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Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Titel: Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Äußeres durch regelmäßige Besuche in Spas und Schönheitssalons. Ihr Haar glänzte, ihr Make-up war perfekt – trotz der Tränen. Auf ihre eigene, hilfsbedürftige Art liebte sie ihn.
    „Ich bin so froh, dich gesund und munter wieder zurückzuhaben!“, fügte sie hinzu.
    „Danke.“ Er setzte sich ans Fenster, von wo aus er einen Blick über den gepflegten Garten hatte, der von einem sorgfältig angelegten Wegenetz durchzogen wurde. „Ich habe dir eine Kleinigkeit mitgebracht.“ Er reichte ihr ein flaches Gefäß mit einem bunten Aufkleber. Es handelte sich um eine Dose Kaviar von der Kaspischen Fischereigesellschaft Aserbaidschan. „Die Souvenirshops hatten keine sonderlich große Auswahl.“
    „Danke, Ross. Du weißt, wie sehr ich Kaviar liebe.“
    „Gern geschehen. Und jetzt möchte ich alles über Granddad hören. Was ist da los?“
    Sie wiederholte die Worte, die ihn dazu gebracht hatten, einmal quer um den Globus zu rasen: Glioblastoma Multiforme. Vierten Grades, was ein rasches Voranschreiten der Krankheit bedeutete. Verweigerung jeglicher Therapie. „Er sagt, er will aus der Zeit, die ihm noch bleibt, das meiste herausholen“, erklärte sie mit kaum verhohlener Empörung in der Stimme. „Und was macht er dann? Stellt irgendeine Frau an, die es offensichtlich auf sein Geld abgesehen hat, und macht sich auf die Suche nach einem lange verlorenen Zweig der Familie. Ich halte das für kompletten und völligen Unsinn.“
    Ross war sich nicht sicher, worauf sie den kompletten, völligen Unsinn bezog. Auf Georges Diagnose oder seine Reaktion darauf? Auf die Suche nach seinem Bruder oder die Tatsache, dass es noch andere Bellamys auf der Welt gab?
    „Hast du von Granddads Bruder gewusst?“, fragte er. „Hat Dad es gewusst?“
    Sie winkte ab. „Pierce wusste von dem Bruder. Das war kein Geheimnis, sondern eine schlichte Tatsache. George hatte einen Bruder, und die beiden trafen sie nie und sprachen auch niemals miteinander.“
    „Und du hast nie gedacht, dass da was nicht stimmt?“
    „Es ist nicht an mir, darüber ein Urteil zu fällen. Genauso wenig ist es an dir. Ich habe immer angenommen, dass sich ihre Wege irgendwann getrennt haben. Bis zu seiner Pensionierung vor wenigen Jahren lebte dein Großvater im Ausland. Seine Söhne sind … Ach, ich weiß heutzutage ja kaum noch, wo wer wohnt. Es ist so einfach, einander aus den Augen zu verlieren.“
    „Onkel Gerard lebt in Kapstadt, Onkel Louis in Tokio und Onkel Trevor in L.A. Es ist keine höhere Mathematik, mit den Familienmitgliedern in Kontakt zu bleiben. Da muss irgendetwas anderes vorgefallen sein.“
    „Er ist ein dummer alter Mann“, sagte Winifred. „Das ist vorgefallen. Ich weiß nicht, ob sein mangelndes Urteilsvermögen von dem Krebs hervorgerufen wird oder ob er einfach dumm und alt ist. Ich hoffe, dass er auf dich hört, Ross. Du bist der Einzige, mit dem er vernünftig spricht. Im Moment agiert er aus reiner Panik heraus – fährt mit einer fremden Frau in eine fremde Stadt, wo er doch hier bei uns sein sollte“, sagte sie nachdrücklich.
    Ross verspürte einen Anflug von Mitleid. Ja, sie war egoistisch. Aber Granddad und sie hatten etwas gemeinsam: Ross und sein Großvater waren vermutlich die einzigen Menschen in der Familie, die verstanden, welche Angst Winifred vor einem weiteren Verlust hatte – und es ging ihr dabei nichtnur ums Geld.
    Einmal im Jahr, an Pierce’ Todestag, ging Winifred auf den Veteranenfriedhof in Farmingdale auf Long Island. Dort weinte sie, während sie einen Kranz an den Grabstein legte, der sich außer durch den eingemeißelten Namen in nichts von den anderen unterschied, die dort in endlosen Reihen standen. Jedes Jahr wurde sie bei diesem Ritual von ihrem Schwiegervater begleitet, der dafür aus Paris oder wo immer auf der Welt er gerade tätig war, herbeigeflogen kam.
    „Er ist ein selbstsüchtiger alter Mann, so etwas seiner Familie anzutun“, wiederholte sie.
    „Oh, ich denke, das wird ihn sofort nach Hause eilen lassen“, flachste Ross.
    „Das würde ich ihm doch niemals sagen!“
    „Manchmal kann man jemandes Einstellung spüren, ohne dass der sie explizit aussprechen muss.“ Er hielt inne. Dann stellte er die Frage, die ihm auf einmal durch den Kopf ging. „Hast du Granddad jemals richtig gekannt, Mom? Hast du ihn geliebt, oder hast du die Art geliebt, wie er sich nach Dads Tod um uns gekümmert hat?“
    „Sei nicht dumm. Das ist untrennbar miteinander verbunden.“ Dann brach

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