Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens
auf meiner Liste zu helfen.“
„Die Liste ist Blödsinn. Das war doch ihre Idee“, beschuldigte Ross Claire.
„Ich hatte gehofft, dass ihr beide euch besser versteht“, sagte George. „Ihr habt euch gerade erst kennengelernt, und schon zankt ihr euch wie Frischverheiratete.“
Claire errötete. „Ross macht sich große Sorgen um Sie. Er will, dass Sie in die Stadt zurückkehren. Er möchte Sie weiteren Behandlungen unterziehen.“
Ross sah überrascht aus; ganz offensichtlich hatte er sie bisher als seinen Feind betrachtet. „Das stimmt, Granddad. Ich will, dass du kämpfst.“
„Natürlich willst du das, mein Junge. Du bist ein Kämpfer. Immer schon gewesen.“
„Die Option steht Ihnen noch offen“, sagte Claire.
„Sie wissen, was ich von dieser Option halte“, erwiderte er.
Sie nickte und verschränkte die Arme vor der Brust. „Sie können Ihre Meinung jederzeit ändern. Man wird keine Fragen stellen. Das hier ist kein Wettbewerb oder irgendein Test. Ihre Wünsche werden sofort erfüllt.“
„Ich werde meine Meinung nicht ändern.“ Er setzte sich neben Ross. „Glaubst du nicht, dass ich bei dir bleiben würde, wenn es auch nur die geringste Chance dafür gäbe?“, fragte er sanft.
Claire musste sich abwenden, als sie den Blick in Ross’ Augen sah.
George, der Gute, schaffte es jedoch, ein Lächeln zustande zu kriegen. „Nimm mich mit zum Fallschirmspringen, Ross. Ich habe mich immer gefragt, wie sich das wohl anfühlt.“
„Aber …“
„Ich weiß, es ist gefährlich, aber das ist mir egal. Wenn ich bei dem Versuch sterbe, bin ich meinem Ende nur um ein paar Wochen zuvorgekommen, richtig? Höchstens ein paar Monate. Es tut mir leid, dass ich so offen spreche, aber so denkeich nun einmal darüber.“
„Und ich soll dir dabei helfen?“, fragte Ross ungläubig.
Claire blickte ihn an. „Wir dachten, Sie könnten alles arrangieren.“
„Du hast doch eine Lizenz für Tandemsprünge“, grinste George. „Wir könnten zusammen springen.“
„Tut mir leid, aber ich brauche eine Minute, um mit der Vorstellung klarzukommen. Du willst zusammen mit mir aus einem Flugzeug springen?“
„Genau“, nickte George. „Es wäre mir eine große Ehre.“
Ross biss die Zähne aufeinander und funkelte Claire wütend an. „Ich werde darüber nachdenken. Vielleicht ein paar Telefonate führen.“
In dem Moment wusste sie, dass er es tun würde. Sein Gesicht spiegelte einen widerstrebenden, aber gleichzeitig nicht ganz unwilligen Ausdruck. „Wo wir gerade über Ihre Liste sprechen, George“, lächelte sie. „Das hier ist heute mit der Post gekommen.“ Sie reichte ihm ein Expresspaket.
Er drehte es in seinen Händen hin und her und las den Absender. „Penguin Group Publishing.“ Seine Augen strahlten. „Junge Lady, ist es das, was ich denke, was es ist?“
„Warum öffnen Sie es nicht und schauen nach?“
Seine Hand zitterte ein wenig, als er das Päckchen öffnete. Ein Buch glitt heraus. Es war in schlichten Karton gebunden und trug den Aufdruck Vorabdruck– nicht für den Handel. Das offizielle Erscheinungsdatum für dieses Buch war erst der 28. September des Jahres.
„ Sturz der Titanen von Ken Follett!“ George machte große Augen. „Das ist streng geheim, Claire! Wie zum Teufel sind Sie da rangekommen?“
„Ich habe so meine Mittel und Wege.“ Sie lächelte. Normalerweise blieb sie mit den Familien ihrer ehemaligen Patienten nicht in Kontakt, doch in diesem Fall hatte sie eine Ausnahme gemacht. Sie hatte sich um die Mutter eines Verlagsvolontärs gekümmert, und er war ihr für ihre Hilfe so dankbar gewesen,dass er ihr angeboten hatte, ihr jederzeit jedes Buch des Verlags in jedem Stadium der Produktion zur Verfügung zu stellen. Für George hatte sie den Gefallen jetzt eingefordert.
„Das werde ich sehr genießen, Claire. Vielen Dank!“ George wandte sich an Ross. „Sie ist außergewöhnlich aufmerksam.“
„Hm.“ Ross wollte ganz offensichtlich nichts über ihre aufmerksame Seite hören. „Lass uns noch ein bisschen mehr über deine Liste sprechen, Granddad.“
George tippte sich auf die Brusttasche. „Der Hauptgrund, warum ich hier bin, ist, weil ich mich mit meinem Bruder versöhnen will, falls das möglich ist. Ich muss sehen, ob nach fünfundfünfzig Jahren Schweigen noch was da ist.“
„Bei allem Respekt – aber warum hast du ihn noch nicht angerufen?“, wollte Ross wissen.
George lächelte. „Ich gebe zu, ich zögere, das Leben anderer
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