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Sommerfest

Sommerfest

Titel: Sommerfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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das ein schönes Bild für euer Leben, für meins jedenfalls nicht. Hoffe ich.«
    Das will sich Frank Tenholt nicht nachsagen lassen, also gibt er Gas und biegt nach links auf die Alleestraße ein. Sie rollen die alten Krupp-Bauten entlang, hinter denen früher Stahl zu Kanonen verarbeitet wurde, Waffenschmiede des Dritten Reiches und so. Heute ist da der »Westpark« mit der Jahrhunderthalle, wo sie, wie Omma Luise mal gesagt hat, »hüppen und zappeln«, also Kultur schmieden. Außerdem kann man auf der Anhöhe dahinter super Drachen steigen lassen, und da, wo früher eine eigene Bahnlinie das Eisenerz vom Rhein-Herne-Kanal zu den Hochöfen des Bochumer Vereins gekarrt hat, fährt die ganze Familie heute Fahrrad und freut sich darüber, dass es da, wo der Oppa sich früher die Knochen kaputt malocht hat, heute so schön grün ist. Ach ja, die gute alte Zeit, denkt Stefan, als roher Fisch einfach nur roher Fisch war und keine japanische Spezialität.
    »Ich fahr jetzt erst mal Richtung Wattenscheid!«, sagt Frank.
    »Was willst du in Wattenscheid?«, mischt sich Thomas Jacobi ein.
    »Ich habe nicht gesagt, dass ich nach Wattenscheidfahre, sondern nur Richtung Wattenscheid. Mal sehen. Wir lassen uns treiben. American Graffiti, Dancing on a Saturday Night. Saturday Night’s all right for fighting! Die ganze Chose!«
    Ja, ja, die mythische Samstagnacht, denkt Stefan, Nacht der Träume für die arbeitende Klasse, besungen von Howard Carpendale bis Bruce Springsteen: Die Zeit, wo die Sehnsucht erwacht, kommt jede Samstagnacht. I take my hard earned money and meet my girl down on the block. Und weil die Sehnsucht manchmal keine Richtung hat, sondern nur in einem vor sich brennt, rollen sie jetzt ziellos Richtung Wattenscheid, aber am neuen Depot der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG biegt Frank Tenholt nach links in die Engelsburger Straße. Sie lachen und trinken und reden Unsinn und plötzlich sind sie in Eppendorf, was auch wieder Wattenscheid ist, also fahren sie einmal um den Kreisverkehr und wieder zurück, folgen dann aber nicht der abknickenden Vorfahrt auf die Engelsburger, sondern fahren geradeaus in die Schützenstraße, sind plötzlich in Weitmar, wo es noch einen Stadtteil-Stadtteil gibt, der Bärendorf heißt, aber nichts mit Bären zu tun hat, wie Stefan sich erinnert, weil er das dann doch mal gegoogelt hat, sondern mit einem alten Bauernhof namens Bevinktorp, die Details sind ihm aber entfallen, was ja irgendwie auch ganz gut ist, so was muss man sich nicht merken, dann bleibt mehr Platz für wirklich Wichtiges, was auch immer.
    Die Hattinger Straße runter, dann am Schauspielhaus links, an der Kneipenmeile vorbei, kurz auf den Ring und schon sind sie wieder auf der Alleestraße, die erste Runde Bier ist alle, Frank Tenholt rollt wieder Richtung Wattenscheid, die Gespräche kommen zum Erliegen. Diesmal fährt er gegenüber der alten Krupp-Hauptverwaltungnach rechts in die, jawohl: Wattenscheider Straße, heute führt kein Weg nach Rom, sondern alle Wege führen nach Wattenscheid. Kurz vor der Anschlussstelle Stahlhausen biegen sie auf ein braches Grundstück ein, auf dem mal eine Pommesbude gestanden hat, jetzt aber nix mehr ist, weil demnächst groß gebaut wird. Keine Kathedrale, kein Opernhaus, nicht mal ein Block Sozialwohnungen, sondern das, wovon die Gegend nicht genug bekommen kann: ein Autobahnkreuz.
    »Aussteigen und mir nach!«, befiehlt Frank.
    Alle nehmen sich eine neue Runde Bier, es ploppt und spritzt, und es wird Uääh gerufen, weil Hände, Hosen und T-Shirts was abbekommen haben. Sie gehen ein paar Schritte und stehen schließlich auf der Brücke über der Autobahn und sehen zu, wie Tische von Lastern geladen und aufgestellt werden. Alle sind sich einig, dass das eine gute Idee von Frank war und sie sich so schon mal auf morgen einstimmen können. Es ist still. Vergleichsweise. Auf der Wattenscheider Straße fahren zwar Autos vorbei, es fehlt aber das unablässige Rauschen der Autobahn.
    »Habe ich euch schon mal«, sagt der sichtlich aufgedrehte Frank Tenholt, »von dem dämlichsten Stau erzählt, den ich persönlich hier erlebt habe?«
    »Jeder Stau hier ist dämlich«, meint Thomas Jacobi.
    »Aber manche sind dämlicher als dämlich, glaub mir. Also Obacht und die Ohren gespitzt, Freunde! Es war irgendwann Anfang der Neunziger. Nach Jahrzehnten des Darbens hatte uns der Herrgott das Privatfernsehen geschenkt, und dieses beglückte uns mit hochwertiger Unterhaltung in Form von

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