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Sommer unter dem Maulbeerbaum

Titel: Sommer unter dem Maulbeerbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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er nicht. Lassen wir ihr ihre träumerischen Vorstellungen von ihrem verstorbenen Mann, dachte er bei sich.
    Lillian - Bailey, korrigierte er sich erneut - war um das Haus herumgegangen, um sich die Rückseite anzusehen. Der Privatdetektiv, den Phillip engagiert hatte, hatte das ganze Grundstück fotografiert. Daher wusste er, dass es hinten noch wüster aussah als vorne, und ihm graute vor ihrer Reaktion. Mit dem Schlüssel, den James ihm ausgehändigt hatte, als er die Übertragungsurkunde Unterzeichnete, öffnete Phillip die Haustür.
    Die Tür fiel aus ihren rostigen Angeln und krachte auf den Boden, wobei sie einen der Pfosten mit sich riss. Verdutzt drehte sich Phillip um und sah den Mann an, der hinter ihm stand, die Arme voller Koffer. Phillip wandte sich wieder zurück, trat auf die umgestürzte Tür und ging ins Haus.
    Es sah entsetzlich aus. Dicke, staubige Spinnweben hingen von der Decke bis auf den Fußboden herab. Er konnte hören, wie irgendwelches Getier - Mäuse, Ratten und was es sonst noch so auf dem Land geben mochte - unter den Dielenbrettern umhertrippelte. Das Sonnenlicht, das durch die schmutzigen Fenster hereinschien, machte den Jahre alten Staub sichtbar, den sie durch ihr Eintreten aufgewirbelt hatten.
    »Bringen Sie das Gepäck wieder zum Wagen«, rief Phillip über die Schulter dem Mann hinter ihm zu. »Hier bleibt sie nicht.« Er wartete, bis der Mann gegangen war, dann drehte er sich um und stürzte hinaus an die frische Luft. Bis zu diesem Augenblick hatte er James Manville niemals für böse gehalten. Seiner Frau dieses Drecksloch zu hinterlassen und zu erwarten, dass sie dort lebte, zeugte entweder von Schwachsinn oder von Schlechtigkeit. Da er sicher wusste, dass James nicht verrückt war, blieb nur noch ...
    Die Lippen vor Wut fest zusammengepresst machte sich Phillip zur Rückseite des Hauses auf, um Bailey zu suchen.
    Die Fotos hatten nichts beschönigt: Hinten sah es tatsächlich noch schlimmer aus als vorne. Meterhohe Bäume, Ranken voller giftig aussehender Dornen, baumhohe Sträucher und Unkraut rangen miteinander um Platz und Licht. Der Wirrwarr von Pflanzen um ihn herum ließ Phillip erschaudern. Zu seiner Rechten waren Steine in die Erde eingelassen für einen schmalen Pfad durch mannshohes Gestrüpp. Die vielen Bienen, die um ihn herumschwirrten, veranlassten ihn, seine Schritte zu beschleunigen. »Lillian?«, rief er, dann hielt er abrupt inne. Ganz der Anwalt schaute er sich um, ob jemand gehörte hatte, wie er sie bei ihrem früheren Namen nannte. Doch als er das Gewirr aus Unkraut betrachtete, war ihm klar, dass sich eine ganze Armee nur einen halben Meter entfernt verstecken könnte, und er würde es nicht merken. »Bailey?«, rief er lauter, während er seine Schritte erneut beschleunigte. Immer noch keine Antwort.
    Mit einem Schlag kamen ihm alle Schrecken des Landlebens in den Sinn: Schlangen, tollwütige Stinktiere, Rotwild, das einen zu Tode trampeln konnte. Gab es in diesen Bergen Wölfe? Was war mit Wildkatzen, die sich hoch oben auf Bäumen versteckten und sich dann auf Menschen stürzten? Was ... war mit ...
    Wäre ihre Jacke nicht rosafarben gewesen, er hätte sie nie gefunden. Sie hatte sich im höchsten, hässlichsten Baum verfangen, den er je gesehen hatte, und alles, was er erspähen konnte, waren ihre Beine, die in Jeans steckten, und ein Stück eines rosafarbenen Ärmels. O Gott, dachte er, sie hat sich aufgehängt. Voller Verzweiflung über James und diesen grässlichen Ort hat sie es irgendwie fertig gebracht, Selbstmord zu begehen.
    Mit pochendem Herzen rannte er auf den Baum zu, duckte sich unter zwei niedrigen Ästen, und dann sah er sie. Sie war am Leben und schaute verzückt nach oben, als hätte sie eine himmlische Vision. Es ist schlimmer als Selbstmord - sie hat den Verstand verloren, schoss es ihm durch den Kopf.
    »Bailey?«, flüsterte er, und als sie nicht reagierte, sagte er: »Lillian?« Sie blickte einfach nur weiter nach oben. Langsam und vorsichtig trat er auf sie zu
    - gleichzeitig inspizierte er den Boden. Sollte man nicht still stehen bleiben, wenn man eine Klapperschlange sah? War eine giftige Schlange der Grund dafür, dass sie sich nicht bewegte?
    »Bailey«, wiederholte er leise, als er näher kam. »Wir können jetzt gehen. Sie müssen nicht hier bleiben. Wenn Sie irgendwo ein kleines Häuschen haben möchten, dann kaufe ich Ihnen eines. Ich werde ...«
    »Wissen Sie, was das ist?«, flüsterte sie.
    Er schaute hinauf, doch

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