Sommerflammen
weiterzuessen. »Vielleicht finden sie seinen Truck, aber ihn bestimmt nicht. Er wird irgendwo in den Bitterroots oder den Rockies untertauchen. Seine Frau wird ihr Zuhause verlieren. Sie hat für ihn gebürgt, und er hat ihr Vertrauen enttäuscht. Nie hätte ich gedacht, dass er es ist. Dass er Dolly umgebracht hat! Jetzt ist er auf der Flucht und lässt seine Frau und seine Enkelin einfach hängen, lässt sie im Stich. Hoffentlich hat er sich da gehörig verrechnet. Hoffendich kriegen sie ihn und werfen ihn für den Rest seines Lebens ins Gefängnis. Ich bin im Loft und nähe beschissene Fallschirmtaschen.«
Während sie hinausstürmte, schaufelte Dobie drei gehäufte Löffel Zucker in seinen Kaffee. »Was hast du vor, Kumpel?«, fragte er.
»Rein vom Verstand her glaube ich nicht, dass Brakeman wieder herkommt und dass wir uns Sorgen um Rowan machen müssen.«
»Hm. Und?«
Gull sah ihn an. Manchmal ist derjenige, von dem man es am wenigsten erwartet hätte, dein bester Freund. »Auf dem Fliegerhorst lassen wir sie keine Sekunde allein. Wir sorgen dafür, dass sie beschäftigt ist. Aber irgendwann muss sie auch mal raus. Wenn wir sie einsperren, flippt sie aus. Wir sollten unseren Tagesablauf ändern. Normalerweise gehen wir frühmorgens laufen. Von nun an werden wir abends trainieren.«
»Wenn alle Baseballmützen und Sonnenbrillen tragen, kann man uns aus der Ferne schlecht unterscheiden. Dumm nur, dass die Frau so eine unverwechselbare Figur hat. Wahrscheinlich wird sie nicht einwilligen, sich vorübergehend nach Yellowstone oder Idaho versetzen zu lassen.«
»Nein, denn das wäre für sie gleichbedeutend mit Flucht. Mit Aufgeben.«
»Wahrscheinlich. Aber wenn du mitgingest?«
»So weit ist sie noch nicht, Dobie.«
Dobie schürzte die Lippen und sah zu, wie Gull seinen Kaffee trank. »Aber du schon?«
Gull starrte auf sein erst zur Hälfte gegessenes Frühstück. »Diese verdammten Lupinen.«
»Was haben Lupinen damit zu tun?«
Gull schüttelte nur den Kopf. »Ja, ich bin so weit«, sagte er und stand auf.
In dem Moment, in dem Gull hinausstürmte, kamen Southern, Gibbons und Janis herein. Sie waren noch ganz verschwitzt vom Training im Kraftraum.
»Was ist denn?«, fragte Gibbons.
»Setzt euch, Kumpels, dann erzähle ich euch alles.«
Außer sich vor Wut entdeckte Gull L. B. vor einem Hangar. Er unterhielt sich mit einem der Piloten.
»Wie zum Teufel konnte das passieren?«
»Glaubst du, ich habe die Polizei nicht dasselbe gefragt?«, erwiderte L.B. »Glaubst du, ich bin nicht stinksauer?«
»Es ist mir egal, ob du stinksauer bist oder nicht. Ich will eine Antwort auf meine Frage.«
L.B. machte ihm ein Zeichen und ging auf eine der Forststraßen zu. »Wenn du dich mit jemandem anlegen willst, dann bitte mit der Polizei. Sie ist schuld, sie hat es versaut.«
»Ich möchte wissen, wie das passieren konnte.«
»Das kann ich dir sagen.« L. B. hob einen großen Stein auf und prüfte sein Gewicht. »Sie haben zwei Cops vor dem Haus der Brakemans abgestellt. Scheiße noch mal, wahrscheinlich haben sie Pornohefte angeschaut und Do-nuts gefressen.«
Er fand noch einen Stein, hob auch ihn hoch. »Mein Bruder ist Bulle, drüben in Helena, und ich weiß, dass er so etwas nie machen würde. Trotzdem, verdammt!«
Gull beugte sich vor, hob noch einen Stein auf und gab ihn L. B. »Erzähl weiter.«
»Danke.« Nachdem er ihn geworfen hatte, ließ L.B. die Schultern kreisen. »Sie standen vor dem Haus, haben es beobachtet. Brakemans Truck war seitlich davon geparkt. Der Kerl belädt ihn mitten in der Nacht, schiebt ihn über den Hof, schneidet ein Loch in seinen verdammten Zaun und schiebt seinen Truck dann weiter über den Hof des Nachbarn auf die Straße. Keine Ahnung, wo er dann hin ist.«
»Und die Cops merken erst heute Morgen, dass der Truck weg ist.«
»Nein, nicht mal das.«
»Verstehe.«
»Verstehe? Mehr hast du dazu nicht zu sagen?«
»Das ist immerhin eine Antwort. Ich mag Antworten. Rowan ist in der dritten Gruppe. Kannst du sie in der Zentrale einsetzen, wenn Gruppe eins und zwei ausgerückt sind?«
»Ja.« L.B. nahm einen anderen Stein, starrte ihn kurz an und ließ ihn dann wieder fallen. »Das habe ich mir auch schon überlegt. Ich wollte nur warten, bis sie sich wieder beruhigt hat, bevor ich ihr Bescheid gebe.«
»Ich informiere sie.«
»Sie ist dafür bekannt, dass sie den Überbringer schlechter Nachrichten umbringt. Deshalb habe ich Cards vorgeschickt«, sagte L. B.
Weitere Kostenlose Bücher