Sommer unter dem Maulbeerbaum
alles, was er sah, war ein alter Baum, der dringend hätte beschnitten - oder, besser noch, gefällt werden müssen. »Ich weiß«, erwiderte er. »Es ist ein scheußliches altes Ding. Aber Sie müssen ihn sich ja nicht ansehen.« Er legte ihr die Hand auf den Arm, um sie wegzuziehen.
»Es ist ein Maulbeerbaum«, sagte sie leise, und ihre Stimme klang beinahe ehrfürchtig. »Und er ist sehr alt. Es ist ein Schwarzer Maulbeerbaum.«
»Wie schön«, sagte Phillip und zog heftiger an ihrem Arm.
Bailey lächelte. »Die Chinesen haben James den Ersten reingelegt.«
Zuerst dachte er, sie meine James Manville, doch dann erkannte er, dass sie von dem englischen König sprach, dem unfähigen Nachfolger Elisabeths der Ersten. Was hatte ein englischer König mit einer heruntergekommenen Farm in Virginia zu tun?
Sie sprach weiter. »James beschloss, in England
Maulbeerbäume zu pflanzen, damit er Seidenraupen züchten und in seinem Land eine Seidenindustrie aufbauen konnte. Seidenraupen ernähren sich von Maulbeerblättern, wissen Sie. Also importierte James Abertausende von Maulbeerbäumen aus China. Allerdings ...«, sie brach ab und lächelte, während sie ein Blatt des großen Baumes berührte, »... die Chinesen haben ihn ausgetrickst. Sie schickten dem englischen König Bäume, an denen schwarze Maulbeeren wuchsen statt weiße. Die Beeren des Schwarzen Maulbeerbaumes eignen sich wunderbar zum Essen, aber Seidenraupen rühren seine Blätter nicht an.«
Phillip sah auf die Uhr. Es war zwei Uhr nachmittags. Drei Stunden bis zum Flugplatz, und sein Flug ging um sechs. Natürlich musste er noch einen Platz für Bailey buchen. »Hören Sie, warum erzählen Sie mir nicht mehr über Maulbeerbäume und die englischen Könige auf dem Weg zurück zum Flughafen? Sie können ...«
»Ich gehe hier nicht wieder weg«, sagte sie.
Jetzt war Phillip so weit, dass er am liebsten in Tränen ausgebrochen wäre. Warum mussten alle Frauen nur immer so voller Widerspruchsgeist sein? »Bailey«, sagte er entschieden, »Sie haben sich das Haus noch nicht näher angesehen! Es steht kurz vor dem Einsturz. Die Tür fiel aus dem Rahmen, als ich sie öffnen wollte. Sie können doch unmöglich hier die Nacht verbringen. Der Kasten ist völlig verdreckt! Er ist ...«
»Was ist das?«, fragte sie.
Zum Gepolter eines großen Lastwagens auf der selten genutzten Kiesstraße vor dem Haus begann Phillip zu intonieren: »Nein, nein, nein, nein«, noch während Bailey über zwei Äste sprang und den überwucherten Pfad hinunterrannte.
Die Möbel waren gekommen.
3. KAPITEL
Einen Augenblick lang standen die beiden stämmigen Möbelpacker hinter Bailey und blickten über die umgekippte Tür hinweg ins Haus. Durch eine zerbrochene Fensterscheibe wehte eine Brise hinein, und die Spinnweben tanzten im Staub umher.
»Noch nicht ganz bereit für uns, wie?«, bemerkte einer der Packer in die Stille hinein.
»Es ist etwas schief gelaufen«, sagte Phillip hinter ihnen. »Wir schicken die Möbel zurück.«
»Ich kann das Zeug nicht zurücknehmen«, erklärte der Packer neben Bailey. »Hören Sie, Mister, das ist mein Laster, aber es sind nicht meine Möbel. Die Firma hat mich dafür bezahlt, dass ich sie eine Strecke weit transportiere. Wenn ich sie wieder mit in den Norden bringe, werden die mir erzählen, ich müsste die Kosten übernehmen.«
»Ich zahle Ihnen, was immer ...«, begann Phillip, doch Bailey unterbrach ihn.
»Es wird nichts zurückgeschickt. Die Möbel kommen ins Haus, sobald ich es ...«
»In Stand gesetzt habe?«, fragte einer der Möbelpacker mit hochgezogenen Brauen.
»Vielleicht sollte ich den Wagen rückwärts ins Haus setzen«, schlug der zweite Mann hinter ihm vor. »Sieht aus, als wäre nur ein kleiner Schubs nötig, um es umzuwerfen.«
Der erste, größere und kräftigere Mann, dem der Lastwagen gehörte, runzelte die Stirn, während er auf Bailey hinuntersah. Er war ungefähr doppelt so groß wie sie, und kleine Dinge hatten immer schon seinen Beschützerinstinkt geweckt. »Vielleicht gibt es ja noch eine andere Stelle, an der wir abladen können, bis Sie das Haus in Ordnung gebracht haben. Haben Sie vielleicht Freunde mit einer großen Garage?«
Bailey biss sich auf die Unterlippe und schüttelte verneinend den Kopf. Keine Freunde, dachte sie und wagte es nicht, Phillip in die Augen zu sehen. Ihr war bewusst, dass er darauf wartete, dass sie »zur Besinnung« kam, diese typisch männliche Phrase, die besagte, sie solle
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