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Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen

Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen

Titel: Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Nicht, indem er Hand anlegte, sondern indem er mit hypnotischer Begabung als wandelnder Betablocker Olli und mich zumindest phasenweise von unserem Aufräumzwang befreite. Wild entschlossen, sich zu entspannen, wie er nach einer Woche Kunst-to-go-Stress ab Freitagabend stets war, forderte er auch uns unentwegt auf: »Jetzt macht euch mal locker, Jungs. Nun kommt doch erst mal ein bisschen runter, ihr beiden.« Das Runterkommen beherrschte Steve mithin so vollkommen, dass er damit eine außerordentlich beruhigende Wirkung auch auf uns, seine Mitbewohner hatte. Gleich einem Bernhardiner, der auf dem Boden vor dem Kamin schnarcht und dadurch sein Herrchen im Fernsehsessel nach einem stressigen Tag besänftigt, beruhigte auch Steve uns. Er trug zwar kein Fass mit Hochprozentigem am Halsband, dafür aber immer etwas Gras in der Tasche. Sah Steve die Notwendigkeit, den Prozess des Runterkommens ein wenig zu forcieren, packte er es aus. Während man so unter Steves Ägide runterkam, konnte man sich vortrefflich mit ihm in ein verbales Delirium der Planung von Großprojekten wie etwa dem Scheunenumbau hineinpalavern. Mit großer Imaginationskraft und einem gewissen halluzinatorischen Effekt feierten wir Orgien der verbalen Umbauarbeiten. Auf der Grenze zwischen Wahn und Wirklichkeit balancierend wurde vor dem THC -stimulierten geistigen Auge die Zukunft in einer umgebauten Scheune mit großen Fenstern zum See und einem riesigen Kamin greifbar. Im Reich des Kontrafaktischen schwang Steve das Zepter: »Was meint ihr, wenn die Scheune mal fertig ist, wie geil wir da runterkommen werden!«
    War der Rausch ausgeschlafen, konnte Steve aber durchaus auch bei körperlicher Arbeit zu Höchstleistungen auflaufen. Wie ein Berserker hatte er etwa als Assistent von Jörg zwei Tage am Stück Holzplanken aus dem Rumpelbus herangeschleppt und sie Meister Spax für den Terrassenbau angereicht. Die Größe seines Arbeitseifers korrespondierte mit dem Glamour seiner Zukunftsvisionen von einem Ort, an dem man noch besser, noch entspannter runterkommen könnte.
    Unsere eigenen Schrullen, sofern wir sie erkannten, sparten Olli und ich nicht unbedingt aus. Was auf der Hand lag, war unser Hang zur Larmoyanz und die damit verknüpfte Rolle als Muppetshow-Opas in Maltrin. Nach dem Vorbild von Waldorf und Statler rissen wir durchaus auch mal einen Witz auf Kosten des Gartenbanknachbarn.
    »Eins muss man auch mal sagen, Olli«, merkte ich eines Sonntagmorgens an, »niemand kann so anklagend Blumen gießen wie du, wenn du deine überdachte Weinanpflanzung an der Scheunenwand wässerst.«
    Ollis Antwort lag ganz auf der Linie seiner Anklage, die er bei jedem Gießen auch nonverbal schon formuliert hatte: »Es kümmert sich außer mir aber auch sonst kein Mensch um den Wein! Ich will, dass die ganze Scheunenwand mal schön grün überrankt wird! Das wollt ihr doch auch!«
    Ich flüchtete mich in eine ungeschickte Bemerkung über Ollis Furor, mit dem er den Pflanzen in unserem gemeinsamen Garten zu Leibe rückte, und gab zu bedenken, dass er damit womöglich seine eigene Vision von blühenden Landschaften auf unserer Scholle konterkarierte. Doch Olli blieb dabei: Er hatte irgendwo gelesen, dass nur radikale Einschnitte die Pflanzen langfristig wirklich sprießen lassen. Worauf ich entgegnete, dass sie aber doch niemals richtig sprießen könnten, wenn man immer wieder radikale Einschnitte vornahm und ständig alles wegsägte und wegschnippelte. Ich legte Olli nahe, wenn er sich seiner Sache so sicher sei, solle er doch mal ein Gartenratgeberbuch schreiben. »Mein Titelvorschlag wäre: Blumen brauchen Grenzen . Kapitel 1: ›Weinanpflanzungen wollen gut überdacht sein‹.« So richtig witzig fand er das nicht.
    Wenn es zwischen uns mal nach Ärger roch, wandten wir uns schleunigst wieder den Schrullen der lieben Mitbewohner zu, auf die wir von der Gartenbank aus, gleich Waldorf und Statler in ihrer Loge, die beste Sicht hatten. Von hier ließ es sich trefflich motzen. Die Schrullen der Kommunarden boten schließlich immer noch besten Rohstoff für unsere industrielle Anekdotenfertigung. »Was sind wir aber auch für ein bunter, kreativer Haufen«, sagte Olli gelegentlich mit ironiesauerer Stimme.
    Apropos Schrulle: Schröder.
    Selbst Wolle Schröder war auf eine gewisse Art Teil der Familie geworden, dergestalt, dass er wie ein eigenbrötlerischer Onkel in den unmöglichsten Situationen bei uns hereinschneite. Er betrat das Haus, wenn wir noch schliefen,

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