Sommer unter dem Maulbeerbaum
erwartungsvolle Janice in ihrem Mercedes vorgefahren und hatte Arleen abgeholt, zusammen mit so viel von ihrem Gepäck, wie sie ins Auto bekamen.
Nachdem Arleen aufgetaucht war und Carol sie vom Fleck weg für ihren Werbespot engagiert hatte, gab es keine Möglichkeit mehr, das Treiben der Frauen geheim zu halten. Doch inzwischen waren sie bereits so intensiv damit beschäftigt, das Geschäft in Gang zu bringen, dass sie sowieso keine Zeit hatten, auf irgendetwas zu hören, mit dem ein Mann ihnen ihr Vorhaben hätte ausreden wollen.
Die Frauen verbrachten einige Abende miteinander und rechneten zusammen, wie viel Geld sie zu-sammen bekommen konnten. Patsy veranstaltete einen riesigen Flohmarkt, und Arleen verkaufte zwei Ballkleider aus Paris an ein Geschäft in Richmond. Jede der Frauen tat, was sie konnte, um etwas zum gemeinsamen Bankkonto beizutragen. Dann machten sie sich mit klopfendem Herzen bereit für eine Offerte auf eine Fabrik in Ridgeway. Doch noch bevor das Angebot zu Papier gebracht worden war, machte der Makler ihnen die erstaunliche Mitteilung, der Besitzer habe den Preis um ein Drittel gesenkt. Bailey war sicher, dass dieser neue Preis etwas mit einem Treffen zwischen Violet und dem Eigentümer zu tun hatte, doch sie fragte lieber nicht nach Einzelheiten.
Janice hatte alle Hände voll damit zu tun, die Buchführung vorzubereiten, Lizenzen einzuholen und die Maßregeln für das Führen einer Lebensmittelfabrik zu ergründen.
»Für eine Frau von Adel weiß Arleen aber gut darüber Bescheid, wie man mit Geld umgeht«, sagte Janice anerkennend. »Sie kann besser im Kopf addieren und subtrahieren als eine Rechenmaschine. Und Junge! Sie kann vielleicht handeln! So etwas hab ich noch nie erlebt. Sie hat den Dekorateur dazu gebracht, in meinem Esszimmer Seidenvorhänge für die Hälfte des Preises aufzuhängen, den man mir für Baumwollvorhänge genannt hat. Und ich weiß nicht, wo sie diese Läufer herhat, aber ...« Janice hob erstaunt die Hände. »Und was sie alles zu meiner Schwiegermutter sagt, muss man wirklich hören, bevor man’s glaubt. Ich dachte schon, die alte Hexe würde zu Scott rennen und ihm sagen, Mylady müsse gehen, aber sie schluckt alles. Je schlimmer Arleen sie behandelt, desto mehr ist meine Schwiegermutter bemüht, es ihr recht zu machen.«
Patsy verbrachte eine wunderbare Zeit damit, all die Frauen einzustellen, die vor Jahren schon einmal für sie gearbeitet hatten, Frauen, die sie hatte entlassen müssen, weil die Fabrik geschlossen worden war. Und sie war begeistert, dass sie jetzt einen Grund hatte, ihrem Mann und ihren Söhnen das meiste der Hausarbeit zu übertragen. »Wie in alten Zeiten«, sagte sie verträumt, »als ich noch einen Job hatte.«
Bei einem ihrer Zusammenkünfte in Baileys Haus zum Rezeptekosten sprachen sie davon, eine Broschüre zu entwerfen, die sie an kleinere Supermärkte und Großhändler schicken könnten. Doch hier waren sie mit ihrem Latein am Ende. Keine der sechs Frauen war künstlerisch begabt oder verstand etwas von Computerdesign und vom Erstellen von Websites.
»Weißt du, wen ihr anwerben solltet?«, fragte Alex eines Morgens beim Frühstück. »Carla.«
Bailey musste erst überlegen, wo sie den Namen schon einmal gehört hatte.
»Opals Tochter«, klärte Matt sie auf.
»Du meinst das Mädchen mit den bunt gefärbten Haaren und den Piercings?«
»Siehst du?«, sagte Alex. »Daran kannst du schon erkennen, dass sie eine Künstlerin ist.«
»Eigentlich ...«, begann Bailey.
Matt sah sie an. »Wenn du Carla da mit einbeziehst, wird ihre Mutter dahinterkommen, und Opal ist die größte Klatschbase in Calburn.«
»Ist schon in Ordnung«, meinte Bailey. »Die Einzigen, vor denen wir es geheim halten wollten, wart ihr drei Männer.«
Sie hatte die Absicht gehabt, Matt zum Lachen zu bringen, doch stattdessen sah sie, wie er rot wurde. »Ich bin nicht dein Feind«, sagte er, dann stand er vom Tisch auf.
Am nächsten Tag bat Alex Carla in der Schule, mit ihm nach Hause zu Bailey zu kommen, und es amüsierte Bailey zu beobachten, dass Alex nicht aufhören konnte, das Mädchen anzusehen. Bailey hatte befürchtet, Carla würde so missmutig sein, wie sie es im Salon ihrer Mutter gewesen war, doch dem war nicht so. Sie war mit Begeisterung bei der Sache und hatte einige gute Ideen. Und sie schien alles darüber zu wissen, wie man eine Website einrichtet. In Windeseile hatte sie eine hübsche Broschüre zusammengestellt und dann Alex sowie
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