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Sommerfest

Sommerfest

Titel: Sommerfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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immer so geht und gerade die Menschen, die einem nahestehen, einem die Wahrheit sagen müssen. Auf undifferenziertes Lob kann man sich nichts einbilden. Das ist wie mit Menschen, die sich einem zu willig als Liebespartner anbieten. Mühelose Verfügbarkeit verliert schnell ihren Reiz.
    Wenn Anka ihm in ihrer guten gemeinsamen Zeit genau auseinandersetzte, was sie an der Inszenierung im Allgemeinen und an Stefans Leistung im Besonderen gut und weniger gut fand, konnte das Lob fünfundneunzig Prozent ihrer Analyse ausmachen, er erinnerte sich aber nur an die fünf Prozent Kritik. Es war, als sei sie auch nur eine professionelle Kritikerin.
    Die Gespräche mit Anka konnten früher Stunden dauern, und spätestens nach zwei, drei Glas Wein gab Stefan seinen Widerstand auf und beschäftigte sich ernsthaft mit dem, was sie sagte, um am Ende festzustellen, dass sie meistens richtiglag, was ihn dann wiederum beruflich weiterbrachte und darüber hinaus ihrer Beziehung guttat und auch noch, fast überflüssig zu erwähnen, in hervorragendem Beischlaf mündete, der seinen Namen dann auch zurecht trug, weil es meist schon tief in der Nacht war und sie gleich danach erschöpft und glücklich im Arm des jeweils anderen einschliefen.
    Allmählich und schleichend änderte sich die Stimmung zwischen ihnen. Anka kam nicht mehr mit, wenn er sich mit ein, zwei Schauspielern und ein paar Jungs von der Haustechnik zum Fußballschauen verabredete. Dass sie früher oft dabeigesessen und sich auch nicht über die bisweilen deftigen Bemerkungen ereifert, sondern im Gegenteil laut darüber gelacht und dazu auch noch Bier getrunken hatte, hatte ihr viel Sympathie eingebracht. Irgendwann aber meinte sie, dass sie ohnehin lieber Wein trinke und sich mit einer Freundin treffe. Etwa ein halbes Jahr später tat sie Stefans neue Premiere mit einer Handbewegung und der Bemerkung ab, das sei wieder so ein Stück, das man auf dem Theater nicht brauche, eine aufgeblasene Nichtigkeit und noch dazu langweilig und bieder inszeniert. Stefans Frage, wie sie ihn denn gefunden habe, konterte sie mit der Bemerkung, dass er in so einem Nichts von einem Theaterstück auch nichts ausrichten könne und dass sie jetzt Hunger habe.
    Von da an ging es bergab. Natürlich fragte sich Stefan, woran es lag und ob man die ganze Sache überhaupt fortsetzen sollte, aber er hatte noch nie eine Frau verlassen, war immer nur verlassen worden, das ewige, einsame Opfer des Geschlechterkrieges. Da er wusste, dass er kein Talent für die Entschlüsselung von Zwischentönen hatte, versuchte er in nächtelangen Fragerunden herauszubekommen, was bei ihnen schieflief. So jung war er nun auch nicht mehr, dass er einfach zur nächsten Blüte weiterschweben konnte, irgendwann musste man sich doch mal entscheiden, oder nicht? Und dann überraschte ihn Anka mit der Gegenfrage, ob ihm noch nie aufgefallen sei, dass sie beide niemals, also wirklich kein einziges Mal auch nur halb so intensiv über ihre Arbeit geredet hätten wie über seine. Das stritt Stefan rundweg ab, konnte zwar keine Gegenbeispiele liefern, schrieb das aber seinem mangelhaften Gedächtnis zu. Anka schüttelte dann nur den Kopf und sagte gar nichts mehr. Was Stefan nachdenklich machte, sodass er sich in der Folgezeit besonders viel Mühe mit ihr gab. Sie nicht nur fragte, wie es ihr ging, sondern sich auch auf ihre Inszenierungen vorbereitete, die Stücke und ein paar Kommentare las, damit er hinterher mit ihr darüberreden konnte – ein Manöver, das Anka bald durchschaute und sie zunächst frustrierte, weil alles, was er sagte, in ihren Ohren so bemüht klang. Dann aber beschloss sie, das »süß« zu finden und sein Bemühen, an ihrer Beziehung zu arbeiten, anzuerkennen. Als Stefan »an unserer Beziehung zu arbeiten« hörte, hätte er beinahe laut aufgelacht, weil es ihm wie eine alte Kabarettnummer vorkam, aber er schluckte das Lachen herunter, und eine Zeit lang lief es ganz ordentlich mit ihnen. Aber es ging nicht mehr voran, sie traten auf der Stelle, standen im Beziehungsstau, viel Stopp, kein Go.
    Eigentlich wissen sie beide, dass es keinen Sinn mehr hat. Noch aber sind sie zu feige, wieder dort hinauszugehen und von vorne anzufangen, mit diesem ganzen Affentheater des Flirtens, Ausgehens und Anbahnens von Beziehungen, nur um nach dem Anbahnen ziemlich schnell in die Arbeit überzugehen.
    Das Richtige, denkt Stefan, wäre jetzt, runter zu den anderen zu gehen und sich weiter an diesem Abend zu erfreuen, aber

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