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Sommerfest

Sommerfest

Titel: Sommerfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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Willi Jebollek. »Wir dachten doch alle, er wär tot. Und die Rosi dachte das auch. Der scheiß Krieg und der scheiß Russe, die sind schuld.«
    »Die hätte den sowieso nicht genommen, den Furzknoten. Der geht ihr doch nur bis zum Bauchnabel.«

    »Ja, was jetzt?«, mischte sich Willy Abromeit ein. »Hätte er sie jetzt haben können oder nicht?«
    Der Einwand brachte Decker zum Nachdenken.
    »Das ist zu hoch für den!«, sagte Onkel Hermann.
    »Nee, nee«, entgegnete Decker, »die hätte den nie genommen, den Zwerg.« Er bildete mit Daumen und Zeigefinger eine Pistole. »Aber wenn man draufliegt, ist das egal, was, du Stecher?«
    Blitzschnell war Jebollek bei Decker und stieß ihn vom Hocker. Decker knallte mit dem Kopf auf den Boden und schrie und fluchte, wobei eine Menge Spucke durch die Gegend flog.
    »Ich mach dich alle, du Drecksau!«
    Bevor er sich hochrappeln konnte, stand Willy Abromeit vor ihm und hob ihn am Hemdkragen hoch.
    »Ich würde mal sagen, du hattest genug, Decker.«
    »Aber der da noch nicht, der braucht noch aufs Maul!«, rief Decker, allerdings schon etwas kleinlauter, da er nicht so besoffen war, zu glauben, er könne gegen den Masurischen Hammer irgendwas ausrichten.
    »Deinen Deckel lege ich zu den anderen, die kannst du am nächsten Ersten bezahlen. Und jetzt mach dich vom Acker!«
    Decker murmelte noch irgendwas, in dem das Wort Drecksau vorkam, aber dann wankte er auch schon nach draußen.
    Stefan sah Charlotte an. »Ich dachte, dein Oppa verhaut ihn jetzt, aber so richtig!«
    »Nee, nee«, erwiderte Charlotte. »Der hat mal gesagt, er schlägt nur zu, wenn es gar nicht anders geht.«
    Onkel Hermann und Jebollek kriegten je ein Bier und stießen miteinander an.

    »Ja, ja, die Rosi«, seufzte Onkel Hermann. »Wo genau wohnt die eigentlich?«
    »New York«, sagte Jebollek. »Brooklyn genauer gesagt. Ist ein Stadtteil. So wie bei uns Hofstede oder Riemke. Nur bisschen größer.«
    Die beiden anderen nickten. Der kannte sich aus, der Jebollek. War nicht umsonst mal Wirt gewesen.
    »New York. Brooklyn. Aber eigentlich ist die von hier. Mann, Mann, Mann!«, sagte Onkel Hermann.
    »Ich glaube, ich werde mal hinfahren«, sagte Jebollek.
    »Wer? Du?« Onkel Hermann war von den Socken.
    »Habe bisschen was gespart. In New York ist man doch heute in ein paar Stunden. Schlimmer als in Russland kann es nicht werden.«
    »Da hast du auch wieder recht«, stimmte Onkel Hermann zu.
    Dann sagten sie eine Weile nichts. Man hörte Holz knacken.
    »Ich will was anderes spielen!«, sagte Stefan zu Charlotte.
    Charlotte dachte nach. Dann rutschte sie wieder näher.
    »Komm, wir spielen Küssen!«
    »Nee, lass mal!«
    »Boah, bist du langweilig.«
    »Küssen! Wofür soll das denn gut sein?«
    »Macht Spaß!«
    »Woher weißt du das?«
    »Hab ich mal gehört.«
    Stefan wollte nicht küssen, aber auch nicht langweilig sein. »Was muss man denn da machen?«
    »Du machst die Lippen ein bisschen spitz, aber auch locker, das ist ganz wichtig.«

    »Ey, woher weißt du das alles?«
    »Ist doch jetzt egal. Also spitz, aber locker. Und die Augen zu.«
    »Wieso das denn?«
    »Muss man so machen!«
    »Also meinetwegen.«
    Stefan schloss die Augen, spitzte seine Lippen und versuchte, sie gleichzeitig locker zu lassen. Zuerst spürte er einen Luftzug, dann hatte er Charlottes Geruch in der Nase, und dann lagen ihre Lippen plötzlich auf seinen. Und blieben da eine Zeit lang.
    »Guck dir die beiden an!«, sagte Onkel Hermann und lachte.
    Er hatte sich vorher keine Gedanken darüber gemacht, wie sich das anfühlen würde, aber mit einem Erdbeben hatte er nicht gerechnet. Tatsächlich wackelte für einen Moment das ganze Haus. Die umgedrehten, noch nicht benutzten Gläser klirrten auf dem Tresen.
    Charlotte ließ von ihm ab. Stefan machte die Augen wieder auf.
    »Ist das immer so?«
    »Eigentlich nicht.«
    Jetzt merkten sie, dass auch Onkel Hermann, Willy Abromeit und Jebollek ganz nervös geworden waren, und die hatten sich bestimmt nicht geküsst. Sie sahen sich an, dann liefen sie nach draußen, Stefan und Charlotte hinterher.
    Mitten auf der Straße verlief ein mindestens fünfzig Meter langer Riss. Mann, dachte Stefan, wenn das vom Küssen kommt, muss man es verbieten. Auf der anderen Straßenseite stand der besoffene Decker und lachte. »Das kommt davon!«, brüllte er.

    »Scheiß Bergschäden«, sagte Onkel Hermann.
    »Der Janowski hatte letztes Jahr einen Tagesbruch direkt vor dem Haus«, sagte Jebollek. »Paar

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