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Sommerflimmern (German Edition)

Sommerflimmern (German Edition)

Titel: Sommerflimmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Krämer , Sophie Berger
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immer kein Lächeln für mich übrig.
    »Hi«, sage ich möglichst lässig.
    »Hey, ähm, danke für die Wegbeschreibung«, sagt plötzlich eine der Frauen, die nicht viel älter als ich sein können. Die Stimme lässt mich an klebrige Zuckerwatte denken.
    »Klar, gerne.«, sagt Juan, ohne die beiden noch einmal anzusehen.
    »Hi.«
    »Hi«, wiederhole ich. Wie originell.
    »Charlotte … du siehst … beunruhigend gut aus.«
    »Oh, danke. Du siehst auch beunruhigend aus.« Oh, nein, das habe ich jetzt nicht gesagt. Doch, habe ich.
    Er wirft lachend seinen Kopf zurück.
    »Okay, gut, wir sehen also heute beide ziemlich gefährlich aus. Das kann nur ein guter Abend werden«, bemerkt er amüsiert.
    Ich versuche mich an einem Lächeln, doch bin ich mir nicht sicher, ob mein Mund die Signale versteht, fühlt sich irgendwie schief an.
    Ich fummle an den Riemen meiner Handtasche herum, als er die erlösenden Worte sagt.
    »Na, dann lass uns mal losgehen. Kennst du den Kobra-Keller eigentlich? Ich war erst einmal da, seit ich in Berlin bin. War … sehr nett.«
    Nach einer viertel Stunde Fußweg führt Juan mich in einen Hinterhof. Von der Straße her, den Laternen, Kneipen und Imbissen fällt ein spärliches Licht durch den Eingang und offenbart gerade noch die Konturen der Häuserwände. In den Fenstern des rechten Seitenflügels spiegelt sich der Halbmond, der entspannt über Berlin hängt und den Leuten dabei zusieht, wie sie quirlig durch die Straßen strömen, als seien sie Ameisen in ihrem Bau. Doch diese Ameisen sind nicht unterwegs, um zu arbeiten, sie wollen etwas erleben. Auf der Party, im Club, nach dem Film, vor dem Konzert, zwischen den Kneipen.
    Meine Augen brauchen einen Moment, um die bunte Lichterflut der Straße zu vergessen und sich mit dem Dunkelgrau bis Schwarz dieses Hinterhofs zu arrangieren. Noch bevor sie dazu Gelegenheit bekommen, nimmt Juan meine Hand und lotst mich durch einen weiteren Durchgang in einen weiteren Hinterhof, noch dunkler als der erste.
    »Wir müssen bis in den letzten«, flüstert er.
    Es gibt noch mehr?
    Der vierte Hof ist der letzte. Mir fallen sofort die Kerzen ins Auge, die dort in einer Ecke quadratisch angeordnet nervös vor sich hin flackern. Jede Seite ist maximal zwei Meter lang.
    Ich folge Juan zu dem leuchtenden Quadrat, als aus dem Dunkel unvermittelt ein Räuspern ertönt. Ich zucke zusammen und kralle mich mit einer Hand an Juans Oberarm fest. Als wir noch näher kommen, sehe ich, dass hinter den Kerzen jemand auf einem Gartenstuhl sitzt. Der Stimme nach männlich.
    »Passwort?«, fragt er schroff und mir ist spätestens jetzt danach wegzurennen. Ich halte mich noch immer an Juan fest, der beruhigend meine Hand drückt.
    »Die Puppe mag Kartoffelsuppe«, antwortet Juan und ich muss mich zusammenreißen, um nicht loszulachen.
    »Alles klar, willkommen«, sagt der Fremde plötzlich überraschend freundlich, erhebt sich von seinem Stuhlund tritt in das Innere des Quadrats. Erst jetzt sehe ich mir genauer an, was die Kerzen umsäumen, und erkenne eine Falltür, um die das geöffnete Maul einer Kobra gezeichnet ist, deren Schlund sichtbar wird, als der Unbekannte uns die Tür öffnet. Die Verdauungsgeräusche sind eine Mischung aus Gitarren, Bass und Stimmengewirr.
    »Viel Spaß euch beiden.«
    Und schon klettert Juan über Leitersprossen in den Schlangen-Schlund hinab. Ich folge ihm.
    Als wir die Innereien der Kobra betreten, grinst Juan mich breit an.
    »Gib zu, dass du gerade am liebsten abgehauen wärst.«
    »Ich? Wieso? Blödsinn. … Sag mal, worauf wartest du eigentlich?«, frage ich ihn herausfordernd und streiche mir dabei ganz nebenbei mit einer Hand über meinen Pony.
    Es wirkt, denn jetzt sieht Juan mich an, als hätte ich gerade eine echte Kobra aus meinem Haar gezaubert.
    »Äh, was meinst du?«, stammelt er und schiebt die Strähne, die wieder über sein rechtes Auge gefallen ist, zurück.
    »Ich verdurste, gibt es hier keine Bar?«, kläre ich ihn lächelnd auf.
    Er lächelt auch. »Na klar, komm, ich zeig dir alles.«
    Am liebsten würde ich allen Leuten, die sich hier tummeln, auf der Stelle einen Drink spendieren, denn es ist so voll, dass Juan mich wieder an die Hand nimmt, um sich gemeinsam mit mir einen Weg zur Bar zu bahnen. Aus demVorraum, einem kleinen kahlen Kellerraum, in dem ein paar einfache, schwarz und weiß lackierte Holzwürfel als Sitze und Tische dienen, gehen wir in den Raum mit der Bar, der genauso aussieht wie der Vorraum. Nur

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