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Sommerfest

Sommerfest

Titel: Sommerfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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Tenholt nickt langsam. »Ist das Vernünftigste«, sagt er.
    »Auf jeden Fall«, bestätigt Stefan.
    »Vernunft ist immer gut.«
    »Immer schon gewesen.«
    »Obwohl Schauspieler zu werden wahrscheinlich ziemlich unvernünftig war.«
    Jetzt nickt Stefan und denkt: Man nickt manchmal ganz schön was weg. »Meine Eltern waren auch nicht gerade begeistert.«
    Am Milchhäuschen angekommen setzen sie sich auf die weißen Plastikstühle, trinken Apfelschorle und sehen denKindern beim Fußballspielen zu. Die beiden Väter stehen am Rand der Wiese und feuern an, klären strittige Situationen oder trösten, wenn sich ein Kind verletzt.
    »Wieso hast du eigentlich Charlies Mobilnummer nicht?«, fragt Frank Tenholt.
    »Als ich wegging, hatte sie noch kein Handy. Ich dachte immer, sie hasst solche Teile.«
    »Willst du die Nummer nun haben oder nicht?«
    »Ach, wenn du sie gerade parat hast, kannst du sie mir ja mal geben.«
    »Ich schicke dir eine SMS .«
    Frank Tenholt drückt auf den Tasten seines Telefons herum, und bald darauf informiert ein kurzes, akustisches Signal Stefan darüber, dass er eine neue Nachricht hat, und das ist genau der Moment, als Toto Starek den Weg heraufkommt und Frank Tenholt ein »Was will der denn hier?« entfährt.
    Stefan unterrichtet Frank, wozu er sich hat breitschlagen lassen, und Frank Tenholt sagt nur: »Bedauernswerter Tropf.«
    »Hab mir gedacht, dass ihr hier seid«, begrüßt sie Toto Starek, baut sich vor ihnen auf, wenn man das so nennen kann bei seinen nicht mal Einssiebzig, und fügt hinzu: »Frank!«
    »Toto!«
    »Was habt ihr ein Leben! Schön in der Sonne sitzen, Cocktails schlürfen.«
    »Das ist Apfelschorle, du Hirni!«
    Hirni!, denkt Stefan. Eindeutig ein Wort, das man heute viel zu selten benutzt.
    »Abmarschbereit?«, sagt Toto zu Stefan, und der steht auf.

    »Wir sehen uns«, sagt Stefan zu Frank Tenholt. »Beim Sommerfest. Vielleicht ist ja dann auch Karin dabei, was?«
    »Wer weiß.«
    Und da grinst er sich wieder was, denkt Stefan und sagt: »Hab sie ja schon lange nicht gesehen.«
    »Ja, dann …«
    »Also …«
    Toto geht schon vor zur Straße, ohne sich von Frank Tenholt zu verabschieden, aber das scheint dem nur recht zu sein. Die Kinder machen gerade eine Trinkpause, also geht Stefan hinüber, um sich von ihnen zu verabschieden. Im Weggehen bekommt er noch mit, wie der kleinere der beiden Tenholt-Söhne sagt, das sei ein Freund von seinem Vater, der sei schon mal im Fernsehen gewesen, und wenn er sich anstrenge, würde er bald mal in einem Kinderfilm mitmachen können, was von den anderen ohne hörbare Reaktion aufgenommen wird.
    Unten auf der Straße steht ein alter weißer Kastenwagen, und als Stefan sich auf den Beifahrersitz fallen lässt, fällt ihm ein, dass er Frank Tenholt eigentlich fragen wollte, was noch gleich »Feme« ist und was eine »Femlinde« sein könnte, aber das kann er ja beim Sommerfest der Spielvereinigung nachholen, und dann fahren sie los.

[Menü]
6
     
    6 Noch während er den Kastenwagen die Bordsteinkante hinunterrollen lässt, fingert Toto Starek eine Zigarette aus dem Päckchen Marlboro, das auf dem Armaturenbrett liegt, und zündet sie sich an einem grünen Wegwerffeuerzeug an. Er inhaliert und atmet Rauch aus, ohne die Zigarette aus dem Mund zu nehmen, beide Hände am Lenkrad, und Stefan kurbelt die Scheibe auf seiner Seite herunter. Rauchverbot in Kneipen, schön und gut, nur an Kastenwagen, überhaupt an Autos, hat mal wieder keiner gedacht.
    Aber das ist ja schon immer so gewesen, denkt er. Das Einräuchern der eigenen Familie gehörte auf dem Weg in den Urlaub einfach dazu. Die Scheibe auf der Fahrerseite wurde immer nur einen Spalt geöffnet, wegen der tödlichen Geschwindigkeit, die ein Opel Kadett zu entfalten imstande ist, sodass die bläulichen Schwaden sich unter dem schon längst nicht mehr weißen »Himmel« sammelten und in die Haare und die Kleidung und die Poren eindrangen, worüber man sich als Kind aber nicht beschwerte, weil über so etwas einfach nicht diskutiert wurde, sondern es Teil der natürlichen Ordnung war. Wahrscheinlich ist Stefan deshalb bis heute Nichtraucher geblieben. Ja, er ist sogar der einzige Mensch, von dem er je gehört hat, der noch nie an einer Zigarette auch nur gezogen hat. Gezogen hat doch jeder mal, ob mit inhalieren oder ohne, einmal hat es doch jeder versucht, wenn auf Partys oder in dem alten Schuppen auf dem Bahngelände hinter den Mietskasernen, mit Diggo und Gonzo und Frank Tenholt

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