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Sommer unter dem Maulbeerbaum

Titel: Sommer unter dem Maulbeerbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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er bei Bailey an Boden verlor. Was er nicht wusste, war, wie er ihr begreiflich machen sollte, dass sie ihm trauen konnte, dass er keines ihrer Geheimnisse verraten oder untergraben würde, was immer sie mit ihrem Leben anstellen wollte.
    Leise ging er durchs Zimmer und berührte leicht ihr Haar. Er hätte gern einen Annäherungsversuch gemacht, hätte sie jetzt gern geliebt. Doch so, wie sie sich in der letzten Zeit fühlte, war er sicher, sie würde ihn zurückweisen. Und er glaubte nicht, dass sein Stolz das ertragen könnte.
    Behutsam beugte er sich hinunter und nahm sie in seine Arme. »Sch«, beruhigte er sie, als sie Anstalten machte aufzuwachen. »Ich bin’s nur.«
    Sie schmiegte sich an seine Brust und schlief  wieder ein. Doch als er sie ins Bett brachte, wachte sie auf. »Ich hab heute etwas angestellt«, sagte sie.
    »Ach, und was war das?« Er setzte sich auf den Bettrand und strich ihr das Haar aus der Stirn.
    »Ich habe Rodney Yates aufgesucht.«
    Er hielt inne. »Du hättest mir sagen sollen, dass du ihn treffen wolltest. Dann wäre ich mit dir gekommen.«
    Sie gähnte herzhaft. »Hmm. Tut mir Leid. Ich hätte es dir erzählen sollen. Er ist irgendwie verrückt.«
    »Und zwar ganz gehörig. Schlaf jetzt. Du kannst mir morgen früh alles erzählen.«
    Als er schon an der Tür war, sagte sie: »Matt?«
    »Ja?«
    »Ich hab eins von Rodneys Kindern mit nach Hause gebracht. Nur für eine Weile. Ist das in Ordnung?«
    »Es ist dein Haus«, erwiderte er, doch als sie mehr sagen wollte, lächelte er. »Natürlich ist es in Ordnung. Ich finde, es wird sowieso Zeit, dass mal jemand etwas wegen dieser Kinder unternimmt. Vielleicht können wir ja Pflegefamilien für sie finden. Wir beide. Das ist etwas, das wir gemeinsam in Angriff nehmen können.«
    »Ja«, sagte sie leise, und ihre Augen fielen wieder zu. »Gemeinsam. Wir drei.«
    Der Gedanke an ihn und Bailey und ein Kind ließ Matt schmunzeln, und als er die Schlafzimmertür schloss, dachte er bei sich, dass vielleicht doch noch alles gut ausgehen würde.
    Als Matt am nächsten Morgen aufwachte, glaubte er, er hätte einen Albtraum. Es war, als wäre er in Patsys Haus zurückversetzt worden. Das Badezimmer glich einem Schweinestall. Nasse Handtücher lagen überall verstreut herum. Der Wannenrand wies fettige graue Spuren von Schaum auf. Im Waschbecken lagen Haare, der Spiegel war mit etwas besprenkelt, das aussah wie Rasiercreme oder Zahnpasta.
    Beim Verlassen des Bades stolperte er im Flur beinahe über eine Kiste. Argwöhnisch forschte er genauer nach und stellte fest, dass alle seine Umzugskartons, mindestens fünfzig an der Zahl, aus dem
    Gästezimmer in sein Arbeitszimmer auf dem Dachboden gebracht worden waren. Er konnte nicht mehr zu seinem Computer und zu seinem Reißbrett Vordringen.
    Wieder unten riss er die Tür zum Gästezimmer auf und sah, dass alle seine Sachen vollständig ausgeräumt worden waren und dass nur noch das Bett übrig war, und ... nun ja, die Möbel, die Bailey ursprünglich hineingestellt hatte.
    Reg dich ab, beschwor er sich. Sie hat dir doch gesagt, dass sie eins von Rodneys Kindern mit nach Hause gebracht hat. Du kannst von einem Kind, das unter solchen Umständen aufgewachsen ist, nicht erwarten, dass es das Bad sauber hinterlässt. Das arme Kind hat vermutlich noch nie eine Toilette im Haus gesehen.
    Dennoch tat es weh zu sehen, dass alle seine Sachen hinausgeworfen und anderswo hingestellt worden waren, so als wohne er gar nicht mehr hier.
    In der Küche öffnete Matt den Topf, in dem Bailey selbst gemachtes Müsli aufbewahrte, und stellte fest, dass er leer war. Er sah in den Backofen. Kein leckeres Omelett wartete auf ihn. Tatsächlich waren, als er im Kühlschrank nachschaute, nicht einmal Eier da. Und auch keine Milch.
    Bailey kam in die Küche. Sie sah besser aus, als er sie je gesehen hatte. In ihren Augen lag ein Strahlen, das er noch nie dort entdeckt hatte.
    »Guten Morgen!«, sagte sie fröhlich. »Du bist gestern Abend aber spät nach Hause gekommen.«
    »Ja, ich ...«
    »Ich hab’s in die Wäsche geworfen«, rief sie über ihre Schulter hinweg und schnitt Matt damit das Wort ab. Sie drehte sich wieder zu ihm um. »Oh, tut mir Leid. Alex hat sein Hemd gesucht, und ich habe ihm
    erklärt ... Aber du hast ja gehört, was ich gesagt habe. Alles in Ordnung? Brauchst du irgendwas?«
    Matt warf ihr ein hilfloses Kleiner-Junge-Lächeln zu, bei dem schon so manche Frau weiche Knie bekommen hatte.

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