Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
aus, ging in Rekordgeschwindigkeit im Dorf herum. Es bewahrheitete sich nicht minder flott: Kein Vierteljahr später hatte sich Gerland zwar noch nicht das Schloss, wohl aber den Bürzower Dorfweiher unter den Nagel gerissen. Bodins Sohn war Mitglied in dem Angelverein, der den See gepachtet hatte, und startete noch einen Versuch, Schlimmeres zu verhindern, indem alle Mitglieder gemeinsam einen Kaufantrag stellten. Vergeblich. Der Antrag wurde von der Treuhand nicht einmal mehr geprüft, erzählte Bodin. Der Plutokrat aus dem Westen zäunte den See alsbald ein, teilte das Ufer in verschiedene Zonen ein – Angelzonen, Angeln-verboten-Zonen, Alles-verboten-Zonen sowie eine Badezone – und verkaufte überteuerte Angellizenzen. Fragte man Bodin, war dies nichts als ein kluger Eröffnungsschachzug der Treuhand, um Gerland schon mal den Boden zu bereiten. Denn kurz darauf erstand der Mann aus Hessen auch den Gutshof und das Schloss.
Nach einigen Wochen verdächtiger Ruhe lag eine schriftliche Einladung im Briefkasten des Klempnermeisters: zu einem »Get together« auf dem Schloss, das Bodin »Get tujesa« aussprach. Eine Einladung, die an alle Handwerker und Gewerbetreibende der Region gegangen war. Bodin nahm sie an, wofür er inzwischen offenkundig das Gefühl hatte, sich rechtfertigen zu müssen.
»Das konnte ich mir schon aus purer Neugierde nicht entgehen lassen,« erklärte er.
Auf dem großen Portal des Schlosses stand wie zum Staatsempfang Seite an Seite mit Gerland schon Frau Sander von der PDS , die Bürgermeisterin der Gemeinde Maltrin, zu der auch Bürzow gehört. Fragte man Bodin, dann stand sie da, um zu zeigen, wo von nun an die Reise hingehen würde und wer die neue Marschrichtung vorgab. Gerland wollte mit ein paar blumigen Worten und Kanapees für gute Stimmung sorgen: dass er seinen Kindern mit dem Landsitz in Bürzow wieder ein Leben in der Natur ermöglichen wolle.
»Alles so Lippenbekenntnisse eben«, sagte Bodin, der nur noch mit einer Pobacke auf seiner Nappacouch saß, immer absprungbereit, um neue Akten zu holen.
»Zäunt denn einer einen See ein, wenn er der Natur näher sein will? Ick bitte Sie!«
Die zentrale Botschaft, um die es Bodins Auffassung nach bei diesem bizarren Kennenlernnachmittag im Schlossgarten ging, war denn auch die: Die anstehenden Neuentwicklungen sollen zu eurem Schaden nicht sein, liebe Gewerbetreibenden, sofern ihr nur schön auf meiner Seite mitwerkelt. Wer nicht in allen Belangen an Gerlands Seite stünde, der brauche mit Aufträgen nicht mehr zu rechnen. Aber fragte man Bodin, sprach das Beisein der Bürgermeisterin eine andere Sprache. Das war doch ein Statement! Bürgermeisterin Sander von der PDS wanzte sich an Gerland ran, fasste keinen Beschluss mehr, ohne ihn vorher mit Gerland abzukakeln.
Bodin behielt recht: In den folgenden Monaten fällte sie ihre Entscheidungen in vorauseilendem Gehorsam dem neuen Gutsherren gegenüber. Etwas Besseres als eine so willfährige Bürgermeisterin, die ihm den Weg frei machte, konnte Gerland nicht passieren. Weg für Weg, Grundstück für Grundstück, Waldstück für Waldstück ging er rund um Maltrin auf Einkaufstour.
Aber auch jenseits von seinem neu erworbenen Grund und Boden wollte Gerland fortan bei allem mitmischen, was hier passierte. War es Gerlands Ansinnen, dass der hässliche, in Gemeindebesitz befindliche Miniplattenbau in Sichtweite seines Schlösschens abgerissen wurde, beschloss Frau Sander geschwind, dass hier, obschon es immer wieder Wohnungsinteressenten gab, keine neuen Mietverträge mehr vergeben wurden und Instandhaltungsarbeiten aufs Minimum heruntergefahren wurden. Wollte Gerland Windkraftanlagen auf den Hügeln über Bürzow verhindern, um sich die Aussicht vom Schlösschen nicht verschandeln zu lassen und weil er Windkraft per se ablehnte, gab Frau Sander der Betreibergesellschaft dienstbeflissen einen Korb – wodurch der Gemeinde eine lukrative Einnahmequelle verloren ging. Gerland freilich habe sich keine Einnahmequelle so schnell durch die Lappen gehen lassen, wetterte Bodin. Gerland machte den Deal mit der Betreibergesellschaft selbst: Mit fünfzig Kilometer Abstand vom Schloss kaufte er ein Ausweichgrundstück, wo die Windräder bald auf Hochtouren rotierten und die Gerlandsche Kriegskasse zusätzlich füllten. In der Lokalpolitik der Gemeinde Maltrin hingegen wurde statt Windkraft nur noch heiße Luft produziert, jedenfalls sah Meister Bodin die Sache so. Bodin war wegen des Angelgerangels
Weitere Kostenlose Bücher