Sommerflammen
seinen Körper an dem ihren zu spüren. Das kleine Flattern im Magen zwang ihn, sich daran zu erinnern, dass sie verheiratet war.
»Sonst noch Fragen? Sorgen?«
»Ich glaube, ich habe alles verstanden. Ich soll mich entspannen und es einfach genießen. Hoffendich schreie ich nicht die ganze Zeit, sodass ich auf der DVD einen weit aufgerissenen Mund und zugekniffene Augen habe.«
»Hallo, Mom!«
Sie sahen zu dem Grüppchen hinüber, das am Rand des Trainingsgeländes stand.
»Die Familie. Haben Sie noch Zeit, sie zu begrüßen, bevor es losgeht?«
»Aber natürlich.«
Er begleitete sie zu ihrem Sohn, der etwas blass und nervös aussah, jetzt, wo es ernst wurde. Er sprach mit ihm, mit ihrer Tochter und den drei Enkelkindern, von denen das kleinste auf der Hüfte seines Vaters saß und ihn mit großen Augen ansah.
»Bist du dir auch wirklich sicher?«
»Tyler.« Ella stellte sich in ihren Stiefeln auf die Zehenspitzen und küsste ihren Sohn auf die Wange. »Ich bin bereit. Das war das beste Weihnachtsgeschenk überhaupt.«
»Oma schafft das.« Ein etwa fünfjähriger Junge warf den Spielzeugfallschirmspringer aus ihrem Geschenkeshop in die Luft. Er segelte an einem knallroten Schirm nach unten.
»Und ob! Schaut aufmerksam zu!«
Nach Küssen und Umarmungen ging sie mit Lucas zu
der wartenden Maschine. »Ich bin nicht nervös. Ich werde nicht nervös sein. Ich werde nicht schreien. Ich werde mich nicht übergeben.«
»Sehen Sie sich diesen Himmel an. Besser geht’s nicht. Nur der Sprung selbst ist noch besser. Und das ist Chuck. Er wird ihr Erlebnis im Film festhalten.«
»Chuck.« Sie gaben sich die Hand. »Sie wissen, von welcher Seite ich fotogener bin?«
»Aber sicher doch! Niemand kann Ihnen einen so tollen Tandemflug bescheren wie Iron Man, Ma’am. Sie werden butterweich landen.«
»Gut.« Sie atmete hörbar aus. »Auf geht’s, Iron Man.«
Sie drehte sich um, winkte ihrer Familie zu und ging an Bord. Sie gab dem Piloten die Hand und machte während des Flugs einen gefassten, konzentrierten Eindruck. Lucas rechnete mit weiteren Fragen zum Flugzeug, zum Sprunggurtzeug oder zu seinen Erfahrungen, doch stattdessen setzte sie sich vor der Kamera in Szene, fest entschlossen, ihrer Familie ein perfektes Souvenir zu hinterlassen.
Sie zog eine Grimasse, tat so, als fiele sie in Ohnmacht und überraschte Lucas damit, dass sie auf seinen Schoß kletterte und ihren Kindern sagte, sie würde mit dem Fluglehrer auf die Fidschi-Inseln abhauen.
»Wir sollten umkehren und ein größeres Flugzeug nehmen«, meinte er, woraufhin sie lachen musste.
Als sie die Absetzhöhe erreicht hatten, zwinkerte er ihr zu. »Bereit zum Einhängen?«
Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, zitterten aber leicht. »Los geht’s!«
Er ging noch einmal den genauen Ablauf mit ihr durch, seine Stimme war beruhigend und entspannt, als er sie einhängte.
»Sie werden einen Luftzug spüren, lauten Motorlärm hören, wenn wir die Tür öffnen. Wir haben Mikrofone im Anzug, Chuck bekommt also mit, was wir sagen, für die DVD.«
Er spürte, wie sich ihre Atmung beschleunigte. Als die Tür aufging, zuckte sie zusammen und zitterte.
»Wr springen erst, wenn Sie es sagen.«
»Ich bin nackt im Golf von Mexiko geschwommen. Ich kann das. Jetzt!«
»Also los.« Er nickte Chuck zu, der als Erster sprang. »Achten Sie auf den Himmel, Ella«, murmelte er und sprang mit ihr ins Leere.
Sie schrie nicht, aber nach einem erstickten Stöhnen hörte er, wie sie laut »Verdammte Scheiße!« rief. Ob das der Enkel wegen lieber zensiert werden sollte?
Dann lachte sie und breitete ihre Arme aus wie Flügel.
»O mein Gott, o mein Gott, o mein Gott. Ich habe es getan. Lucas!«
Sie zitterte an seinem Körper, und er spürte, dass es Aufregung war und keine Angst. Der Schirm öffnete sich, ein Flügelrauschen, und aus dem atemberaubenden Fall wurde ein elegantes Schweben.
»Das ging zu schnell, viel zu schnell! Aber Sie hatten wirklich recht. Das ist wunderschön. Geradezu eine religiöse Offenbarung.«
»Mit den Händen die Steuerleinen umfassen. Sie dürfen eine Weile steuern.«
»Gut. Wow! Schau dir die Oma an, Owen. Ich bin eine Fallschirmspringerin. Dank dir, Tyler! Hallo Melly, hallo. Hi Addy, hi Sam.« Sie legte den Kopf in den Nacken. »Ich schwebe im Himmel, und er ist wie blaue Seide.« Sie verstummte und seufzte anschließend. »Sie hatten
recht, was die Stille angeht. Sie hatten in jedem einzelnen Punkt recht. Ich werde das
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