Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
Klinke in die Hand gaben und Simone und Andine in den letzten Vorbereitungen für ihre Kindertheatervorstellung steckten, war Bauer Jens lallend in die entgegengesetzte Richtung verschwunden: »Kurbelt mal schön ohne mich weiter, muss mich fürn Stündchen zu Hause ablegen. Gleich wieder da.«
Dumme Sache, denn keiner außer Bauer Jens hatte eine Ahnung, wie lange so ein Lamm brauchte, bis es durchgebraten war. Olli, Fabian und ich standen für einen Moment ratlos vor dem Tier.
Schließlich schlug ich vor, erst einmal aufs Geratewohl weiterzukurbeln, damit das Lamm auf jeden Fall gleichmäßig durchbriet und auch ja nicht verkokelte – und dann zu hoffen, dass Jens bald wiederkam.
»Juti, denn kurbel dich frei«, berlinerte Olli, drückte mir noch eine Flasche Bier in die Hand und verschwand im Getümmel. Das Kurbeln von Karl kam mir gar nicht so ungelegen, entband es mich doch fürs Erste von den anstrengenderen Gastgeberaufgaben. Die Frequenz, mit der sich jetzt das Gartentor öffnete und weitere Besuchergruppen einließ, legte am frühen Abend einen beachtlichen Zacken zu.
Nach der Einweihungsparty mit angezogener Handbremse im Vorjahr, die schlussendlich aber doch ausgeufert und mit dem Rohrbruch geendet war, galt diesmal von vornherein die Devise: »Nicht weniger ist mehr – mehr ist mehr.« Ich war in dieser Angelegenheit zunächst der Bedenkenträger, konnte mir aber kaum Gehör verschaffen.
Fabian argumentierte, dass gute Vorbereitung alles sei, und kündigte an, nicht nur einen Kühlanhänger randvoll mit Getränken zu ordern, sondern auch zwei bis drei Baustellentoiletten.
Mit Baustellentoiletten, gab ich zu bedenken, wäre die symbolische Grenze von der einfachen Party zur Großveranstaltung vollends überschritten. Meine Gegenwehr erwies sich allerdings rasch als zwecklos, und ich beugte mich der Mehrheit. Die wollte mit dieser ganz großen Sause etwas verspätet unseren offiziellen Einstand in Maltrin feiern.
Die Rasenfläche des Gartens zwischen Haus und Scheune verschwand zusehends unter den Füßen von Menschen, so als füllte sich ein Festivalgelände kurz vor Konzertbeginn. Der überwiegende Teil der bestens gelaunten Gäste war verzückt von der Szenerie. Wir hatten den Weidenhof aber auch nach Kräften aufgebrezelt: Neben den großen Weiden, die Elke wie Weihnachtsbäume mit runden Solar-Reispapierlampen geschmückt hatte, loderte das Lagerfeuer, über dem ich das Biolamm Karl kurbelte. Dahinter blickte man durch die beiden weit geöffneten, extra für die Party noch blau angestrichenen Scheunentore auf die Bühne, wo Ylvas Band später aufspielen sollte, und die Tanzfläche, auf der sich eine Schar Kinder wie die Derwische in Trance drehten. Der neue seeseitige Durchbruch in der Scheunenwand ermöglichte es neuerdings, vom Garten durchs Scheunentor und unseren zukünftigen Wohnraum sowie über die neue Terrasse hinweg auf den See zu blicken, dessen Oberfläche die Sonne flackernd in die Baumwipfel reflektierte. Darunter stand die Bar, die Jörg nach der Anleitung von Elke aus alten Türen, einigen Balken und einem alten Kronleuchter zusammengespaxt hatte, also aus allem, was die Scheune an altem Gerümpel hergab. Bei Einbruch der Dunkelheit sollte die Sonne durch Baustrahler abgelöst werden, die schon überall in unserem Urwald postiert waren, um mystisches Licht von unten zu machen. Fast war es ein bisschen prahlerisch.
Während ich seelenruhig auf einem Bierkasten neben Karl hockte, beobachtete ich, wie die Mitbewohner sich abklabasterten: Elke, die zum soundsovielten Male überschwänglich dankend die x-te planschbeckengroße Schüssel Nudelsalat von Gästen entgegennahm, während auf dem Büfett längst kein Platz mehr war. Jana und Ylva, die kaum noch nachkamen, die Spülmaschine zu befüllen und auszuräumen, um der Nachfrage am Büfett gerecht zu werden. Olli, der mit Kabeltrommeln, Dreifachsteckern und Baustrahlern behängt vor der Scheune herumstrolchte, um unser Schmuckstück später besonders Neid fördernd auszuleuchten, wie er mir im Vorbeigehen erläuterte – und der wenig später an einem ausgefransten Kabelende einen heftigen Stromschlag kassierte, woraufhin er wie ein Kesselflicker fluchte. Er musste sich schon sehr zusammenreißen, um die Contenance zu wahren und einige seiner Arbeitskollegen, die gleich darauf eintrafen, noch halbwegs freundlich zu begrüßen.
Weiter beobachtete ich Niels und Steve, die an dem defekten DJ-Pult herumtüftelten. Fabian und Konrad,
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