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Sommerfalle

Sommerfalle

Titel: Sommerfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Chapoton
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ihn kaum eines Blickes. An seinem Auto angekommen, ließ er ihre Beine sanft auf den Boden hinunter und öffnete die unverschlossene hintere Tür. Er schob sie auf den Rücksitz und deckte sie mit einem Laken zu. Danach ging er zurück in das Einkaufszentrum. Er konnte es kaum fassen, dass es ihm bis hierher gelungen war. Er holte die Tüte mit seinem Sweatshirt und ließ sie lässig an seiner Hand baumeln, während er die Flure entlang lief.
    Edward steuerte auf den Spielzeugladen zu und kaufte die große Puppe, die im Schaufenster neben einem lebensgroßen Darth Vader stand. Edward hatte keine Ahnung, welche Filmheldin die dunkelhaarige Frau in einem engen Gewand darstellte, aber das interessierte ihn auch nicht. Sie war jedenfalls beinahe so groß wie ein echter Mensch. »Sie brauchen sie nicht einzupacken, vielen Dank.« Quer vor sich trug er jetzt die Puppe aus der Mall, so selbstbewusst an den Überwachungskameras vorbei wie zuvor Rebecca.
    Falls ihn nun Polizisten anhielten, würden sie sich mit der Puppe zufrieden geben und nicht weiter den Wagen untersuchen. So war sein Plan. Die Puppe saß fast die ganze vierstündige Fahrt die I -75 hinauf auf dem Beifahrersitz. Erst dann verließ er den Expressway, um sich in einem Waldstück zu erleichtern und Rebecca erneut zu betäuben. Die Puppe warf er dort ins Gebüsch. Jetzt brauchte er sie nicht mehr.
    Er langte nach hinten in den Sack und holte Beckys Handtasche heraus. Er warf einen Blick hinein. Geldbörse, Schlüssel, Handy, Handspiegel, Taschentücher, Mädchenzeug. Er nahm das Telefon heraus und schaltete es aus, bevor er es wieder hineinstopfte. Die Tasche passte weder ins Handschuhfach noch unter den Sitz, also drehte er sich nach hinten um und schob sie zu Becky unter das Laken.
    Als Edward sein Ziel erreicht hatte, tat es ihm leid, dass er Becky mit Handschellen an das Bett fesseln musste. Aber am Ende würde alles gut werden. Er strich zart über die Perücke, bevor er sie im Kofferraum verstaute.
    Eddie nickte sich jetzt selbst aufmunternd zu. Noch immer auf der Zufahrt zu dem kleinen Holzhaus stehend: Ja, es lief gut, trotz kleinerer Pannen. Er konnte unbesorgt wegfahren, um sich was zu essen zu besorgen. Also bog er aus der Zufahrt heraus ab in Richtung Stadt.

    Mrs. Randazzo freute sich über Eddies Entwicklung. Das Gespräch mit dem Vertrauenslehrer musste tatsächlich etwas gebracht haben. Seine Tagebuchaufsätze waren inzwischen zwar weniger kunstvoll, aber sie klangen auch weniger besorgniserregend.
    Seine Freundin »B« erwähnte er gar nicht mehr, und im Frühling, als die Schüler über nichts anderes als ihre Pläne für den Abschlussball schrieben, erzählte auch er, dass er seiner neuen Freundin »R« eine wunderschöne Einladung auf Büttenpapier für den Ball geschickt habe. Sie sei von dieser romantischen Geste total begeistert gewesen. Nur für sie beide würde er eine Limousine mieten, und auch für den Tag danach habe er sich schon etwas ausgedacht. Sie würden zusammen frühstücken, den Zoo besuchen und am Abend in einem Lokal, das R bestimmen durfte, essen gehen. Die heutigen Jugendlichen, so dachte die Englischlehrerin daraufhin, hatten einfach zu viel Geld.
    Später gab Mrs. Randazzo dann gar keine Tagebucheinträge mehr als Hausaufgabe auf, sondern konzentrierte sich voll auf die Abschlussarbeiten. Sie fand es zwar schade, weil sie dadurch keine Berichte mehr über den stattgefundenen Ball zu lesen bekam. Aber sie war schon froh, vorab erfahren zu haben, dass Eddie auch bei diesem Ereignis mitmachen wollte. Sie selbst würde nicht dort sein, man hatte sie dieses Jahr nicht als Aufsicht eingeteilt. Das war ja auch wirklich eher ein Job für die jüngeren Lehrkräfte, dachte sie bei sich.

    Es war Edward ein Graus, sie ans Bett gekettet zurücklassen zu müssen, aber andererseits schlief sie und merkte nichts davon. Am Morgen würde er zu ihr zurückkommen und dann würde sie nicht mehr gefesselt sein müssen. Er zog ihr die Schuhe aus. Sein Plan war, die Schuhe mit einem Abschiedsbrief an Rebeccas Eltern zu schicken. Darin sollte stehen, dass sie beschlossen habe, mit ihrer wahren Liebe durchzubrennen. Rebecca würde ihn bestimmt selbst schreiben, wenn er ihr erst einmal seine Liebe gestanden hatte. Er griff nach ihrer Handtasche und kletterte aus dem alten Lagerraum. Die Falltür schloss er hinter sich mit einer Hand und griff mit der anderen nach dem langen Ast, den er dafür bereitgelegt hatte. Er schob ihn durch die beiden

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