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Sommer, Sonne, Ferienglück

Sommer, Sonne, Ferienglück

Titel: Sommer, Sonne, Ferienglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heim
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wieder saß er auf seinem rotbespannten Sitz.
    »Also?«
    »Nichts. – Die Fiorella ist nicht da.«
    »Ach nein?«
    Er blinzelte nervös mit seinen langen Wimpern. »Du brauchst gar nicht so zu grinsen. Natürlich waren wir verabredet. Sie ist nun mal – na ja, sie ist wie sie ist … Dabei sagte ich ihr noch, daß es sich um eine dringende geschäftliche Sache handelt.«
    Sie ist wie sie ist? Christa sah Fiorella Orlona nicht mehr im Reifrock wie zuvor – nun trug sie in ihrer Phantasie ein Cocktailkleid, männerkillend und seitlich hochgeschlitzt bis zum es-geht-nicht-mehr. Und ihre Zigarette steckte in einer dieser dreißig Zentimeter langen Spitzen, die einst die egozentrischen Vamps der Stummfilmzeit benutzten.
    »Sie ist bei irgendeiner Freundin.«
    »So?!«
    »Whist spielen.«
    Whist? – Was immer das sein mochte, es paßte genau zum Bild. Zumindest klang es so.
    »Aber«, sagte er, »sie kommt ja zurück.«
    »Aha? – Wie nett!«
    Plätschernd drehte die Gondel im Kanal. Tropfen trafen Christas Gesicht. Sie zuckte zusammen, dachte an tote Katzen, an Pest und Cholera-Bazillen und noch Ekelerregenderes.
    Schiefgegangen. – Wieder mal. Was hatte sie schon erwartet?
    Die dunklen Schatten und die sargschwarze Gondel entsprachen ihrer Stimmung. Auch Micheles Hand, die tröstend ihre Schultern umfaßte, konnte nichts daran ändern. Wie sollte sie auch?
    Die Schatten hatten nach ihrem Herz gegriffen. Sie hielt die Augen geschlossen, lauschte dem Glucksen, ließ die Beklemmung in sich wachsen. Und jetzt? – Ganz deutlich war das Gefühl, daß sie der letzten, endgültigen Entscheidung zutrieb. Bis hierher hatte sie alle Stromschnellen gemeistert, war den Gefahren ausgewichen, so gut es ging, hatte trotz aller Widerstände immer auf Theos Schutzengel gebaut, stets mit dem letzten Fünkchen von Gewißheit, daß am Ende doch alles gut werde, daß sie wieder in ruhige Gewässer gelangen würden …
    Aber nun?
    Es gab keinen Canale Grande, der sie in majestätischer Gelassenheit aufnahm. Es gab nichts als Schiffbruch. Und den auf der ganzen Linie …
    ***
    Frieden herrschte in der Küche der ›Villa Caruso‹. Giulietta schnitt gelbe Rüben.
    Sie schnitt sie nicht in Rädchen, nein, ihr Messer zog lange, feine Gemüsespäne, so hauchdünn, daß Theo nur wortlos die Geschicklichkeit ihrer Hände bewundern konnte. Und um die war er froh. Denn die Späne lenkten ihn von dem entsetzlichen Wort ›banca rotta‹ ab, das ständig durch sein Bewußtsein geisterte und dort in Sekundenintervallen auftauchte: Feuerrot. Wie in Flammenschrift.
    Ja, es war Schluß. Endgültig. Es gab keine Rettung. Es sei dann, diese Tante Fiorella in Venedig würde … Aber daran wagte Theo noch nicht einmal zu denken. Zu sehr hatte Christa ihn vor dieser Lösung gewarnt, zu abwegig, hoffnungslos fand auch er es, daß eine wildfremde Italienerin mit einer kräftigen Finanzspritze noch die Rettung bringen könnte. Und wenn doch – zu welchem Preis?
    Nein, sinnlos, sich Illusionen zu machen. Es war Zeit, sich der Wahrheit zu stellen. Und die lautete: Das Schiff geht unter! Denn selbst wenn der Koch jetzt zur Tür hereinkäme, er hätte ja noch nicht mal das Geld, ihn zu bezahlen. Die Arbeiten hatten alles verschlungen, die Handwerker ihn ausgeplündert, bis aufs Hemd, bis auf die nackte Haut …
    Das Schiff geht unter, jawohl.
    Die Passagiere, – und die Mannschaft müssen sich in Sicherheit bringen, der Kapitän aber bleibt auf der Brücke. Vielleicht legt er noch einmal salutierend die Hand an die Schläfe, ehe die Fluten über ihm zusammenschlagen.
    So muß das sein. So wenigstens war das früher, als noch Stolz, Anstand und Würde regierten. Kugel – Schiene – Strick?
    Kugel natürlich. – Irma Kröppe hatte den Selbstmord brieflich angekündigt, um sofort heftig mit dem nächsten greifbaren Liebhaber zu flirten. Heute nehmen die Leute nicht einmal sich selbst mehr ernst! Er aber …
    »Was ist denn?« Giulietta sah von ihren Karottenspänen hoch. »Du wolltest mir doch etwas sagen!«
    »Ja, ja«, murmelte Theo. »Wollte ich. Aber ist ja doch zwecklos. Alles ist zwecklos.«
    »Was soll das jetzt wieder? – Nichts ist zwecklos, solange man darüber reden kann.« Giulietta kippte die Karotten in eine Schüssel. Jetzt kamen die Bohnen. »Du hast die Leute nach Verona geschickt, weil du keinen Koch hast? Na gut. Jetzt hast du ja eine Köchin, oder?«
    »Ach, Giulietta, warum tust du das alles? Wenn du wüßtest, was ich

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