Sommerfrost - Die Arena-Thriller
in Ruhe lassen! « »Engelchen, du bist ganz durcheinander! « »Nenn mich nicht Engelchen!«, schrie Lyra. »Geh! « Sie hatte so laut geschrien, dass ihr der Hals brannte. Schließ lich gab ihre Mutter auf . Irgendwann, unter dem Schutz des Kissens, schlief Lyra ein . Und mitten im Schlaf kroch von fern das seltsame Geräusch, da s Dröhnen, in ihre Träume. Doch dann verstummte es und zuers t ganz leise, dann lauter, hörte sie Violas Stimme :
»Lyrali, mein Lyrali, was ist mit dir?«
Wie gut es tat, ihre Schwester zu hören. Der einzige Mensch, der sie wirklich verstand!
»Lyrali, dich bedrückt doch etwas? Du kannst mir alles sagen. Ich weiß, wie es ist, nicht verstanden zu werden.«
»Stimmt es, was Leander gesagt hat?«, fragte Lyra also . Lyra wartete auf eine Antwort, aber Viola schwieg . »Er sagt, du bist weggelaufen, du bist nicht tot«, redete Lyr a weiter . Wieder keine Antwort . »Viola?« Lyra lauschte. Das Brummen war wieder lauter gewor den .
»Viola?«, rief sie noch einmal, riss sich das Kissen vom Kopf und fuhr im Bett auf. Sie war von ihrer eigenen Stimme aufge schreckt. »Viola?«, flüsterte sie. Doch es kam keine Antwort. Selbst Violas Stimme war wohl nichts als eine Einbildung.
Am Morgen hoffte sie, dass ihre Mutter schon ins Büro gegan gen war, doch als Lyra in die Küche kam, erwartete diese Lyra schon mit sorgenvollem Blick. »Lyra, so geht das nicht. Du musst mir sagen, warum du solche Dinge behauptest.« Lyra stand eine Weile nur da. Sie fühlte sich so verzweifelt und zugleich war da ein Widerstand in ihr, sich ihrer Mutter anzu vertrauen. »Lyra, ich bin doch deine Mama, mit mir kannst du doch über al les reden.« Von wegen, dachte Lyra, doch gleichzeitig wurde der Kloß in ihrem Hals immer dicker, dann stiegen Tränen in ihre Augen und schließlich konnte sie sie nicht mehr zurückhalten. Sie hat te jeglichen Durchblick verloren. Ihre Mutter nahm sie in die Arme und Lyra wehrte sich nicht. Sie war so orientierungslos! »Wir waren eine glückliche Familie, das weißt du doch, Lyra, oder nicht?« Ihre Mutter streichelte über ihr Haar. Ja, das hatte sie auch immer geglaubt, aber sie war doch erst fünf, als es passierte. Vielleicht hatte man ihr später nur einge redet, dass sie eine glückliche Familie gewesen waren? »Deine Schwester ist von uns genommen worden«, sagte ihre Mutter und wirkte auf einmal abwesend, »jemand hat sie einfach aus dem Leben gerissen. Dein Vater und ich haben das nicht zu sammen ertragen können.« Die Umarmung ihrer Mutter war selt sam steif geworden und Lyra zog sich aus ihr zurück. Etwas stimmte nicht, da war sie sich ganz sicher.
Als kurz darauf ihre Mutter aus dem Haus ging, beschloss Lyra , bei Patrick Rat zu suchen. Er wollte gerade zum Strand, doc h dann ging er mit ihr hinauf in sein Zimmer . »Versprichst du mir, dass du das, was ich dir jetzt sage, nieman dem erzählst?«, fragte sie . »Versprochen. « »Schwör’s! « Er zögerte kurz, dann sagte er: »Ich schwöre es. « Dann sprudelte alles aus Lyra heraus: dass Viola von zu Haus e weggelaufen sei, ihre Eltern aber behaupteten, sie sei tot, das s Leander in Viola verliebt gewesen sei und er vor Kurzem von ei nem Matrosen gehört habe, dass Viola hier in einem Bergdor f lebe . Als sie geendet hatte, fuhr er sich durchs Haar. »Puhh, gan z schön heftige Geschichte. Glaubst du das denn alles? « »Warum denn nicht? Würdest du es denn nicht glauben? « »Na ja, ich weiß nicht so recht. Es klingt ziemlich seltsam , aber – möglich ist es natürlich. « »Jetzt verstehe ich auch, warum sich mein Vater so selten mel det«, sagte Lyra . »Er hat wahrscheinlich ein schlechtes Gewissen«, sagte Patrick . »Was ist denn mit deinen Großeltern, kannst du die denn nich t fragen? « »Hätt ich doch schon längst! Aber mein Großvater ist letzte s Jahr an einem Herzinfarkt gestorben und meine Großmutter is t ziemlich verwirrt.« Es war wirklich eine völlig vertrackte Situati on ! »Verwirrt?«, fragte Patrick . »Demenz. « »Hm.« Patrick runzelte die Stirn. »Weißt du was, wir sollten ver suchen, selbst herauszubekommen, was damals passiert ist . Wir könnten zum Beispiel versuchen, das Online-Archiv eure r Zeitung zu durchforsten«, schlug er vor. »Vorausgesetzt, die ha ben alle Nachrichten digitalisiert.« Lyra nickte ihm zu. Sie war so erleichtert, dass sie Patrick ins Vertrauen gezogen hatte. Es tat gut, mit der ganzen Geschichte nicht alleine zu bleiben. Patrick schaltete den
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