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Sommerfest

Sommerfest

Titel: Sommerfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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nicht dauerhaft mit seiner Sandkastenfreundin zusammen.

    Es war schon ein schlimmer Fehler, überhaupt mit ihr zu schlafen. Auch wenn es sich gut und richtig angefühlt hatte. So was führt doch zu nichts. Das geht irgendwann kaputt, und dann steht man da, und es ist schlimmer als eine normale Trennung. So was wie das mit Charlie macht man sich nur kaputt, wenn man da bis zum Äußersten geht. Aber kaputtgegangen ist es ja so auch irgendwie, und eigentlich ist er für dieses Wochenende zurückgekommen, um sein Elternhaus zu verkaufen, fährt aber jetzt nach Dortmund, um einen Schrank zu transportieren. Dabei wird er von einem nikotinsüchtigen Schwätzer, mit dem er dummerweise aufgewachsen ist, in ein Gespräch über Heimat und wie man die findet verwickelt, und Stefan fragt sich, was dieser Tag noch an Merkwürdigkeiten bringen wird. Gut, dass es morgen wieder nach Hause geht. Beziehungsweise nach München. Was hat München mit zu Hause zu tun! Ach, Scheiße, vielleicht sollte er doch mit dem Rauchen anfangen. Oder einfach mal die Mobilnummer ausprobieren, die Frank Tenholt ihm gegeben hat. Stefan lässt es genau dreimal klingeln, dann legt er auf.
    »Wo fahren wir da eigentlich genau hin?«, fragt er, obwohl es ihm egal ist.
    »Wird dir gefallen«, antwortet Toto Starek. »Ist richtig Heimat, also runtergekommen und versifft, und die Leute sind alle komplett wahnsinnig und kriegen kaum einen geraden Satz heraus.«
    Stefan sieht Toto von der Seite an und denkt: Der wird auf seine alten Tage also zum Ironiker.
    »Nee, ernsthaft«, macht Toto weiter, »in dem Haus hat sich letztens so ’ne Geschichte abgespielt, die kennt man sonst nur aus der Zeitung. Also, da hat einer doch tatsächlich drei Monate tot in seiner Wohnung gelegen, und keiner hat’s gemerkt.«
    »Spricht für ein enges nachbarschaftliches Verhältnis.«
    »Echt, die haben es nicht gepeilt. Es muss gestunken haben wie die Pest, aber irgendwie hat sich das nicht gegen den ganzen anderen Gestank durchsetzen können. Dann hatten die in der Wohnung drunter Maden an der Decke. Ernsthaft! Ich weiß gar nicht, wo die Viecher durchgekrochen sind, aber das hat immer noch niemandem zu denken gegeben. Auch dass plötzlich Millionen von Fliegen im Hausflur unterwegs waren, hat keinen stutzig gemacht. Weißt du, wie die ganze Sache aufgeflogen ist?«
    »Keine Ahnung, Toto. Sag’s mir einfach.«
    »Der Hausbesitzer war sauer, weil der Typ drei Monate die Miete nicht gezahlt hatte! Hätte der ’nen Dauerauftrag gehabt, würde der immer noch da liegen!«
    »Ich freue mich immer mehr, dass ich mit dir da hinfahren darf.«
    »Ja, ja, stell dich mal nicht so an, du Schauspieler. Das ist das echte Leben. Manchmal lachst du dich kaputt wegen dem Scheiß, den die da abziehen. Sieht man sonst auch nur im Fernsehen. Bei Toto und Harry oder so.«
    Endlich haben sie die Baustelle hinter sich und rollen an den Westfalenhallen vorbei. Toto biegt ein paarmal ab, dann finden sie sich in einer Gegend wieder, die laut und weit hörbar »Sanier mich!« schreit. Stefan fragt sich nicht das erste Mal, wie man jemals auf die Idee kommen konnte, solche Häuser überhaupt zu bauen beziehungsweise sie in Anthrazit oder Dunkelgrau zu streichen. Diese Häuser haben nie sauber ausgesehen, nicht mal am Tage ihrer Einweihung. Die Sanierungswellen der Achtziger- und Neunzigerjahre sind an ihnen vorübergegangen, die Fensternoch aus rissigem Holz, von dem die Farbe abblättert, und in den Regenrinnen wächst Grünzeug.
    »Nette Gegend«, sagt Stefan.
    Toto drückt seine Zigarette im überquellenden Aschenbecher aus. Die ganze Fahrt über hat er sich eine nach der anderen angezündet. »Das soll jetzt alles schöner werden hier«, sagt er. »Die Hütten werden verkauft und dann neu gemacht, und dann sieht das hier eins a aus. Vielleicht scheißen die Jungs dann mal ins Klo statt in den Garten. Nee, ist nur Spaß. So schlimm sind die nun auch nicht. Obwohl, wenn die besoffen sind, möchte ich denen nicht über den Weg laufen. Na ja, jetzt ist ja gerade Mittag, da würde ich die nicht unbedingt als fahrtüchtig bezeichnen, aber zumindest sind die noch nicht so weit, dass sie Bierpullen den Hals abbeißen.«
    Toto steigt aus, und Stefan denkt darüber nach, einfach sitzen zu bleiben und auf Toto zu warten oder sich ein Taxi zu rufen oder zu Fuß zu fliehen, aber aus der Nummer kommt er jetzt nicht mehr raus. Es mussten ja unbedingt Brötchen von Tante Änne sein, heute Morgen. Er hätte auch auf

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