Sommer wie Winter
Sölden gebracht, wo er sie vergrub. Von der Frau wurde bisher angenommen, dass sie ausgewandert
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sei. Die Angaben von Manuela W. und Alexander S. werden von der Kriminalpolizei überprüft. Auf dem Besitz der Familie W. in Sölden wird nun nach der Leiche der Frau gesucht, bisher ohne Ergebnisse.
Außerdem kündigt sich mit dem Hotel Winterhof eine der spektakulärsten Hotelpleiten der letzten Jahre in Tirol an, es ist mit 155 Millionen Schilling die größte Insolvenz eines Hotels seit drei Jahren. Der Alleinbesitzer des Hotels ist der abgängige Anton W. Er hat im letzten halben Jahr an die zehn Millionen Schilling von den Geschäftskonten abgezweigt und das Insolvenzverfahren hinausgezögert. Spätestens im April wird es zu einer Anklage des Verantwortlichen kommen.
Die Familie des Flüchtigen wird von einem Psychologenteam betreut.
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Therapiegespräch im Februar 1990
Dr. Z. und Alexander Sommer
Wieso ich nicht sofort vom Krankenhaus aus nach Innsbruck gezogen bin?
Weil ich dabei sein wollte, wenn sie meine Mutter finden, deswegen!
Die Polizei hat dann in der ersten Jännerwoche angefangen auf dem Hof zu suchen, jeden Millimeter haben sie abgesucht, aber sie haben nichts gefunden. Nichts. Ich habe auch selber immer wieder gesucht. Aber man kann ja nicht jeden Quadratmeter auf jeder Wiese und im Wald aufgraben.
Die Mutter hat uns so angefeindet, besonders die Manu, weil sie im Krankenhaus der Polizei alles gesagt hat, was der Vater im Auto erzählt hat. Ich bin ja auf der Intensivstation gelegen und habe mich an nichts erinnert.
Die Manu und ich sind immer wieder von verschiedenen Kripobeamten befragt worden, sie haben wissen wollen, ob wir uns in Widersprüche verstricken. In Widersprüche verstricken, ja, so haben sie das genannt. Je mehr Tage vergangen sind, umso weniger haben sie geglaubt, was wir ihnen erzählt haben. Auch die Mutter ist befragt worden, ob sie noch eine Baustelle weiß, die es am Hof im Mai
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73 gegeben hat, oder ob sie sich an eine frisch aufgegrabene Stelle erinnert. Sie hat sich natürlich an nichts erinnert.
Sie haben die Suche eingestellt.
Und dann eines Nachts ist die Manu zu mir ins Zimmer gekommen und hat sich auf mein Bett gesetzt. Das ist vor zwei Wochen gewesen. Sie hat gesagt: Alexander, ich glaube, ich weiß, wo die Leiche deiner Mutter ist! Was?, habe ich gesagt. Ich bin ganz verschlafen gewesen.
Sie hat gesagt: Weißt du noch, wie wir damals auf der Alm da im Wald gegraben haben, da, wo der Vater immer die toten Kühe vergraben hat? Weißt du noch, wie er so total wild deswegen gewesen ist? Das ist das perfekte Versteck, da hat er sie begraben in der Nacht, ich bin mir sicher!
Am nächsten Tag beim Frühstück hat sie die Anna gefragt, ob sie noch weiß, wann ihre Lieblingskuh Ludmilla gestorben ist. Die hat eine Weile rumüberlegt und dann gesagt: Ich bin acht gewesen und es ist Frühling gewesen. Sie hat in ihrem Tagebuch nachgeschaut und hat dann zu uns gesagt: Das ist am 21. Mai 73 gewesen. Bingo, hat die Manu gesagt.
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Therapiegespräch im Februar 1990
Dr. Z. und Alexander Sommer
Ja, gestern ist die Erde genug aufgetaut gewesen. Es ist endlich vorbei.
Mich und die Manu hat der Angermair weggeführt, er hat gesagt, dass es kein schöner Anblick ist. Ich wollte sie unbedingt sehen, aber er hat gesagt, ich soll sie so in Erinnerung behalten, wie sie auf dem Foto von der Frau Kofler aussieht.
Aber ganz vorbei ist es noch nicht. Sie haben sie nach Innsbruck gebracht, und dort wird in der Gerichtsmedizin eine Obduktion gemacht. Dann werde ich wissen, ob der Vater im Auto die Wahrheit gesagt hat.
Doch, das ist wichtig für mich.
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Therapiegespräch im April 1990
Dr. B. und Manuela Winter
Sie haben Schweigepflicht, oder? Ich will wissen, ob Sie Schweigepflicht haben, verdammt noch mal! Sie dürfen nichts der Polizei sagen von dem, was ich Ihnen da sage!
Nein, mir geht’s überhaupt nicht gut! Scheiße, ich muss es wem erzählen, sonst halte ich es nicht mehr aus! Ich renne nur noch mit Magenweh rum. Ich kann nicht mehr schlafen.
Ich habe der Polizei nicht ganz die Wahrheit gesagt. Ich bin kurz bewusstlos gewesen. Wie ich aufgewacht bin, ist der Vater schon weg gewesen. So habe ich das gesagt. Aber es hat nicht gestimmt! Der Vater ist nicht weg gewesen! Er hat mich aus dem Auto getragen. Er hat mich auf eine Decke in den Schnee gelegt. Da bin ich dann aufgewacht. Ich habe gesehen, dass er gerade den Alex aus dem Auto ziehen wollte. Dass
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