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Sommerferien in Peking

Sommerferien in Peking

Titel: Sommerferien in Peking Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leela Wang
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»Aber ... ich kann jemand fragen. Das ist der Vorteil, wenn man nicht in der Wüste ist.«
    Da kommt uns ein alter Herr mit langem weißen Bart entgegen und Lao Ye spricht ihn an. Der alte Mann steht leicht über seinen Stock gebeugt da und schaut uns irritiert an. Er zeigt mit dem Arm hinter uns: »Schaut mal, Leute! Das ist doch direkt vor euren Augen!« Wir drehen uns um. Tatsächlich. Da hängt ein Schild: »Pekingenten-Restaurant« Jetzt müssen wir alle lachen.
    Das Restaurant sieht von außen wie ein ganz normales Altstadthaus aus. Das Aushängeschild ist sehr klein, deswegen hat Lao Ye es nicht gleich gesehen.
    Sind wir hier tatsächlich richtig? Doch Lao Ye zeigt auf die Türschwelle und sagt: »Schau mal hier: Dieses Restaurant hat so viele Gäste gehabt, dass die Türschwelle schon ganz abgetreten ist. Auch deine Lieblingsfernsehsendung ›National Geographic‹ war hier in dem Restaurant und hat Onkel Chen, den Besitzer, interviewt.«
    Wow, jetzt bin ich noch neugieriger geworden.
    Im Innern des Restaurants gibt es einen Innenhof: quadratisch, mit einem alten japanischen Schnürbaum in der Mitte. Um den riesigen Laubbaum herum sind acht Zimmer angeordnet. So haben früher in China Großeltern, Eltern und Kinder in einem Haus zusammengewohnt.
    Es ist überall voll. Alle Tische sind besetzt, sogar die drei Tische im Hof! Viele Gäste warten stehend vor der Küche im Hof.
    Man muss vorher reservieren, ansonsten wartet man stundenlang auf einen Tisch.
    Während Lao Ye mit einem Kellner spricht, schaue ich mich im Restaurant neugierig um. Es hängen viele Fotos an den Wänden: ausländische Botschafter, berühmte Künstler ... Einen davon habe ich sofort erkannt: meinen Lieblings-Kung-Fu-Filmstar! Ich habe im Internet gelesen, dass er einen Panda adoptiert hat – wie ich.
    Plötzlich ruft Lao Ye mir zu: »Lisa, Onkel Chen ist da!«
    Onkel Chen ist ein großer behäbiger Mann. Wenn er lacht, lachen auch seine Augen. »Aha! Bist du das Mädchen, das ein richtiges Pekingenten-Restaurant in Deutschland aufmachen möchte?«, fragt er mich mit klangvoller Stimme. Ich nicke etwas verlegen. »Gut, dann zeige ich dir, wie wir die Pekingente machen!«
    Ich kann es kaum glauben! So leicht geht das? Plötzlich fällt mir etwas ein: »Onkel Chen, wenn du mir dein großes Geheimnis verrätst, muss ich dir dafür etwas bezahlen? Ich habe nur hundert Yuan Taschengeld dabei.«
    Onkel Chen lacht schallend. »Na, du bist mir ein schlaues Mädchen! Aber weißt du, manchmal sollte man ein Geheimnis auch lüften.«
    »Aber, wenn man ein Geheimnis hat, dann darf man das doch auch für sich behalten, oder nicht?«
    Onkel Chen nickt. »Natürlich darf man das. Aber es wäre schade. Wenn zum Beispiel die Europäer uns nicht verraten hätten, wie man mit einem Ofen bäckt oder wie man grillt, würde es jetzt auch keine Pekingenten geben. Chinesisches Essen ist traditionell gebraten, gedämpft oder gekocht. Hast du jemals gebackenen Kuchen als chinesische Speise gesehen?«
    Für einen Augenblick muss ich an Mamas Keksparty zu Weihnachten denken. Und wie glücklich sie war, als sie gelernt hat, Florentiner zu backen. »Meinst du, dass die Chinesen von Europäern gelernt haben, wie man Pekingente bäckt?«
    »Ja und nein«, sagt Onkel Chen geduldig. »Wir haben Backen und Grillen von den Europäern gelernt, aber wir mussten uns auch viel selbst überlegen und Neues ausprobieren, bis die Pekingente so perfekt wurde, wie du sie heute kennst. Zum Beispiel machen wir nur ein kleines Loch am Hinterteil der Ente, durch das die Innereien entfernt werden und die gewürzte Suppe hineingefüllt wird. Vor dem Backen wird das kleine Loch mit einem Faden wieder zugenäht. Das Fleisch wird durch die Suppe im Bauch gut gewürzt und gleichzeitig gekocht. Wir pumpen auch Luft zwischen Haut und Fleisch bzw. Fett, um sie vollständig voneinander zu trennen. Wenn wir dann die Enten in den Ofen hängen und über dem Feuer grillen, wird die Haut so richtig schön knusprig und ist deshalb das Allerbeste am ganzen Gericht. Diese Kombinationvon Kochen, Backen und Grillen ist eine chinesische Erfindung.«
    Onkel Chen verrät mir gleich noch weitere Tricks: Wie man die geeigneten Enten auswählt, wie man die Haut der Enten würzt, wie lange man die Enten backen soll, wie man die Pfannkuchen und die Soße macht und und und ... Es gibt so viel zu wissen!
    Nur eines verstehe ich immer noch nicht. So frage ich Onkel Chen: »Hast du keine Angst, dass andere Leute auch

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