Sommerfrost - Die Arena-Thriller
würde sich alles um sie herum drehen. »Ich muss jetzt gehen.« »Moment.« Er lächelte sie an und wischte ihr zärtlich die Tränen von der Wange. Sie ließ es geschehen. Dann sagte er sanft: »Ich verspreche dir, Lyra, ich bekomme heraus, wo Viola ist, und dann fahren wir zu ihr!« Er sah sie mit leuchtenden Augen an. »Gib mir deine Nummer, dann kann ich dich anrufen, wenn ich etwas Neues weiß.«
Lyra sagte sie ihm und er tippte sie in sein Handy . »Gute Nacht.« Sie wollte sich umdrehen . »He, in Spanien gibt man sich doch zwei Küsse auf die Wangen , oder?«, sagte er und beugte sich zu ihr hinunter. Als sie sein e Lippen auf ihrer Wange spürte, durchrieselte sie ein Schauer . Rasch murmelte sie »Bis dann« und eilte die Straße hinunte r nach Hause. Ihr Kopf war wie vernebelt und ihre Beine ware n weich wie Wackelpudding. Was Leander gesagt hatte, war s o ungeheuerlich, dass sie es nicht glauben konnte. Aber war e s nicht zu ungeheuerlich, um es erfinden zu können ?
NEUNZEH N
I hre Mutter saß auf der Couch und telefonierte, als Lyra nac h Hause kam. Lyra blieb wie angewurzelt stehen, als sie hörte , was ihre Mutter gerade sagte. »Aber ich kann es ihr nicht sagen , versteh doch! Noch nicht!« Sie schrie die Wörter nahezu in de n Hörer . Lyras Herz setzte einen Moment lang aus . »Unser Verhältnis ist sowieso im Moment ziemlich kritisch« , sprach ihre Mutter weiter, »manchmal denke ich, sie hass t mich. « Lyra merkte, wie ihr übel wurde. Sie wollte nicht glauben, das s Leander recht haben sollte. Es war einfach nicht möglich ! In diesem Augenblick bemerkte ihre Mutter sie und beendet e hastig das Gespräch. »Ich ruf dich später noch mal an.« Sie legt e auf. »Lyra, wo warst du denn? « Ohne zu antworten, ging Lyra an ihrer Mutter vorbei die Trep pe hoch. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte . »Was siehst du mich so feindselig an? Ist irgendetwas nicht i n Ordnung? « Lyras Knie zitterten immer noch. Aber sie riss sich zusammen , holte tief Luft, drehte sich auf der Treppe um. Und sah ihre r Mutter fest in die Augen. »Was kannst du mir nicht sagen? « »Was um Himmels willen meinst du, Lyra? « Was glaubte ihre Mutter eigentlich? Eine große Wut ballte sic h in Lyra zusammen. »Du brauchst mich nicht mehr zu belügen ! Ich weiß es! « »Was, Lyra, was um Himmels willen meinst du denn?« Hilflo s sah ihre Mutter sie an, aber Lyra wusste, dass das nur eine Ma sche war . Herausfordernd fragte Lyra: »Warum ist Papa eigentlich damal s weggegangen? « »Dein Vater?«, ihre Mutter tat überrascht, aber Lyra durch schaute sie. »Das weißt du doch! Wir haben uns auseinanderge lebt und . . . « »Nein!«, schrie Lyra . Ihre Mutter zuckte zurück . »Nein! Das ist eine Lüge!« Lyra konnte sich nicht mehr beherr schen . »Was redest du da, Lyra? « »Viola hat...«Sie brach ab. Jetzt, Lyra, du musst es jetzt sagen , hörte sie ihre eigene Stimme. »Viola hat es nicht mehr mit euc h ausgehalten!« Jetzt war es raus. Ihre Hand klammerte sich s o fest ans Treppengeländer, dass es wehtat . Eine unwirkliche Stille breitete sich aus . »Was?«, flüsterte ihre Mutter, die ganz blass geworden war . »Was sagst du da? « Lyra zitterte. »Ihr habt das mit dem Autounfall nur erfunden , damit ihr mir nicht die Wahrheit sagen müsst! Ist ja auch ziem lich schlimm für Eltern, wenn die Kinder abhauen!« Lyra hört e ihr Herz klopfen und das Blut in ihren Ohren rauschen . »Wie kannst du so etwas sagen!« Fassungslos starrte ihre Mut ter sie an . »Dann erklär mir doch mal, warum wir nirgendwo ein Foto vo n Viola hängen haben! Ich sag dir, warum: Weil du die Wahrhei t nicht ertragen kannst!« Lyra bemühte sich, ein überlegenes Lä cheln aufzusetzen. »Du hättest es mir ruhig sagen können, ic h bin alt genug. « »Aber...« Ihrer Mutter gingen die Worte aus. Das passiert e sonst nie .
»Das ist so, so...so gemein von euch!« Lyra rannte die Trepp e hinauf. Ihre Mutter rief ihr etwas nach, aber sie hörte nicht hin . Es wäre sowieso nur eine weitere Lüge . Sie schloss ihre Zimmertür ab, warf sich aufs Bett und presst e das Kissen über den Kopf. Sie wollte nichts mehr hören, nicht s mehr sehen und nicht mehr sprechen. Sie wollte sich nur noc h verkriechen und all den Schmerz aus sich herausweinen . »Lyra!«, hörte sie die Stimme ihrer Mutter, »mach sofort die Tü r auf! « »Lass mich in Ruhe!«, schrie Lyra zurück . »Was ist nur mit dir los? Was ist denn in dich gefahren? « »Du sollst mich
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