Sommerflimmern (German Edition)
verspreche.
»Okay. … Dann los«, sagt er zögerlich, folgt mir aber.
Ich gehe auf die zwei Polizisten zu, die am Fuß der Leiter stehen. Kurz bevor der eine von ihnen mich bemerkt hat, lege ich mir die Hand auf die Stirn und lasse mich gegen einen der Holzwürfel fallen.
»Charlotte!«, ruft Juan entsetzt und zieht mich an meinem Arm wieder hoch. Auch einer der Polizisten springt herüber und stützt mich unter meinem anderen Arm.
»Oh, ich … mir ist …«, stöhne ich und lasse mich mit meinem gesamten Gewicht wieder sinken. Meine beiden Helfer hieven mich zur Leiter.
»Was ist denn mit der los? Zu viel getrunken?«, fragt der zweite Polizist schroff, als wir ihn erreichen.
Juan flüstert ihm etwas zu, dass ich nicht verstehen kann, woraufhin die Polizisten kurz untereinander tuscheln.
»Na, los, verschwindet. Und pass ab jetzt ein bisschen besser auf deine Freundin auf, hörst du? Schafft ihr es alleine hoch?«, grunzt einer von ihnen.
»Ja, danke, ich denke schon.«
Ich krabble die Leiter hinauf, während Juan mir von unten nachhilft.
Draußen stehen noch zwei weitere Polizisten, aber sie ignorieren uns. Ich hake mich bei Juan ein, wir schlendern durch den Durchgang in den nächsten Innenhof, dort fängt Juan an zu pfeifen, ich kichere leise. Dann stimme ich in sein Pfeifen mit ein, im nächsten Hof werden wir ein wenig lauter, im übernächsten hallen unsere schrägen Melodien von den Hauswänden wider und als wir auf die Straße treten, können wir uns nicht mehr halten, rennen Hand in Hand los und brechen dabei in befreiendes Gelächter aus.
Wir stoppen erst, als wir die nächste Straßenecke erreichen, biegen dort ab und befinden uns plötzlich in einer schwach beleuchteten kleinen Seitenstraße. Wir keuchen, schnappen nach Luft, lachen noch immer.
»Meinst du, wir haben Bonnie-und-Clyde-Potenzial?«, fragt Juan, immer noch atemlos.
»Auf jeden Fall!«, erwidere ich lachend.
»Was hast du dem überhaupt gesagt?«, frage ich ihn.
»Wem? Dem Polizisten?« Juan lacht wieder los. »Na ja, ich habe ihm gesagt, dass wir heute erfahren haben, dass du schwanger bist, und wir ein letztes Mal richtig ausgehen wollten.«
»Schwanger?!«, kreische ich und boxe ihm meine Antwort direkt auf den Oberarm.
»Aua! Deinem Schwächeanfall fehlte halt noch der Nachdruck. Nur besoffen sein, reicht bei denen nicht aus. … Aber, oh Mann, du warst wirklich überzeugend! Ich habe mich ganz schön erschrocken … Jetzt lauf doch nicht so schnell, in deinem Zustand muss man sich schonen. … Aua!«
Juan reibt sich grinsend den Oberarm. Lachend hole ich mit meiner Faust aus und drohe ihm. Blitzschnell schnappt er nach meinem Arm und hält ihn fest. Ich versuche, mich zu befreien, doch ich habe keine Chance.
»Okay, okay, ich gebe auf …«
Er lässt mich noch immer nicht los, lächelt mich herausfordernd an. Seine Augen und seine Hand ziehen mich ganz nah zu sich heran. Unsere Beine und Oberkörper berühren sich, seine Hand gibt meinen Arm frei und streift stattdessen das Haar über meiner rechten Schulter nach hinten. Mein Blick taucht in seine Augen ein. Ich streichle mit einer Hand über seine Stirn, schiebe dabei seinenPony zur Seite, er nimmt sanft mein Gesicht in seine Hände und senkt seines so tief, bis wir denselben Atem atmen. Sein Mund öffnet sich ein wenig. Ich beginne, am ganzen Körper zu zittern, sein Blick saugt mir die Kraft aus meinen Beinen, ich muss mich an seinen angespannten Oberarmen festhalten. Und dann spüre ich sie endlich, seine warmen weichen Lippen berühren meine, erst ganz vage, bis ich seine sanften Küsse erwidere. Der Damm ist gebrochen, nichts kann sich den Fluten entgegensetzen. Wir lassen uns auf ihnen treiben, bis wir taumelnd und atemlos an einer der Häuserwände stranden. Wie die Mauersegler auf ihren unsichtbaren Wellen lassen wir uns wieder und wieder auf dem Strom treiben, an Land spülen und wieder von vorne.
Irgendwann rutschen wir erschöpft und eng umschlungen an der Wand auf den Bürgersteig. Die Dämmerung beantwortet die Frage nach der Zeit.
»Wir sollten langsam los. Ich muss schon um zehn an der Galerie sein«, flüstert Juan.
»Willst du immer noch, dass ich mitkomme?«
Er lacht leise auf, während er mir über mein Haar streichelt.
»Machst du Witze? … Ich will dich immer und überall dabeihaben.«
»Gut«, antworte ich.
»Charlotte … kommst du jetzt auch mit? Zu mir?«
»Nein, tut mir leid … ich kann nicht.«
»Aber so meine ich
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