwig Pauli war schließlich Hedwig Pauli. Das andere konnte, mußte warten.
    »Fühlen Sie sich nicht wohl, Frau Pauli?«
    »Wie bitte?«
    Hedwig Pauli drehte den Kopf … Du stehst vor ihr, genau in der Blickrichtung, registrierte Theo, und sie sieht dich nicht. Sie sieht in die Ferne und gleichzeitig nach innen und alles, was dazwischen liegt, existiert einfach nicht.
    Theo kannte diesen Blick. Sein Vater hatte ihn genauso angesehen, das erste Mal, als er damals Annemarie ins Haus brachte und verkündete, er werde sie heiraten. Das zweite Mal, als der letzte Bus gepfändet und der Bankrott der ›Schmidle-Reisen‹ nicht mehr aufzuhalten war. Sogar noch ein drittes Mal: bei seinem ersten Schlaganfall …
    Oh Gott!
    Aber sie stand ja schon wieder auf, stützte sich auf ihren Stock.
    »Bringen Sie mich bitte ins Haus, Herr Schmidle.«
    Auch sein Vater war damals noch gegangen. Er wollte die Garagen abschließen. Und zwei Stunden später hatte ihn dann der Krankenwagen fortgefahren …
    Daran dachte Theo, als er Hedwig Pauli in Giuliettas Wohnzimmer geleitete und sie sorgsam auf dem Sofa niederließ. Wo blieb bloß dieser Schürmann?
    »Haben Sie vielleicht Schmerzen, Frau Pauli? Oder ist Ihnen irgendwie nicht gut?«
    »Mir geht's ausgezeichnet. Aber wenn Sie meinen, daß ich im Moment nicht ganz klar im Kopf bin, kann ich Ihnen wohl nicht widersprechen. Ich habe wirklich das Gefühl, daß irgendwas unterm Dach nicht stimmt …«
    Na also! – Wo blieb dieser Mist-Doktor? Da hatte sie nun den eigenen Arzt, hielt ihn im Hotel aus, ließ sich von ihm beschimpfen, und wenn's drauf ankam …
    »Kann ich Ihnen etwas bringen lassen? Kaffee?«
    »Oder einen guten Kamillentee«, sagte Giulietta, die gerade durch die Tür kam. »Und Schnaps ist noch was viel Besseres, und wenn man sich ein bißchen erschöpft fühlt, Licore del Monte. Den machte meine Großmutter. Und ich hab' die Pflanze im Garten.«
    Hedwig Pauli hob die rechte Hand, so daß ihre goldenen Armreifen klirrten. Sie fixierte Giulietta. Und jetzt lächelte sie, Gott sei Dank, zum ersten Mal.
    »Sie sind eine sehr liebe Frau. Das ist mir gleich aufgefallen. Und das Essen war sicher ausgezeichnet. Aber Sie wissen ja, ich darf nicht … Nun ja, das ist jetzt nicht wichtig. Aber vielleicht ein Täßchen von diesem Tee? – Sie haben ja schon so viel am Hals heute abend, aber wenn Sie dazu noch die Zeit finden würden?«
    Theo hätte Giulietta am liebsten umarmt. Der Notnagel, in jede noch so brüchige Wand einzuschlagen, die Mehrzweck-Giulietta – du lieber Himmel, was wäre er ohne sie?!
    »Na dann …« Er drückte sich aus der Stube.
    Draußen an den Tischen herrschte schiere Fröhlichkeit. Kein Doktor aber weit und breit zu sehen. Was macht ein Arzt, wenn er zuviel gegessen hat? Einen Verdauungsspaziergang vermutlich. Wohin? Nach vorne zu der kleinen Plattform mit den drei Pinien, von wo man den See so schön sehen kann?
    Vorne an der kleinen Plattform – wieder kein Doktor. Nichts. Nur Grillen.
    Dann hörte er Lampo, der bellte. Also zurück …
    Am Tisch begann gerade Tomeo auf vielfachen Wunsch und zum vierten Mal mit dem ›Oh bambola del mio cuore‹.
    Lampo fand er auf dem Parkplatz. Sein Bellen war nicht sehr überzeugend, aber es wies eindeutig zu dem großen, alten Mercedes, der dort neben Michele d'Alessios Alfa und Zafirellis Bus parkte.
    »Ruhig, Lampo! – Ist da jemand?«
    Lampo schüttelte die Hängeohren, dann stand er auf, schüttelte den ganzen Körper und trottete davon. Seine Arbeit war geleistet. Man sah's ihm an.
    Unschlüssig trat Theo von einem Fuß auf den anderen. Auch er drehte sich bereits ab, als

Weitere Kostenlose Bücher