Sommergayflüster
Eröffnungsstück an. Das Wummern des Schlagzeugs hallte von den Hauswänden wider. Lucille kam auf ihn zugetrabt, die Zunge hing ihr aus dem Maul. Er lächelte und umklammerte den Stoffbeutel, als sie daran schnupperte.
Alphonse stand, auf seinen Stock gelehnt, am Gatter, zufrieden und stumm, nickte zu einem Gespräch, hob hin und wieder die Hand zu einem Gruß. Als Stephane in sein Blickfeld trat, schaute er ihm entgegen. Seine dunklen Augen zeigten kein Gefühl, seine Miene war nicht zu deuten. Er kaute nur auf einer leeren Pfeife herum.
Stephane blieb vor ihm stehen, verlegte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Dann gab er sich einen Ruck und hob den Beutel hoch.
„Hier, da sind noch Bommel vom letzten Jahr, die waren übrig. Sind ein bisschen verstaubt, und eigentlich ist es ja zu spät, aber besser als gar nichts“, murmelte er vor sich hin.
Der Schäfer rührte sich nicht, sah ihn nur an. Stephane senkte seinen Kopf. Endlich glitt Alphonses Blick auf die Wolle, die Stephane aus dem Beutel geholt hatte.
„Stephane!“
Dominic! Das war seine Stimme! Ein Schauder lief über seinen Rücken, doch er drehte sich nicht um. Alphonse schaute an ihm vorbei und musterte Dominic, der stehen geblieben sein musste, denn Stephane hörte keine Schritte mehr, nur noch lautes Atmen vom Laufen.
„Liebeskummer gehabt?“, brummte Alphonse plötzlich und zwinkerte unmerklich.
Stephane öffnete seinen Mund, wollte etwas entgegnen, alles abstreiten, aber dann löste sich der Knoten in seiner Brust und in seinem Hals. Er nickte und streichelte die Bommel.
„Mach sie dran“, befahl Alphonse, wies auf die Bommel und stopfte seine Pfeife.
Endzeitstimmung
von Bernd Auzinger
E r stieß die Tür auf. Endlich waren sie an ihrem Zimmer im Hotel angelangt. Stefan stand links hinter ihm. „Das ist es?“, stieß er aus.
„Ja, das ist es“, brummte Stefan und ging an ihm vorbei in das Apartment. Das Zimmer war etwas dunkel. Braune Möbel, beige Wände und ein dunkelroter Bezug ließen es nicht besonders aufregend oder modern wirken.
„Och ne“, murrte Lars. „Das sah im Prospekt aber ganz anders aus.“
Stefan hatte seine Koffer bereits abgestellt und sich aufs Bett gesetzt. „Was erwartest du denn? Schließlich haben wir last minute gebucht“, erwiderte er. Sein Blick richtete sich auf das Handgelenk, von dem er die Armbanduhr löste und auf den Nachttisch legte. „Nun komm schon rein, und hör endlich auf, noch miesere Stimmung zu verbreiten. Schließlich war die Fahrt anstrengend genug.“ Er zog die Schuhe aus und ließ sich auf das Kissen zurückfallen.
Lars stand immer noch draußen, senkte den Kopf und stöhnte, während er die schwere Sporttasche absetzte. Langsam schlurfte er in den kleinen Flur des Hotelzimmers bis vor das Bett. Wortlos und erschöpft, aber auch ein bisschen wütend, sah er zu Stefan. „Dass dir so was immer scheißegal ist“, murmelte er in dessen Richtung. Stefan ignorierte ihn und hatte sich sein Basecap ins Gesicht gezogen. „Ich wollte mich mal entspannen. Aber hier krieg’ ich bestimmt Depressionen. Hier sieht es aus wie im Leichenschauhaus.“
Stefan legte genervt seine Mütze zur Seite. „Dass du immer so übertreiben musst“, äußerte er sich nach einer längeren Pause. Lars stand mit verschränkten Armen vor ihm. Er hielt dem Blick für ein paar Sekunden stand. So lang, dass sie schon wieder kurz vor einem Streit standen. Doch Stefan wandte sich ab und drehte sich zur Seite.
Lars lockerte die Arme, zog zickig die Brauen nach oben und widmete sich genervt seinem Gepäck.
Na toll, dachte sich Stefan. Genau so hab ich mir den Urlaub vorgestellt. Es war absolut idiotisch, nach so kurzer Zeit in den Urlaub zu fahren. Schließlich kennen wir uns nicht mal ein Jahr!
Sein starrer Blick verharrte an der Badezimmertür und an dem geschwungenen Türknauf, dessen golden schimmerndes Antlitz an einigen Stellen schon matt geworden war.
„Doc, ist es dir recht, wenn ich deine Klamotten auch einräume?“, fragte Lars und riss ihn aus seinen Gedanken.
„Mhm, ja bitte. Lieb von dir“, sagte er knapp und sah zu Lars auf. Seine Stimmung hob sich etwas. Er schaute zur Decke. Lars nannte ihn „Doc“, weil er als psychiatrischer Arzt im Krankenhaus arbeitete.
Sie hatten sich in einem Club in Berlin kennengelernt. Lars hatte ihn von der Tanzfläche aus beobachtet, war schließlich zu ihm rübergekommen und hatte ihn angesprochen. Sie tranken etwas und unterhielten sich,
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