Sommerfrost - Die Arena-Thriller
Mama setz t sich an den Tisch . Das Fischstäbchen ist im Mund aufgequollen, es wird wieder ei n Fisch. Ein Fisch in meinem Mund ! Ich würge, der Fisch muss raus. Er fällt auf den Teller. Mama schrei t auf, rennt weg. Türen knallen. Ich höre Mama weinen .
Lyra schlug die Augen auf. Der Zimtgeruch war weg. Diese Wahr sagerin hatte sie ganz schön durcheinandergebracht. Lyra hatte keine Ahnung, was da gerade mit ihr passiert war, aber all die Er innerungen an damals standen ihr plötzlich ganz klar vor Augen. »Ein Autounfall mit Fahrerflucht«, hatte ihr Vater erklärt, als er nach Hause gekommen war. »Viola ist tot.« Lyras Kopf dröhnte. Schwerfällig stand sie auf und schlurfte auf die Dachterrasse. Die Sonne ging gerade unter. Sie vermisste ihre Schwester und all die Jahre, die sie nicht mit ihr hatte verbringen können. Noch nie war ihr so deutlich geworden, das s sie sich allein fühlte. Allein mit ihrer Mutter, die sich ja viel Mü he gab und sie bestimmt liebte und die glaubte, alles für sie z u tun, sie aber nicht verstand. Lyra seufzte . Von hier konnte sie hinunter in die belebten Gassen der Alt stadt blicken. Lyra beugte sich über das Geländer. Ist das nich t Leander, da vorn? Was macht er? Er sieht unschlüssig aus . Weiß er denn, wo ich wohne? Oder steht er nur zufällig da ? Plötzlich war sie wieder hellwach . Sie rannte die Treppe hinunter, rief ihrer Mutter zu: »Ich mus s kurz noch mal weg!«, und ohne auf eine Antwort oder Erlaubni s zu warten, rannte sie aus der Tür und lief die Straße hinunter . »Leander!«, rief sie atemlos . Er drehte sich um und sah sie überrascht an. »So was! Gerad e hab ich an dich gedacht! « »Wirklich? « »Aber ja. « »Warum? « Er zuckte die Schultern. »Einfach nur so. « Gedankenübertragung?, dachte sie. Ihm konnte sie von ihre m Besuch erzählen. Er würde es sicher verstehen . »Ich war heute bei einem Medium. « Erstaunt hob er die Brauen. Er hatte die Sonnenbrille wiede r aufs Haar geschoben und sah wie immer ziemlich cool aus . »Du weißt schon, eine Frau, die Kontakt zu Verstorbenen un d Geistern herstellen kann«, erklärte sie ungeduldig. »Ich hör e seit ein paar Tagen Violas Stimme. « Er legte die Stirn in Falten. »Wirklich? « Lyra nickte. Leanders Augen wurden schmal. Er schien über ir gendetwas nachzudenken . »Willst du wissen, was sie gesagt hat?«, fragte Lyra . »Aber sicher!« Er nickte heftig .
»Sie sagt, ich soll die Wahrheit suchen. « »Hm.« Auf seiner Stirn hatten sich zwei nachdenkliche Falte n gebildet . »Und dann meint sie, ich würde die Zeichen erkennen. « »Welche Zeichen?«, fragte er . Lyra zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, aber ich hab e auch nach dir gefragt. « »Nach mir?« Ein nervöses Zucken umspielte seine Augen. »Wi e kommst du dazu? « Was war denn auf einmal mit ihm los? »Sie sagt, es sei kein Zu fall, dass ich dir begegnet bin. « Leander lächelte plötzlich wieder. »Natürlich nicht. Wir sollte n uns doch begegnen! « Lyra merkte, wie ihr Gesicht heiß wurde. Peinlich, hoffentlic h sah er es nicht. »Und sie sagt, dass Viola mich warnen will«, fuh r sie rasch fort . »Wovor?« Seine Augen wurden auf einmal ganz schmal . »Ich weiß nicht. Keine Ahnung. « Er sagte nichts, wirkte aber nachdenklich . »Und dann hatte ich noch ein seltsames Erlebnis.« Lyra erzählt e ihm, dass sie glaubte, Viola auf dem Markt gesehen zu haben . »Wo war das?«, fragte er aufgeregt . »In Ojén, ist nicht weit von hier. « »Das ist nicht möglich!«, rief er aus und begann zu strahlen . »Ja, das hab ich mir auch gesagt. Außerdem weiß ich ja ga r nicht, wie sie jetzt aussehen würde. « »Du hast sie aber gesehen! « »Na ja, ich hab geglaubt, dass . . . « »Nein, du hast sie gesehen!« Ganz plötzlich wurde er ernst, fass te sie an den Oberarmen und sah sie an. »Lyra, ich wollte dir di e ganze Zeit etwas sagen, aber ich wusste nicht, wie ich es di r beibringen sollte. «
»Jetzt sag es endlich. Ich bin nicht so empfindlich.« Sie schüttel te seine Hände ab. Diese ganze Geheimniskrämerei ging ihr tie risch auf die Nerven ! Er nickte. »Gut. Erinnerst du dich: Ich habe dich gefragt, ob d u deiner Mutter vertraust. « »Ja.« Und sie hatte geantwortet meistens . »Und dann habe ich dir von dem Seemann erzählt, der übe r Bord ging und . . . « »Jaja, ich weiß das alles noch!«, sagte Lyra ungeduldig . »Es war alles anders damals«, sagte Leander und sah ihr in di e Augen . »Wie, wie es war
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