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Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Titel: Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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und real war, als wenn sie beide etwas gemeinsam hätten.
    „Ich seh mal, was ich ausgraben kann“, versprach Natalieund machte sich dann auf zu ihrer morgendlichen Joggingrunde.
    Ross sprang schnell unter die Dusche, bevor er zu seinem Großvater hinüberging. In der Luft lag der Geruch nach Wasser, und eine leichte Brise fuhr mit ihren Fingern durch sein feuchtes Haar – ein willkommener Gegensatz zu dem Staub und den Fliegen, die ihn vor gar nicht allzu langer Zeit noch geplagt hatten. Nach diesem Einsatz gab es einiges, das er nicht mehr für selbstverständlich nehmen würde, wie zum Beispiel fließend heißes Wasser und ein angenehmes Klima.
    Georges Sommerresidenz war mehr als eine Hütte, es war ein richtiges Haus mit eigenem Steg, einer möblierten Veranda und rollstuhlgerechten Rampen. Auf der Veranda hingen Körbe mit Blumen und ein paar Futterspender für Kolibris. Ross klopfte gegen den Rahmen der Fliegengittertür. „Granddad?“, rief er. „Bist du schon auf?“
    „Guten Morgen“, erwiderte sein Großvater. „Ein herrlicher Tag, nicht wahr?“ Er war bereits angezogen und saß in der lichtdurchfluteten Essecke, vor sich auf dem Tisch die aufgeschlagene New York Times.
    In Ross stieg ein ungebetenes Gefühl auf. Sein Großvater mit der Morgenzeitung war ein so vertrauter Anblick, doch jetzt schien alles mit einer unglaublichen Wichtigkeit befrachtet zu sein. Stirb nicht, Granddad, dachte Ross. Ich will, dass du für immer lebst.
    George sah ihn ganz ruhig an. Einen verstörenden Moment hatte Ross das Gefühl, als hätte sein Großvater seine Gedanken gelesen.
    „Setz dich zu mir“, forderte George ihn auf. „Ich war gerade mit der Zeitung fertig. Und sieh nur – meine alte Kiste zum Ködermachen. Erinnerst du dich noch?“
    Wie könnte er das vergessen? Die Kiste war eine wahre Schatztruhe mit Schnüren und Spulen, kleinen Zangen und Scheren, Griffen und Haltern und allen möglichen Materialien von Hirschhaar bis zu gesprenkelten Fasanenfedern. Alleinder Anblick weckte Erinnerungen an die ferne Vergangenheit – Granddads große Hände, die Ross’ kleine Hände anleiteten, wie man die Fasern zurückstrich und einen Faden um den Haken wickelte. Fliegen zu machen war eine seltsam feine und intime Aktivität, wie dafür geschaffen, einander in Gesprächen nahe zu kommen.
    George hatte mit ihm immer über alles geredet. Nun ja, vielleicht nicht wirklich alles, dachte Ross jetzt. Da gab es zum Beispiel die kleine Tatsache seines Bruders, den er nie erwähnt hatte.
    Er wollte das Thema gerade anschneiden, als Claire Turner das Zimmer betrat. „Guten Morgen“, sagte sie mit einer neutralen, wohlklingenden Stimme. Die Stimme einer professionellen Krankenschwester – sachlich, aber trotzdem freundlich. Er konnte nicht sagen, was sie dachte oder ob sie sich überhaupt irgendwelche Gedanken über die Umarmung zwischen ihm und Natalie vorhin machte. Eigentlich ging es sie ja auch gar nichts an, trotzdem war er neugierig.
    Okay, mehr als neugierig. Sie war ihm ein Rätsel, wie sie da stand in ihren Bermudas und dem weißen T-Shirt, die Haare streng zurückgebunden, keinen Schmuck außer einer schlichten Uhr. Sie erinnerte ihn irgendwie an eine Soldatin, die versuchte, ihre Weiblichkeit zu verbergen und ihre Gedanke und Gefühle hinter einer Maske der Neutralität zu verstecken. Ironischerweise war es jedoch so, je mehr sie versuchte, ihr Aussehen herunterzuspielen, desto attraktiver wirkte sie. Allerdings befand sich Claire nicht in einem Krieg, weshalb er überlegte, wieso sie sich trotzdem so wachsam gab. Welchen Kampf hatte sie auszufechten?
    „Kann ich Ihnen einen Kaffee anbieten?“, fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf. „Danke, ich hatte vorhin schon welchen. Ich bin nur vorbeigekommen, um nach meinem Großvater zu sehen und zu hören, welche Pläne er für den Tag hat.“ Er versuchte, ihr damit höflich beizubringen, dass ihre Anwesenheit derzeit nicht vonnöten war.
    Sie schien den Hinweis zu verstehen. „Dann werde ich Sie beide mal alleine lassen.“ Sie reichte George einen kleinen Pappbecher mit verschiedenen Tabletten, die er mit Orangensaft hinunterspülte. „Kann ich Ihnen noch irgendetwas anderes bringen, George?“
    „Im Moment nicht, danke.“
    „Ich bin draußen. Klingeln Sie einfach nach mir, wenn Sie mich brauchen.“ Sie schlüpfte nach draußen und wurde sofort vom Sonnenschein verschluckt, als sie die Veranda überquerte und zum Steg hinunterging.
    George zeigte auf

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