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Sommerhaus mit Swimmingpool

Sommerhaus mit Swimmingpool

Titel: Sommerhaus mit Swimmingpool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch , Pößneck GGP Media GmbH
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werden wolle statt von ihrem eigenen Vater. Aber sie hatte geantwortet, dass sie auf keinen Fall einen anderen Arzt wolle.
    Caroline und ich hatten vereinbart, ein paar Monate abzuwarten und erst dann Hilfe von außen zu holen, wenn keine Verbesserung eintreten sollte. Auch die Schule würden wir vorläufig nicht informieren.
    »Er kann ja mal vorbeikommen«, sagte ich, obwohl ich nicht gerade erpicht darauf war. Ich versuchte, mir einen lustlosen Ralph vorzustellen. Ich spielte mit dem Gedanken, sie zu fragen, ob Alex etwa auch lustlos sei, ließ es aber sein.
    »Ich dachte – vielleicht wäre es ja auch eine Idee, dass du das Zelt abholen kommst und ihn dabei ganz beiläufig fragst, wie es ihm geht.«
    »Ja, das ist auch möglich.«
    Ich hörte einen tiefen Atemzug.
    »Es wäre nett, dich wiederzusehen«, sagte sie. » Ich fände es nett, dich wiederzusehen.«
    Es lag auf der Hand, »ich auch« zu sagen, aber es würde mich die größte Mühe kosten, es glaubwürdig klingen zu lassen.
    Ich schloss die Augen und stellte mir Judith am Strand vor und, als das nicht gelang, unter der Dusche beim Swimmingpool: Wie sie die nassen Haare nach hinten zog und die Augen gegen das Licht zusammenkniff.
    »Ich auch«, sagte ich.
    Ein paar Wochen später rief mich auf einmal Judiths Mutter an. Ich hatte seit dem Morgen unserer Abreise, als ich sie die Treppe des Sommerhauses hatte herunterkommen sehen, keinen Kontakt mehr mit ihr gehabt. Nicht einmal an sie gedacht hatte ich, da war ich mir ziemlich sicher.
    Sie erkundigte sich, wie es uns gehe. Wie es vor allem Julia gehe. Ich sagte es ihr. Dass Julia sich an den Abend noch immer nicht erinnern konnte, verschwieg ich ihr. Ich wollte das Gespräch so kurz wie möglich halten und beschränkte mich auf knappe Antworten.
    »Das wär’s in etwa«, versuchte ich schließlich, das Gespräch zu beenden. »Wir lernen, damit zu leben, soweit das möglich ist. Julia muss lernen, damit zu leben.«
    Ich hörte mich selber reden. Sätze kamen aus meinem Mund, aber sie stammten nicht von mir. Aneinandergereihte Versatzstücke, nichts weiter. Ich dachte, sie würde sich jetzt verabschieden, doch sie sagte: »Es ist da noch etwas, Marc.«
    In meiner Praxis war es gerade ruhig, ein Patient war gegangen, der nächste war noch nicht da. Ich weiß nicht, ob es am Ton ihrer Stimme lag oder daran, dass sie mich auf einmal mit meinem Vornamen anredete, jedenfalls stand ich auf und ging zur angelehnten Tür meines Sprechzimmers und spähte durch den Spalt. Meine Assistentin saß an ihrem Tisch und schrieb etwas auf eine Patientenkarte. Leise schloss ich die Tür.
    »Ja?«
    »Es ist … Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, ob ich es überhaupt sagen soll, aber es bedrückt mich schon eine Weile. Eigentlich seit dem Abend.«
    Ich gab das Geräusch von mir, das man macht, wenn man jemandem am anderen Ende der Strippe zu verstehen geben will, dass man noch immer zuhört.
    »Ich habe so lange gezögert, weil ich nicht wollte, dass falsche Schlüsse gezogen werden. Und du wirst das hoffentlich auch nicht. Aber andererseits wäre es auch unverantwortlich, es noch länger für mich zu behalten.«
    Ich nickte. Als mir einfiel, dass sie das ja nicht sehen konnte, brummte ich wieder in den Hörer.
    »Als ihr an dem Abend zum Strand gefahren seid, bin ich früh ins Bett gegangen. Ich habe noch etwas gelesen und dann das Licht ausgemacht. Irgendwann in der Nacht, ich weißnicht mehr, wie spät es war, bin ich wach geworden. Ich musste auf die Toilette, das muss ich öfter, mitten in der Nacht.« Sie machte eine kleine Pause und sagte dann: »Alles war dunkel, also nahm ich an, dass deine Frau im Zelt war und Emmanuelle unten in der Wohnung. Ich war kaum im Badezimmer, da hörte ich, wie ein Auto auf dem Schotterweg und vor dem Haus hielt. Die Autotür wurde zugeschlagen, und ein wenig später kam jemand die Treppe herauf. Ich weiß nicht mehr genau, warum, aber ich bin schnell wieder in mein Zimmer gegangen. Ich hörte jemanden ins Bad gehen, das direkt nebenan war. Dann fing die Waschmaschine an zu laufen, und kurz darauf hörte ich die Dusche.«
    Ralph. Er war als Erster zurückgefahren. Allein. Ohne Judith und seine Söhne. So weit stimmte ihre Geschichte mit den Tatsachen überein.
    »Nach einer Weile hörte ich Geräusche aus der Küche. Ich habe noch ein wenig gewartet und bin dann aufgestanden. Es war Ralph, er stand an der Spüle und trank ein Bier. Er zuckte zusammen, als er mich sah. Ich sagte, ich

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