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Sommer unter dem Maulbeerbaum

Titel: Sommer unter dem Maulbeerbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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für sich, nur die beiden, keine Gäste, keine Dienerschaft, und ...«
    Er schloss für einen Moment die Augen und dachte zurück. Es war eins von James’ Multimillionendollarhäusern gewesen, »nur Glas und Stahl«, wie Lillian es ausgedrückt hatte. Die Stimmen waren aus einem Zimmer gedrungen, das Phillip nie zuvor gesehen hatte. Es lag neben der Küche, und da die Tür offen stand, sah er hinein. Ein wallender Vorhang, den irgendein Designer arrangiert hatte, verbarg ihn. Er war sich bewusst, dass er den Voyeur spielte, doch er konnte sich nicht fortbewegen, während er die Szene betrachtete.
    Lillian, in Jeans und Sweatshirt und nicht in den
    Designerklamotten, in denen er sie sonst immer gesehen hatte, servierte James sein Abendessen. Sie befanden sich in einem kleinen Wohnzimmer mit einem winzigen runden Tisch am einen Ende. Dem äußeren Anschein nach hatte kein Designer Hand an dieses Zimmer gelegt. Das Sofa war mit rosafarbenem Chintz bezogen, daneben stand ein Sessel mit Karomuster. Der Tisch war aus Kiefernholz und völlig verkratzt. Die beiden dazugehörigen Stühle sahen aus, als wären sie auf einem Trödelmarkt erstanden worden.
    Keines der Möbelstücke hatte dieses sterile Aussehen, das nur Designer fertig bringen. Im ganzen Raum war nichts »hingestellt«. Stattdessen sah er aus wie die Hälfte aller Wohnzimmer in Amerika, und das Paar in diesem Zimmer sah aus, wie andere amerikanische Paare gerne sein wollten. Während Lillian James’ Teller mit dem Essen füllte, das auf der Anrichte zurechtgestellt war, redete James ununterbrochen. Und Lillian hörte aufmerksam zu. Als sie sich umdrehte und den Teller vor ihn hinstellte, lachte sie über etwas, das er gerade sagte. Und in diesem Moment erschien sie Phillip wunderschön. Sie war nicht einfach nur das mollige Frauchen des Milliardärs, das nie etwas zu sagen wusste, sondern eine wirkliche Schönheit. Als sie sich selbst etwas auf den Teller gab, begann sie zu reden, und Phillip war erstaunt zu sehen, dass James ihr mit einer Intensität zuhörte, die er noch nie zuvor an ihm erlebt hatte. James nickte, während sie sprach, und Phillip konnte erkennen, dass er sie um ihre Meinung zu einer Sache gebeten hatte und sie ihm Antwort gab. Partnerschaft , das war das Wort, das ihm dazu in den Sinn kam.
    Auf Zehenspitzen und ohne die benötigte Unterschrift war Phillip davongeschlichen. Wie oft hatte er die Leute im Lauf der Zeit sagen hören: »Warum schickt Manville dieses Dickerchen nicht in die Wüste und nimmt sich eine Frau, die keine Angst vor ihrem eigenen Schatten hat?« Doch ganz offensichtlich wusste James, wie bei allen anderen Dingen, ganz genau, was er tat.
    Als Phillip an diesem Tag zu seinem Auto zurückgegangen war, dachte er darüber nach, dass er in all den Jahren, in denen er James kannte, niemals neidisch auf ihn gewesen war. Dank James besaß Phillip so viel Geld, wie er wollte, daher beneidete er James nicht um seine Milliarden. Doch Phillip wurde klar, dass ihn, als er diese Szene betrachtet hatte, eine Welle der Eifersucht überkommen war. Seit dem ersten Jahr ihrer Ehe hatte Carol ihn nicht so angesehen oder ihm so zugehört.
    Phillip hatte auf das Dokument mit der fehlenden Unterschrift geblickt und war froh gewesen, dass er sich nicht zu erkennen gegeben hatte. Es war besser, wenn James nicht wusste, dass seine intimen Augenblicke mit Lillian beobachtet worden waren.
    »Ja«, sagte Phillip zu Carol. »Ich habe sie schon glücklich gesehen.«
    »Ach ja«, erwiderte Carol voller Neugier. »Wann war das denn?«
    James mochte zwar tot sein, doch Phillip konnte sich dennoch nicht überwinden, Verrat an seinem Freund zu begehen, indem er weitererzählte, was er gesehen hatte. Die Erinnerung verwirrte ihn allerdings. Wenn James seine Frau so sehr geliebt hatte, warum hatte er ihr dann nicht genug Geld hinterlassen, dass sie sich vor der Presse schützen konnte? »Du willst mir doch etwas sagen«, wandte er sich wieder an seine Frau. »Warum spuckst du es dann nicht aus?«
    »Auf dem Weg zu James’ Beerdigung hat Lillian mich gefragt, ob ich das Farmhaus gesehen hätte, das James ihr vermacht hat.«
    »Und?«, fragte Phillip. »Was soll das bedeuten? Es ist furchtbar. Die Gegend ist wunderschön, aber das Haus sollte man abreißen, und nur ein Bulldozer könnte aus dem verwilderten Garten noch etwas machen.«
    »Hm«, machte Carol und klappte ihre Zeitschrift zu. »Niemand kann so viel Geld verdienen wie James, ohne strategisches

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